Alcatel 1S und 3L: Zwei Einsteiger-Handys im Hands-On
Der chinesische Hersteller TCL, zu Hause im Science Park in Hongkong, ist in Europa durch die Übernahme der Handysparte der ursprünglich französischen TK-Marke Alcatel bekannt geworden. Das Unternehmen hatte einige Zeit die Produktion der Neuauflage der kultigen BlackBerry-Smartphones übernommen (Motion, Key1, Key2, Key2LE), also von Smartphones mit echter Tastatur. Doch hier soll der Support endgültig im August 2022 enden und Software-Sicherheits-Updates gibts schon seit längerem nur noch sehr unregelmäßig. TCL, die in Europa von der Firma TCT in Paris vertreten werden, setzt auf höherwertige Produkte zu möglichst günstigen Preisen.
Alcatel 1S oder 3L?
Kurz angetestet: Die Alcatels 1S und 3L konnten unterm Strich nicht wirklich überzeugen.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Zwei Modelle wollen wir uns anschauen, die es vom Namen gar nicht vermuten lassen, aber von der Technik relativ ähnlich sind, das Alcatel 1S (2021), werksintern als 6025D, und das Alcatel 3L (2021), intern als 6056D bezeichnet.
Alcatel bewirbt diese Smartphones mit einem "überzeugenden Display und Kamera-Erlebnis zu einem erschwinglichen Preis". Nun ja, da kann man geteilter Meinung sein.
Die Außenmaße
Beide Modelle sind etwa 166 x 76 x 8,8 mm groß und wiegen 190 Gramm. Es gibt drei (eigentlich vier) Tasten, einmal links für den Google Assistant und rechts für die Lautstärken-Wippe und den Ein-Aus-Schalter. Auf der linken Seite kann der kombinierte SIM-SD-Karten-Schacht mit einer mitgelieferten Nadel aufgedrückt werden. Der Schacht fasst entweder zweimal Nano-SIM oder einmal Nano-SIM und eine microSD-Karte.
Das Alcatel 6056D (3L) links und das Modell 6025 (1S) rechts.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die Ladebuchse ist noch Micro-USB und es gibt auch noch eine 3,5 mm Klinkenbuchse für ein mitgeliefertes einfaches Headset. Zum Lieferumfang gehört neben dem Handy noch ein 10 Watt Netzteil ("Travel Charger") mit USB-A-Ausgang und passendem Kabel.
Als Gehäusefarben sieht Alcatel ein übliches schwarz ("Elegant Black") und ein dunkles Blau ("Twilight Blue") vor.
Die Software
Als Betriebssystem hat Alcatel ein relativ unverbasteltes Android 11 spendiert, das kurioserweise je nach Modellvariante zwei unterschiedliche Patch-Stände aufweist. Das günstigere Modell 6025 (1S) bekam schon den neueren Android-Sicherheitspatch vom 5.1.2021 ausgeliefert. Das teurere 3L musste zum Testzeitpunkt noch mit dem 5.12.2020 vorlieb nehmen. Neben allerlei Google-Software hat TCL eine eigene Galerie (für Bilder) und die Spiele "Asphalt Nitro" und "MIC Rebel Guns" (jeweils von Gameloft) beigepackt. Der Kindermodus soll das Handy kindgerechter machen, indem nur bestimmte Apps freigegeben werden sollen.
Das Innenleben
Der Grafik-Prozessor spricht OpenGL ES 3.2, auf dem Telefon ist Java VM2.1.0 installiert. Der Kernprozessor ist ein 64-bit ARM-Chip, der mit einem Linux-Kernel 4.19.127-00005-g69c8552-dirty läuft.
Das Display ist bei beiden Versionen 6,52 Zoll (16,56 cm) groß mit Mini-Notch, und hat eine Auflösung von 720 x 1600 Pixel mit fünf oder mehr Berührungspunkten (Multitouch). Als SoC (System on a Chip) wurde der MT6762V/WD von Mediatek gewählt, der 8 Kerne enthält, wovon 4 Kerne mit 1,80 GHz ARM Cortex-A53 und die anderen 4 Kerne mit 1,50 GHz ARM Cortex-A53 laufen. Die Taktfrequenz der ersten vier Kerne kann zwischen 900 MHz und 1,80 GHz schwanken, die anderen zwischen 400 MHz und 1,50 GHz. Der Grafik-Chip (GPU) wurde von Imagination Technologies geliefert, es ist ein PowerVR Rogue GE8320.
Unterschiede beim Arbeitsspeicher
In punkto Arbeitsspeicher unterscheiden sich die beiden Kandidaten: Das 1S hat insgesamt knapp 3 GB RAM (2813,8 MB) wovon auf unserem Testmuster 1233,6 MB (43 Prozent) verfügbar waren. Der interne Speicher betrug insgesamt 20,89 GB, wovon 12,10 GB (58 Prozent) verfügbar waren. Das 3L hat etwas mehr, nämlich 4 GB (38218,8 MB) wovon 1639 MB verfügbar waren. Auch beim internen Speicher hat man zugelegt und knapp 50 GB spendiert (knapp 40 GB nutzbar)
Unterschiede bei der Kamera
Einfacher Schnappschuss mit dem Alcatel 1S. Die Kamera liefert verwaschene Bilder.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Kassenzettel und Werbeprospekt mit dem Alcatel 1S
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die Hauptkamera des 1S nennt 13 MP Auflösung bei einer Blende von f/2,0 und einer Brennweite von 3,54 mm.
