Maas kritisiert BND-Pläne zur Ausspähung sozialer Netze
Soziale Netzwerke - nicht nur für sich unübersichtlich, sondern durch staatliche Spionage doppelt gefährlich?
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Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) kritisierte in einem Interview mit
Spiegel Online Planspiele des Bundesnachrichtendienstes
(kurz BND), künftig
soziale Netzwerke in Echtzeit auszuspähen. "Rechtlich wäre eine
massenhafte Ausspähung sozialer Netzwerke kaum zu begründen. Wer mitlesen
will, braucht dafür gesetzliche Grundlagen", sagte Maas. "Ich stelle mir
mittlerweile auch grundsätzlich die Frage, ob bei Datenerhebungen immer
größeren Ausmaßes überhaupt noch eine effektive Auswertung möglich ist."
Wenn Behörden aus Sicherheitsgründen auf Daten zugriffen, könne das in
Einzelfällen sinnvoll sein. "Aber wenn ohne konkreten Anlass tagtäglich
millionenfach Daten erhoben werden, bezweifle ich schon, ob das Ziel der
Verbrechensbekämpfung das generell aufwiegt."
Ebenso schließt Maas einen nationalen Alleingang bei der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung aus. "Bevor nicht eine europäische Richtlinie vorliegt, werden wir in Deutschland kein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen", sagte Maas Spiegel Online. "Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs geht noch über die Entscheidung des Verfassungsgerichts hinaus, so dass ich mir neue Pläne für eine völlig anlasslose Speicherung von Daten nur schwer vorstellen kann."
Maas rechnet nicht damit, dass das Vorhaben in dieser Legislaturperiode noch einmal auf die Agenda der Bundesregierung kommt. Eine neue europäische Richtlinie "würde Zeit brauchen", so der Justizminister. "Die Mitgliedstaaten sind derzeit dabei, das Urteil des EuGH auszuwerten. Es besteht große Unsicherheit, ob eine anlasslose Speicherung, wie sie sich einige wünschen, rechtlich überhaupt noch möglich ist. Die neue Kommission ist nicht mal im Amt, und auch das neu gewählte Europäische Parlament würde sicher ein gewichtiges Wort mitreden wollen."
Snowden außerhalb Deutschlands befragen
Soziale Netzwerke - nicht nur für sich unübersichtlich, sondern durch staatliche Spionage doppelt gefährlich?
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Im Streit um die
Befragung Edward Snowdens vor dem
NSA-Untersuchungsausschuss
und/oder durch die Staatsanwaltschaft im
NSA-Ermittlungsverfahren lehnt Maas
hingegen weiterhin eine Einladung des Überläufers nach Deutschland ab.
Stattdessen forderte er
Snowden zu "voller Kooperation in Moskau" auf:
"Die Qualität seiner Aussage kann doch nicht am Aufenthaltsort hängen.
Das fände ich jedenfalls sehr merkwürdig." sagte er gegenüber Spiegel
Online. "Warum soll er das, was er längst
öffentlich gesagt hat, nicht auch in Moskau wiederholen? Snowden hat die
Chance, dadurch zur weiteren Aufklärung beizutragen. Ich bin mir sicher,
dass er diese nutzen wird."
Maas forderte die USA zu einem rechtsstaatlichen Umgang mit Snowden im Falle einer Rückkehr auf: "Edward Snowden hat ein faires und menschenwürdiges Verfahren verdient. Und die USA täten gut daran, der Welt zu demonstrieren, was Rechtstaatlichkeit bedeutet. Sie sollten ihren Teil zur Aufklärung beitragen".
Unterlassungsklagerecht bei Datenschutz-Verstößen
Aber nicht nur Staaten, sondern auch viele Firmen spionieren ihre Kunden aus oder geben Daten unrechtmäßig weiter: "Verbraucher sind in vielen Fällen überfordert, sich alleine gegen ein großes Unternehmen durchzusetzen", sagte der Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium, Gerd Billen, der Nachrichtenagentur dpa. Daher werde vorbereitet, das Unterlassungsklagengesetz zu erweitern, damit Verbraucherorganisationen Firmen auch bei Datenschutzverstößen auf Unterlassung verklagen können: "Ziel ist, schlagkräftiger gegen zweifelhafte Angebote vorzugehen." Nach diesem Gesetz können Verbraucherschützer und Wettbewerbshüter bereits etwa gegen unlautere Werbung vorgehen.
Das neue Gesetz könne greifen, wenn keine wirksame Einwilligung des Nutzers zur Verwendung persönlicher Daten vorgelegen hat, erläuterte Billen. Hintergrund seien Fälle, in denen Anbieter zum Beispiel ohne ausdrückliche Zustimmung digitale Adressbücher von Internet-Nutzern ausgelesen haben. In einem anderen Fall habe eine Taschenlampen-App auch Ortungsdaten eines Handys ausgelesen, was für den Zweck der Anwendung gar nicht wichtig sei.
Einen Kommentar von teltarif.de zum Eiertanz um die Snowden-Befragung lesen Sie in einem Editorial.