Unerreichbar

0700: Aus dem Ausland nicht erreichbar

Seitdem die Deut­sche Telekom als Anbieter von 0700-Rufnum­mern ausge­stiegen ist, sind diese Nummern nicht mehr inter­national erreichbar. Die Telekom ist nicht verpflichtet Gespräche zuzu­stellen. Unbe­frie­digend.
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Die Vorwahl "0700" wurde einst als "persön­liche Rufnummer" propa­giert. Man erhält sie gegen eine einma­lige Gebühr von der Bundes­netz­agentur und muss sie dann bei einem Anbieter "connecten" lassen.

Wer nun denkt, dass "0700" eine ganz normale Rufnummer wäre, die unter "+49 700" aus allen Netzen welt­weit erreichbar sein müsste, der irrt gewaltig. Der Autor besitzt selbst eine 0700-Rufnummer, die er kurz nach der Einfüh­rung dieses Dienstes bei der Deut­schen Telekom "hosten" ließ. Viele Jahre war alles in Ordnung.

Telekom stieg aus

Die Erreichbarkeit von 0700 aus dem Ausland ist nicht gegeben, weil das extra Geld kosten würde Die Erreichbarkeit von 0700 aus dem Ausland ist nicht gegeben, weil das extra Geld kosten würde
Bild: teltarif.de
Doch die Deut­sche Telekom fand eines Tages an der Vorwahl 0700 keinen Gefallen mehr und gab diesen Geschäfts­bereich auf. Alle vorhan­denen Verträge wurden gekün­digt, die verblie­benen Kunden mussten zu einem anderen Anbieter umziehen.

Seitdem sich die Deut­sche Telekom aus dem Hosting-Angebot von 0700-Rufnum­mern zurück­gezogen hat, sind diese bei alter­nativen Netz­betrei­bern/Anbie­tern gehos­teten Rufnum­mern aus dem Ausland nicht mehr erreichbar, wie zahl­reiche Tests ergaben. Die erhal­tenen Hinweis-Ansagen sind dabei ziem­lich irre­füh­rend und reichen von "Diese Nummer ist nicht vergeben" über "Der gewünschte Teil­nehmer ist vorüber­gehend nicht erreichbar" oder es gibt ein schlichtes "Gassen­besetzt".

Auskunft der BNetzA: Ernüch­ternd

Ein Grund, bei der Bundes­netz­agentur nach­zufragen. Die Antwort ist ernüch­ternd. Wir wollten wissen, ob die Hosting-Anbieter von Sonder-Rufnum­mern verpflichtet sind, die Erreich­bar­keit aus dem Ausland sicher­zustellen?

Nein, schrieb uns die Bundes­netz­agentur: "Ein 0700-Netz­betreiber hat keine solche Verpflich­tung (außer, ein Anbieter hat seinen Kunden eine Erreich­bar­keit vertrag­lich zuge­sichert)."

Dann wollten wir wissen, ob die Deut­sche Telekom als vermut­lich nach wie vor größter inter­natio­naler Carrier verpflichtet ist, aus dem Ausland einge­lie­ferte Anrufe zu +49 700 zu den alter­nativen Anbie­tern zuzu­stellen?

Jein, so die offi­zielle Antwort: "Jeder öffent­liche Tele­kom­muni­kati­ons­netz­betreiber ist gemäß §16 Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz verpflichtet, auf Nach­frage eines anderen Netz­betrei­bers diesem die Zusam­men­schal­tung anzu­bieten, um die Erreich­bar­keit der Nutzer zu gewähr­leisten. Dem entspre­chend wäre die Telekom Deutsch­land GmbH bei einer Nach­frage zu einem entspre­chenden Angebot verpflichtet. Aus der Pflicht folgen aber keine Vorgaben für die Ausge­stal­tung des Ange­botes."