Für das 3L ist eine Auflösung von 12 MP mit einer Blende f/1,8 und 4,8 mm Brennweite zu ermitteln.
Bei der Frontkamera (für Selfies) des 1S sind es 5 MP (Blende 2,2), das 3L wartet mit 8 MP (f/2,0), beide haben eine Brennweite von 2,24 mm.
Die bessere Kamera des Alcatel 3L kann unterm Strich auch nicht überzeugen.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Das Blau des Prospektes ist beim Alcatel 3L schon satter, aber es fehlt auch hier an Schärfe.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Der Akku ist in beiden Modelle mit 4000 mAh gleich dimensioniert.
Mobilfunk kann 2G-4G und WiFi, aber kein 5G
Der Mobilfunkteil beherrscht 2G (Quadband), 3G (in Deutschland bald Geschichte) und 4G auf den üblichen Bändern, für LTE wird Cat. 4 (150 MBit/s DL, 50 MBit/s UL) angegeben. 5G beherrscht das Gerät nicht. WiFi (WLAN) funkt nach Standard 802.11b/g/n auf 2,4 GHz. "WiFi direct" soll den Datenaustausch zwischen Alcatel-Telefonen erlauben.
VoLTE geht nicht immer
Von einem heutigen Mobiltelefon muss man erwarten können, dass es nicht nur 4G/LTE sondern auch VoLTE (Sprachtelefonie über 4G/LTE) beherrscht. Sofern man Kunde bei Original-Telekom oder Original-Vodafone ist, hat das bei unseren beiden Testmustern funktioniert. SIM-Karten von Original o2 wollten mit VoLTE nicht zusammenarbeiten. Woran das genau liegt, weiß niemand bzw. diejenigen, die es wissen müssten, sind nicht erreichbar oder verweisen auf das Preis-Leistungsverhältnis.
Wer meint, mit kryptischen Tastenfolgen wie *#*#4636#*#* in die entsprechenden Menüs vorzustoßen, wird enttäuscht: Es gibt als Antwort nur Versionsinformationen zur Modellnummer, Software- und Hardwareversion. Die Pro-Version der App "Netmonitor" von Vitaly V findet das Android-Radio-Menü dann doch, aber da ist die VoLTE Kennzeichnung schlicht ausgegraut.
Mobiles Bezahlen per NFC nicht möglich
Wer sich für mobiles Bezahlen interessiert: Zwar ist die App Google Pay ab Werk vorinstalliert, kann aber gar nicht genutzt werden, weil das Telefon (in beiden Varianten) gar kein NFC beherrscht.
Fingerabdruck und Gesichtserkennung
Auf der Rückseite beider Kandidaten gibt es einen Fingerabdruck-Sensor, Android 11 erlaubt auch die Entsperrung per Gesichtserkennung. Ob sie so sicher wie die FaceID von Apple ist, würden wir in Zweifel ziehen.
Die Praxis
Der Unterschied von Fotoaufnahmen zwischen beiden Modellen ist deutlich, das 3L zeigt klarere Bilder. Wer aber eine Karriere als Fotograf plant, sollte sich unmittelbar für eine ganz andere Preis- und Leistungsklasse als diese beiden Kandidaten entscheiden. Das Anschauen von Videos mit Ton ist kein Vergnügen, weil der Lautsprecher für die Wiedergabe viel zu leise ist. Die Displays sind nett anzuschauen, aber im Freien bei direkter Sonneneinstrahlung ist schnell Schluss, man braucht die eigene Hand, um sich Schatten zu spenden.
Ein Fazit
Vor dem Kauf lohnt es sich, genau hinzuschauen und zu vergleichen. Für etwa das gleiche Geld oder sogar weniger kann man auch leistungsfähigere Geräte anderer Hersteller erwischen. Als Telefon zum Telefonieren mögen die Alcatel-Geschwister im Telekom- oder Vodafone-Netz durchgehen, ohne VoLTE und bald ohne 3G wird man im o2-Netz nur mit 2G-Telefonie keine langfristige Freude haben. Als Telefon, um ein paar E-Mails zu checken oder nach dem Weg zu "fragen", kann man es gebrauchen, sofern es draußen nicht zu hell wird. Mobiles Bezahlen mit dem Handy ist heute "Quasi Standard", aber nicht mit dem Alcatel 1S oder 3L. Zu loben ist, dass Alcatel das Android 11 weitgehend unangetastet lässt.
Die Preise?
Das Alcatel 1S (2021) soll etwa 129,99 Euro (UVP) kosten, diesen Preis haben wir auch bei Preisvergleichern so gesehen. Das 3L (2021) ist für 159 Euro zu bekommen. Nimmt man das Xiaomi Redmi 9 zum Vergleich, bekommt man ähnliche technische Daten (wenn auch "nur" Android 10), dafür aber mit NFC-Funktion und zu einem deutlich günstigerem Preis.