2020

EU-Experte will mehr Frequenzen für schnelles Internet freimachen

Die EU könnte bis 2020 ein Frequenzspektrum von 96 MHz freiräumen, um schnelles Internet per Mobilfunk zu ermöglichen. Dabei handelt es sich um ein Spektrum im 700-MHz-Bereich. Auch bei Mikrofonen soll es Neuerungen geben.
Von dpa / Thorsten Neuhetzki

TV-Frequenzen werden zu Mobilfunk-Frequenzen TV-Frequenzen werden zu Mobilfunk-Frequenzen
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Klassische Fernseh- und Radiosender sollen nach dem Vorschlag eines EU-Experten Frequenzen für Breitband-Internet räumen. Das 700-Megahertz-Band (694 bis 790 MHz) sollte bis etwa 2020 für schnelles Internet freiwerden, regt Pascal Lamy in einem heute in Brüssel präsentierten Bericht für die EU-Kommission an. Terrestrische Radio- und Fernsehsender würden damit 30 Prozent ihres derzeitigen Spektrums verlieren. Sie nutzen es inzwischen hauptsächlich für digitalen terrestrischen Empfang.

Beschlossen ist aber noch nichts. Die EU-Staaten sollen bis Ende des Jahres einen eigenen Bericht zum gleichen Thema vorlegen, für diesen Herbst ist eine öffentliche Befragung interessierter Gruppen geplant. Zudem scheidet die amtierende EU-Kommission Ende November aus dem Amt. Es wäre Sache des Nachfolgers der aktuellen EU-Kommissarin für Digitales, Neelie Kroes, die Pläne weiterzuverfolgen.

Mitglieder des Gremiums sind sich uneins

TV-Frequenzen werden zu Mobilfunk-Frequenzen TV-Frequenzen werden zu Mobilfunk-Frequenzen
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Details des aktuellen Berichts sind umstritten. Eigentlich hätte eine Expertengruppe gemeinsame Empfehlungen vorlegen sollen. Doch die Mitglieder des von der EU-Kommission berufenen Gremiums konnten sich nicht auf ein Zieldatum und Übergangsregelungen für die Änderungen beim Spektrum einigen. Daher fungiert nur Lamy als Autor des Papiers. Der Dachverband öffentlich-rechtlicher Sender in Europa (EBU) begrüßte die Empfehlungen und wies insbesondere darauf hin, dass die Sender keine finanziellen Einbußen durch den Verlust an Spektrum erleiden dürften.

Miktofone sollen europaweit einheitliche Frequenzen bekommen

Unterdessen wurde bekannt, dass drahtlose Mikrofone bei Veranstaltungen künftig überall in Europa die gleichen Frequenzen nutzen können sollen. Das hat die Brüsseler EU-Kommission beschlossen. Es geht um Mikrofone, die zum Beispiel bei Sportveranstaltungen, Konzerten und Theatervorstellungen eingesetzt werden. Nutzer greifen dabei ebenso wie der Rundfunk und Telekommunikationsunternehmen auf Frequenzen im sogenannten UHF-Band zurück. Für Mikrofone sollen innerhalb der nächsten sechs Monate mindestens 59 MHz zur Verfügung gestellt werden. Bei Bedarf können diese Frequenzen für einzelne Veranstaltungen ausgeweitet werden.

Die Harmonisierung des Spektrums soll nach Auskunft der EU-Kommission den Mikrofon-Herstellern und -Verkäufern zugutekommen. Die Firmen müssen in Zukunft nicht mehr unterschiedliche Geräte für den Einsatz in verschiedenen EU-Staaten anbieten. Die Anbieter von drahtlosen Mikrofonen sowie die Betreiber von Shows und anderen Großveranstaltungen hatten sich in der Vergangenheit darüber beklagt, dass ihre Produktionen durch LTE-Verbindungen für Smartphones massiv gestört werden und kaum noch Frequenzbereiche für einen Betrieb ohne Störungen zur Verfügung stehen.

Branche unzufrieden mit Vorschlag

In einer ersten Stellungnahme kritisierte die Branche die geplante Frequenzverteilung scharf: "Der Vorschlag der EU Kommission verschärft das Problem nochmals, weil für drahtlose Produktionsmittel weiterhin nicht ausreichend Ersatzspektrum zur Verfügung gestellt wird", erklärte Norbert Hilbich vom Mikrofon-Hersteller Sennheiser. "Sportliche Großereignisse, Wahlen, Touren berühmter Künstler oder Musicals können in der bekannten Form nicht mehr durchgeführt werden und sind massiv eingeschränkt." Man verkaufe Spektrum, das der Kultur- und Kreativwirtschaft fehle und diese mit Veranstaltungs- und Arbeitsplatzabbau massiv treffen werde.

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