EuGH weist Klage gegen EU-Urheberrechtsreform zurück
Streit zwischen Polen und der EU um die Urheberrechtsreform
picture alliance / dpa, Bearbeitung: teltarif.de
Die heftig umstrittene EU-Urheberrechtsreform ist
nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) rechtmäßig.
Das europäische Höchstgericht in Luxemburg wies heute eine Klage Polens gegen Teile der Reform ab. Es verwies darauf, dass die Regelung angemessene Garantien vorsehe, um das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit auf Plattformen wie YouTube zu wahren (Rechtssache C-401/19).
Freie Meinungsäußerung verletzt?
Streit zwischen Polen und der EU um die Urheberrechtsreform
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Die Copyright-Reform von 2019 sollte das veraltete Urheberrecht in
der EU ans digitale Zeitalter anpassen und Urhebern für ihre Inhalte
im Netz eine bessere Vergütung zusichern. In Deutschland und anderen
EU-Ländern gab es dagegen große Proteste.
Kritiker bemängeln vor allem, dass Plattformen wie YouTube schon beim Hochladen prüfen müssen, ob Inhalte urheberrechtlich geschützt sind. Das sei nur über Filter möglich, bei denen die Gefahr bestehe, dass mehr als nötig aussortiert werde. Dies käme einer Zensur gleich.
In diesem Zusammenhang steht vor allem Artikel 17 der Reform im Fokus, der während der Verhandlungen zwischen EU-Staaten und Europaparlament als Artikel 13 bekannt geworden war. Gegen diesen Teil der Reform wandte sich auch die Klage der polnischen Regierung. Warschau argumentierte, dadurch würden die freie Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit verletzt.
Der EuGH wies diese Ansicht nun deutlich zurück. Zwar seien die Online-Dienste - abhängig davon, wie viele Dateien bei ihnen hochgeladen werden - dazu gezwungen, automatische Filter zu nutzen, und das Recht der Nutzer auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit werde durch die Haftungsregelung eingeschränkt. Jedoch sehe die Reform "klare und präzise Grenzen für die Maßnahmen" vor, indem ausgeschlossen werde, dass rechtmäßig hochgeladene Inhalte beim Hochladen rausgefiltert oder gesperrt würden.
Reaktionen auf das EuGH-Urteil
Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder sagte zu dem Urteil: "Das Urteil des EuGH betrifft Internetnutzerinnen und Internetnutzer ebenso wie die Betreiber sozialer Medien und Urheberinnen und Urheber. Uploadfilter bleiben faktisch bestehen, was dem Grundgedanken des freien Internet diametral gegenübersteht. Weit mehr als 60 Millionen Deutsche sind im Internet unterwegs, rund 70 Prozent von ihnen nutzen soziale Medien. Plattformen sind also für viele Menschen ein ganz zentraler Ort, um sich zu informieren, mit anderen auszutauschen, die eigene Meinung frei zu äußern."
Die Plattformen in Deutschland hätten sich den Herausforderungen der EU-Urheberrechtsrichtlinie seit ihrer Umsetzung gestellt: Sie würden Urheberinnen und Urhebern die Möglichkeit geben, ihre Werke zu sperren. Da die meisten Plattformen bereits Lizenzverträge mit Verwertungsgesellschaften abgeschlossen hätten, seien automatische Blockierungen nur selten erforderlich. Gleichwohl bestünden in der Praxis weiterhin Unsicherheiten, etwa dazu, wie "Pastiche" genau definiert werde und in welchen Fällen eine Erlaubnis zur Veröffentlichung besteht. Hier müsse "schnell Klarheit geschaffen werden."
Der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken sieht in dem Urteil einen Pyrrhussieg für die Befürworter von Uploadfiltern. Der EuGH habe die Filter zwar grundsätzlich für rechtmäßig erklärt. Gleichzeitig hätten die Richter jedoch klargestellt, dass dies nur der Fall sei, "weil das Sperren oder Filtern rechtmäßiger Inhalte explizit ausgeschlossen ist". Unzuverlässige Filter dürften somit nicht eingesetzt werden. Der Piraten-Politiker Patrick Breyer sprach von einem "Teilerfolg gegen Internetzensur". Der EuGH habe "hohe und von den bisherigen unzuverlässigen Filteralgorithmen kaum zu erfüllende Anforderungen" gestellt. Die Verfahren von Konzernen wie Facebook oder Google genügten diesen Anforderungen nicht.
Urheberrechtsabgaben werden schon auf Hardware erhoben, auch auf Cloud-Server. Aber muss sie dann für den Cloud-Dienst auf den Servern nochmal bezahlt werden? Der EuGH hat dazu im März entschieden.