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Digitaler Nachlass: Wenn Internet-Nutzer sterben

Branchenverband BITKOM gibt Ratschläge für Angehörige
Von Marc Kessler

50 Millionen Deutsche nutzen das Web, 30 Millionen davon haben Profile in Online-Communities. Unter den 850 000 Menschen, die jedes Jahr in Deutschland sterben, sind immer mehr PC- und Internet-Nutzer. Doch was passiert mit den Daten, wenn ein Hightech-Anwender stirbt? Der Branchenverband BITKOM rät Angehörigen, den digitalen Nachlass genauso sorgfältig zu beachten wie Schriftstücke aus Papier.

"Im digitalen Nachlass können sich wichtige Informationen für Hinterbliebene befinden", sagt BITKOM-Präsident August-Wilhelm Scheer. "So werden Versicherungs- und Kreditverträge immer häufiger nur noch digital hinterlegt." In der digitalen Hinterlassenschaft kann sich aber auch die eine oder andere Überraschung verbergen. Der BITKOM ruft zu einem bewussten und offenen Umgang mit dem Thema auf und rät unter anderem:

1. Einsicht von Daten auf dem PC

Erben haben legal Zugriff auf den PC und Speichermedien des Verstorbenen und dürfen die dort gespeicherten Daten lesen. Die Entscheidung, was damit passiert, liegt bei den Erben - wenn im Testament nichts anderes geregelt ist.

2. Zugriff auf Online-Daten

Virtuelle Adressbücher, online gespeicherte E-Mails, Bilder und Profile gehören ebenfalls den Erben. Rechte an Homepages gehen auf sie über. Erben haben das Recht, auf Benutzerkonten des Verstorbenen zuzugreifen. Sie dürfen bei Internet-Anbietern neue Passwörter anfordern, um mit den Accounts "wie ein Eigentümer" umgehen zu können. Als Legitimation dienen in der Regel Sterbeurkunde und Erbschein.

3. Über Community-Profile entscheiden

Profile werden nicht automatisch gelöscht. Meist können die Erben entscheiden, was damit passiert, und die Anbieter richten sich weitgehend nach ihren Wünschen. Je nach Community gibt es verschiedene Möglichkeiten. Bei manchen wird das Profil unsichtbar geschaltet, sobald der Betreiber vom Tod eines Mitglieds erfährt, etwa durch andere Nutzer. Zur Überprüfung wird eine E-Mail versendet, nach einiger Zeit ohne Reaktion wird das Profil gelöscht.

Andere Anbieter setzen sich mit Angehörigen in Verbindung, sobald sie vom Tod eines Mitglieds erfahren. Viele Betreiber erfahren es aus dem Netzwerk selbst, wenn ein Mitglied verstorben ist. Oft melden sich dann Freunde oder Geschäftspartner. Wenn die Erben es wollen, wird in manchen Communitys das Profil in der Trauerzeit noch eine Weile angezeigt. Freunde können dann noch Nachrichten im Gästebuch hinterlassen.

Erben sollten die Betreiber von Communitys von sich aus ansprechen, wenn sie entsprechende Mitgliedschaften des Verstorbenen kennen. Wenn Freunde Bilder des Verstorbenen veröffentlichen wollen, brauchen sie bis zehn Jahre nach seinem Tod die Einwilligung der Erben.

4. Bewusst mit der Privatsphäre umgehen

Die Entscheidung, ob Erben Einblick nehmen in die digitale Privatsphäre eines Verstorbenen, sollte bewusst getroffen werden. Einerseits können sich darin wichtige Hinweise befinden für die Entscheidung, ob sie das Erbe annehmen sollen - etwa in Bezug auf Kredite oder andere mögliche Risiken. Anderseits können sich in E-Mails, Community-Postfächern und PC-Dateien sensible private Informationen befinden, die Angehörige negativ überraschen können.

5. Datenzugriff und -verwendung frühzeitig regeln

Um rechtliche Zweifelsfälle zu vermeiden, sollte jeder, der seinen Nachlass oder den Nachlass eines anderen regelt, die Verwendung privater Daten einbeziehen. So kann bestimmt werden, wer Zugriff auf welche Daten erhält. Auch kann die Löschung von Daten verfügt werden. Der Umgang mit persönlichen Daten kann in einem Testament oder Erbvertrag geregelt werden. Eine entsprechende Verfügung kann auch separat verfasst werden.

6. Passwörter hinterlassen

Am sichersten hinterlässt ein Nutzer seine Passwörter in einem Umschlag beim Notar. Es gibt auch spezialisierte Firmen, die für den Todesfall die wichtigsten Passwörter und Dokumente speichern. Der BITKOM rät, solche Angebote genauestens zu prüfen. Selbst wenn Anbieter umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen haben, sollten Nutzer darüber nachdenken, ob sie derart sensible Daten gesammelt einem Dienstleister überlassen. Man sollte gut begründetes Vertrauen zu einem solchen Dienstleister oder besondere Gründe für diese Art der Vorsorge haben.

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