EuGH-Urteil:

Prepaid-Registrierung für Verbrechensbekämpfung rechtens

Das anlass­lose Spei­chern von Kommu­nika­tions­daten zur Verbre­chens­bekämp­fung wird von Poli­tikern immer wieder gefor­dert - von Bürgern und Daten­schüt­zern aber kriti­siert. Nun hat der EuGH ein Urteil gefällt.
Von dpa /

In der Kritik: Anlasslose Vorratsdatenspeicherung an Bahnhöfen In der Kritik: Anlasslose Vorratsdatenspeicherung an Bahnhöfen
Bild: picture-alliance/ dpa
Der Euro­päi­sche Gerichtshof hat bekräf­tigt, dass das anlass­lose Spei­chern von Kommu­nika­tions­daten auch dann gegen EU-Recht verstößt, wenn es dem Kampf gegen schwere Straf­taten wie Mord dient. Die Richter in Luxem­burg entschieden heute, dass natio­nale Regeln rechts­widrig seien, die "präventiv eine allge­meine und unter­schieds­lose Vorrats­spei­che­rung von Verkehrs- und Stand­ort­daten, die elek­tro­nische Kommu­nika­tionen betreffen, zum Zweck der Bekämp­fung schwerer Straf­taten vorsehen" (Rechts­sache C-140/20).

Dabei stellten sie auch klar, dass beson­ders schwere Krimi­nalität nicht einer Bedro­hung der natio­nalen Sicher­heit gleich­gestellt werden könne. Nach einem früheren EuGH-Urteil gelten bei einer akuten Bedro­hung der natio­nalen Sicher­heit nämlich Ausnahmen vom Verbot der Vorrats­daten­spei­che­rung. Dann hält der EuGH eine zeit­lich begrenzte, begrün­dete Daten­spei­che­rung für zulässig.

Jahre­langer Streit in Deutsch­land

In der Kritik: Anlasslose Vorratsdatenspeicherung an Bahnhöfen In der Kritik: Anlasslose Vorratsdatenspeicherung an Bahnhöfen
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Hinter­grund des EuGH-Urteils ist ein Fall aus Irland. Aber auch in Deutsch­land sorgt die Vorrats­daten­spei­che­rung seit Jahren für Streit zwischen Bürger­recht­lern und Sicher­heits­poli­tikern. Eine deut­sche Rege­lung zur Vorrats­daten­spei­che­rung liegt wegen eines anhal­tenden Rechts­streits seit 2017 auf Eis. Einen Termin für das EuGH-Urteil in diesem Fall gibt es einem EuGH-Spre­cher zufolge noch nicht.

Die Ampel-Koali­tion will anstelle der Vorrats­daten­spei­che­rung auf das soge­nannte "Quick-Freeze"-Verfahren setzen. Dabei werden Inter­net­pro­vider erst bei einem Anfangs­ver­dacht aufge­for­dert, Daten zu einzelnen Teil­neh­mern für einen bestimmten Zeit­raum zu spei­chern. Der EuGH bekräf­tigte nun unter anderem, dass er ein solches Verfahren zur Bekämp­fung schwerer Krimi­nalität und zur Verhü­tung schwerer Bedro­hungen der öffent­lichen Sicher­heit für rech­tens hält.

Ebenso sei die gezielte Vorrats­spei­che­rung von Verkehrs- und Stand­ort­daten nach geogra­fischen Krite­rien recht­mäßig. Dies könne etwa die durch­schnitt­liche Krimi­nali­täts­rate in einem Gebiet sein. Dabei müsse es nicht einmal Anhalts­punkte für die Vorbe­rei­tung oder die Bege­hung schwerer Straf­taten in dem Gebiet geben. Auch könne es die Vorrats­daten­spei­che­rung in Bezug auf stark besuchte Orte wie Flug­häfen oder Bahn­höfe geben. Der EuGH erklärte es zudem für rech­tens, dass natio­nale Gesetze dazu verpflichten, die Iden­tität des Käufers einer Prepaid-SIM-Karte zu spei­chern.

Verein Digi­tal­cou­rage zum heutigen Urteil

Der Verein Digi­tal­cou­rage e.V. hat eben­falls eine Verfas­sungs­beschwerde gegen die Vorrats­daten­spei­che­rung vor dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht einge­reicht. Beim heutigen EuGH-Urteil blickt der Verein kritisch auf die Ausnahmen, die der EuGH offen lässt.

Vorrats­daten­spei­che­rung vermeint­lich gezielt an bestimmten Orten, z.B. anhand der durch­schnitt­lichen Krimi­nali­täts­rate oder an Bahn­höfen und Flug­häfen zu ermög­lichen, riskiere eine Lega­lisie­rung der grund­rechts­wid­rigen Massen­über­wachung von weiten Teilen der Bevöl­kerung.

Digi­tal­cou­rage erwartet, dass das Bundes­ver­fas­sungs­gericht die deut­sche Rege­lung zur Vorrats­daten­spei­che­rung kippt und dabei auch derar­tigen Ausnah­mere­gelungen eine unmiss­ver­ständ­liche Absage erteilt.

Es gibt verschie­dene Möglich­keiten, eine Prepaid-SIM-Karte zu akti­vieren und frei­zuschalten. Die gängigsten Verfahren sind per Post­ident, im Shop oder mit Video-Ident.

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