Mach mir mal ein Angebot

Das heißt: Wenn ein Hoster von 0700-Rufnum­mern bei der Telekom anfragen würde, müsste sie ihm ein Angebot machen. Dessen Preise wären aber völlig frei verhan­delbar. Offenbar hat noch keiner gefragt oder die genannten Preise waren jenseits aller Vorstel­lungen. Die Zustel­lungs­kosten für Anrufe aus dem Ausland über die Telekom müsste der Hoster (beispiels­weise die Telekom) zunächst aus eigener Tasche bezahlen und dann versu­chen, diese dem erreichten 0700-Inhaber in Rech­nung zu stellen. Viele 0700-Nummern-Inhaber möchten aber ohne Extra-Kosten erreichbar sein und würden da wohl lieber auf die inter­natio­nale Erreich­bar­keit verzichten.

Oder der Hoster müsste mit allen inter­natio­nalen Carriern der Welt sepa­rate Abkommen schließen, damit sie ihm an einem defi­nierten Zugangs­punkt diese Gespräche anlie­fern. Das ist von der Menge der Carrier schon utopisch.

Keine Vorab­regu­lie­rung

Wichtig dabei: "Eine Vorab­regu­lie­rung von Tran­sit­leis­tungen und damit Vorgaben für Zusam­men­schal­tungs­ange­bote sind aktuell ausge­schlossen. Eine solche Verpflich­tung setzt voraus, dass das regu­lierte Unter­nehmen gemäß §13 Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz oder §18 Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz verpflichtet wird. Die Voraus­set­zungen für eine solche Verpflich­tung liegen nicht vor."

Und ergän­zend dazu: "Hinsicht­lich der Zusam­men­schal­tung ist aktuell ledig­lich auf den Märkten für Anruf­zustel­lung (Termi­nie­rung zu eigenen Endkunden) eine Markt­macht der Telekom Deutsch­land GmbH fest­gestellt worden. Die Regu­lie­rung gemäß §13 Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz für den Verbin­dungs­aufbau (Zufüh­rung von eigenen Endkunden zu Diensten in anderen Netzen) beschränkte sich auf Verbin­dungen mit Ursprung in Deutsch­land und galt bis zum 26. Februar 2021.

Eine Verpflich­tung gemäß §18 Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz kann sich nur gegen Unter­nehmen, die den Zugang zu Endnut­zern kontrol­lieren, erstre­cken. Eine Kontrolle ist nur hinsicht­lich der eigenen Anschluss­kunden gegeben und nicht hinsicht­lich Tran­sit­ver­bin­dungen zwischen Endnut­zern anderer Netze." Das bedeutet: Die Telekom (als markt­füh­render Anbieter) kann nicht gezwungen werden, diese Gespräche zuzu­stellen oder weiter­zuleiten.

Diese Situa­tion ist für Inhaber und Nutzer von 0700-Rufnum­mern ziem­lich unbe­frie­digend, da nun allen inter­natio­nalen Kontakten zusätz­lich alter­native Nummern genannt werden müssen, was den Sinn der persön­lichen Rufnummer natür­lich ziem­lich aushe­belt.

Gesetz­liche Regu­lie­rung erfor­der­lich

Hier wäre eigent­lich der Gesetz­geber gefor­dert. Auslän­dische Carrier zahlen ja bei der Anlie­ferung nach Deutsch­land, z.B. zur Telekom, einen Minu­ten­preis, der in der Summe ausrei­chen müsste, diese Anrufe nicht zum Endteil­nehmer, sondern beim zustän­digen Hoster abzu­lie­fern.

Einziger Licht­blick: Der Anruf­preis von bis zu 79 Cent pro Minute (bei bestimmten Mobil­funk­anbie­tern) für einen Anruf zur Vorwahl 0700 wird von Amts wegen am 1. Dezember 2021 auf gene­rell maximal 9 Cent pro Minute aus allen Netzen gesenkt.

Rein theo­retisch könnte dann ein Anbieter diese Anrufe auch kostenlos machen oder in seine Flat­rate inte­grieren. Das gilt aber im Moment noch als eher unwahr­schein­lich.

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