Neues TKG: Interconnect-Pflicht für Messenger-Dienste?
Aktuell muss die Bundesrepublik Deutschland ihr Telekommunikationsgesetz (TKG) renovieren, um es an europäische Standards wie den Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (EU-Richtlinie (EU) 2018/1972) anzupassen. Dieser Kodex gilt seit Dezember 2018, aber ist noch nicht in nationales Recht "umgesetzt".
Der "Kodex" stellt einen "modernisierten Telekommunikationsrechtsrahmen" in zahlreichen zentralen Themenbereichen für die nächsten Jahre dar, z.B. in der Marktregulierung, der Frequenzpolitik, beim Schutz der Endnutzer, beim "institutionellen Gefüge" und dem Universaldienst.
Betroffen sind vor allen Dingen die Ministerien für Wirtschaft (BMWi) und digitale Infrastruktur (BMVI). Sie haben am 31. Juli 2020 einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur Umsetzung des Kodex und zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts in die "Ressortabstimmung" gegeben. Das bedeutet, da kann sich noch das eine oder andere ändern.
Neue Grundlagen für den Mobilfunkausbau
Haben gemeinsam einen Gesetzesentwurf vorgestellt: Wirtschaftsminister Altmeier, Digitalminister Scheuer (hier im Gespräch mit Kanzlerin Merkel)
Foto: Picture Alliance / dpa
Der Entwurf soll gesetzliche Grundlagen für die Mobilfunkstrategie der Bundesregierung (vom November 2019) schaffen.
Gezielte Anreize sollen für Investitionen und Innovationen sorgen und den "marktgetriebenen
Ausbau der digitalen Infrastruktur voranbringen".
Die Kernideen sind "Ko-Investitionen" (Konkurrenz-Firmen bauen gemeinsam) und Open-Access-Modelle (Jeder Anbieter darf bereits aufgebaute Leitungen gegen "angemessene Preise" verwenden).
Es soll ein "rechtlich abgesicherter Anspruch auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten" geben. Baumaßnahmen sollen durch Vereinfachungen bei Genehmigungsverfahren, mehr alternative Verlegemethoden wie Trenching oder oberirdische Verlegung (mit Masten) sowie Erleichterungen bei der Nutzung von Wegen und Grundstücken schneller werden.
In einem neuen "Datenportal" im Internet sollen für die Bau- und Betreiberfirmen alle Infos zur Planung und zum Netzausbau zu finden sein: Wo liegen Leitungen, was können die? Wem gehören Sie? Wo gibt es Leerrohr?
Entschädigung bei schlechtem Service oder schlechtem Netz
Verbraucher könnte es freuen, dass bei technischen Störungen oder schlechtem Kundendienst- ("Techniker war nicht da") künftig Entschädigungen geben soll. Ist die gelieferte Internet-Leitung nachgewiesen "langsamer", als im Vertrag vereinbart, kann der Verbraucher seine Rechnung mindern.
Die Tücken dürften im Detail liegen, weil WLAN oft eine wesentlich schlechtere Verbindung liefert, als der Anschluss mit Kabelverbindung könnte. Erfreulich: Die „Routerfreiheit“ bleibt erhalten, der Kunde kann also weiterhin sein Endgerät auswählen.
Das Nebenkostenprivileg (Mieter müssen TK-Verkabelung und Technik im Haus bezahlen, selbst wenn sie diese gar nicht nutzen) soll fallen. Damit hätten dann die Mieter die Chance, ihren Anbieter selbst zu wählen.
Verbindungen zwischen den Messenger-Diensten
Das Gesetz wird künftig OTT („over the top“)-Dienste (nummerunabhängige interpersonelle Telekommunikationsdienste, also Messengerdienste wie WhatsApp, Telegram, Signal, Threema, Ginlo etc.) regeln können. Das bedeutet konkret: Es muss irgendwann möglich sein, dass ein Nutzer von Telegram eine Nachricht an einen Nutzer von WhatsApp über Systemgrenzen hinweg schicken kann, ohne angemeldeter Nutzer des anderen Dienstes zu sein.
Der Vorteil: Man kann endlich auch Nutzer anderer Dienste erreichen, die man selbst gar nicht nutzt oder als "zu unsicher" empfindet. Dabei stehen auch die Themen "Kundenschutz" und Sicherheit auf dem Programm. Wer einen sicheren Messenger wie z.B. Signal oder Threema nutzt, könnte so auch WhatsApp Nutzer erreichen, ohne WhatsApp seine eigenen Daten und Adressbücher verraten zu müssen.
Welche Änderungen es bei der Regulierung geben soll, lesen Sie auf der zweiten Seite.