Digital X - bunter Querschnitt der Digitalisierung
Zwei Tage lang fand auf sechs Bühnen mit 250 Sprechern und 300 Ausstellungspartnern auf zwei Millionen Quadratmetern Fläche die digitale Messe Digital X in Köln statt: 50.000 Besucher schauten vorbei, um "Digitalisierung zum Anfassen" zu erleben.
Medikamente aus dem Drucker
Dabei gibt es schon "schräge" Ideen: Medikamente aus dem 3D-Drucker beispielsweise. Das ist keine "Spinnerei", sondern eine Option für Krankenhäuser, größere Arztpraxen oder Apotheken. So können spezielle, nicht so oft gebrauchte Pillen, schnell aus dem Arzneimittel-Grundstoff und einem Esspapier (zum Beispiel für Kinder) oder dem Pillenmaterial (Gelatine) hergestellt werden - mit viel mehr Präzision als das händische Anrühren, das mancher Apotheker noch kennt.
Baggersteuerung mit VR-Brille
Ein Bagger lässt sich über virtuelle Realität (VR) steuern.
Foto: Deutsche Telekom / Fotograf: Robert Dieth
Eine Baggersteuerung per VR-Brille klingt auch verrückt, erlaubt es aber, bei Bedarf weit entfernte Geräte zu steuern, weil niemand vor Ort ist, der sich auskennt. Es braucht dafür nur stabiles Netz vor Ort.
Müllsammler mit Präzisionsnavigation
In Seen und Flüssen schwimmt mit der Zeit viel Müll: Ein autonomer, schwimmender Müllsammler mit Präzisionsnavigation über lokale Sensoren (Satelliten alleine sind nicht genau genug) findet den Müll und vermisst ihn, um noch verbliebene Teile einzusammeln. Zielgruppe können städtische Gartenverwaltungen sein, eine Wasserschutzdirektion oder der Küstenschutz. Das Gerät ist über Mobilfunk vernetzt und aus der Ferne steuerbar und liefert aktuelle Informationen und auf Wunsch auch Bilder von vor Ort.
Hagen Rickmann: „Menschlichkeit ist unersetzbar“
Gastgeber Hagen Rickmann, im Hauptberuf Vorstand Geschäftskunden bei der Telekom Deutschland findet „Digitalisierung ist mehr als Technologie. Digitalisierung braucht Menschen. Genau hier setzt die Initiative Digital X an – wir möchten begeistern und die Chancen praxisnah aufzeigen“. Wie schon berichtet verstehe sich die Digital X als Plattform, die Unternehmen jeder Branche auf dem Weg der Digitalisierung begleiten solle. Im Mittelpunkt stehe es, die Schritte und Erfahrungen auf dem Weg der Transformation zu teilen – ob als Neueinsteiger oder digitaler Vorreiter.
Tim Höttges fordert Digitalisierungsstrategie für Deutschland
In neuem Outfit: Telekom AG Vorstandsvorsitzer Tim Höttges
Foto: Deutsche Telekom / Fotostudio Heupel Bonn
Die Digital X zeige, was mit Hilfe von KI, Virtual Reality, Metaverse oder 5G alles möglich sei, erklärte Tim Höttges, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG, zum Auftakt. Er betonte: "Wir müssen den Weg von 'Good to Great' gehen und eine radikale Transparenz sowie eine umfassende Digitalisierungsstrategie für unseren Standort entwickeln."
Amy Webb: Deutschland muss die Digitalisierung endlich anführen
Futuristin Amy Webb im Gespräch mit Technikvorständin Claudia Nemat.
Foto: Deutsche Telekom
Es ist eines der Markenzeichen der Digital-X-Veranstaltung, dass auch Menschen zu Wort kommen, die nicht unmittelbar mit Netztechnik zu tun zu haben scheinen.
Die amerikanische "Futuristin" Amy Webb sprach klare Worte zum Standort Deutschland. Im Austausch mit der Technologie- und Innovationsvorständin der Telekom, Claudia Nemat, warnte die Gründerin und CEO des Future Today Institute davor, aktuellen Entwicklungen nur passiv zuzuschauen: „Innovation ist für das Überleben von Unternehmen entscheidend“, sagte Amy Webb. Notwendig dafür wären auch Rahmenbedingungen, wie weniger Bürokratie. Claudia Nemat begrüßte diesen Ansatz und rief dazu auf, statt, „German Angst“ mehr „German Selbstvertrauen“ zu demonstrieren. Denn wie gut Deutschland innovative Digitalisierung gelingen könnte, sei auf der Digital X erlebbar.
George Clooney: Verbrechen im Ukraine-Krieg digital dokumentieren
Spannendes Trio: Barbara Schöneberger, George Clooney und Hagen Rickmann (Telekom)
Foto: Deutsche Telekom / Fotostudio Heupel Bonn
Es stimme nicht, dass der US-amerikanische Schauspieler George Clooney nur eingeladen worden sei, um den weiblichen Besucheranteil zu erhöhen, scherzte Gastgeber Rickmann am Rande der Messe. Im Gegenteil: Clooney engagiert sich seit vielen Jahren für Klimaschutz und Menschenrechte. „In einem aktuellen Projekt unserer Foundation for Justice erfassen wir mithilfe digitaler Tools, was im Krieg in der Ukraine an Menschenrechtsverletzungen passiert“, erklärte Clooney. „Dieses Monitoring soll helfen, dass die Greueltaten möglichst schnell vor Gericht kommen und die Täter bestraft werden.“ Hier kann man nur viel Erfolg wünschen.
Björn Ulvaeus: Das Original des ABBA-Avatars live in Köln
Abba startete mit Waterloo eine Weltkarriere. Mitgründer Björn Ulvaeus war einer der Gastredner der Digital X
Foto: Deutsche Telekom / Fotostudio Heupel Bonn
ABBA-Mitbegründer Björn Ulvaeus erklärte, wie die digitalen Avatar-Konzerte der Band in London umgesetzt wurden. Gleichzeitig stellte er auf der Bühne aber klar: „Heute bin wirklich ich es, der zu euch spricht.“ Am Beispiel Musik berichtete er anschaulich über das Verhältnis von Menschen zu Künstlicher Intelligenz und sieht KI als Helfer im kreativen Prozess, die ihm neue künstlerische Welten erschließe.
Be digital. Stay human.
Keiner verkörpert wohl das Motto der Digital X 2023 „Be digital. Stay human.“ so sehr wie Neil Harbisson. In Köln berichtete der britische Künstler von seinen Erfahrungen als Cyborg und wie die Digitalisierung ihm geholfen hat, Farben wahrzunehmen, die ihm als farbenblinder Mensch bisher verborgen blieben. Seine implantierte Antenne ermöglicht es ihm, sowohl sichtbare als auch unsichtbare Farben zu sehen. Die unmittelbare Verbindung von Mensch und Technik ist ein Grenzbereich, den viele wohl nicht überschreiten möchten.
Roboter lassen Seilspringen oder lackieren Farbspritzer
Digital gesteuert wird ein Geißbock (das Maskottchen des 1. FC Köln) gefräst.
Foto: Deutsche Telekom / Fotograf: Juergen Schwarz
Neben den publikumswirksamen Auftritten gab es auf der Digital X auch eine Vielzahl von digitalen Lösungen, welche die Besucher selbst ausprobieren konnten. Auf dem „Robotic Playground“ animierten Roboterarme die Besucher zum Seilspringen. Ein anderer Roboterarm erzeugte große, bunte Seifenblasen. Ein weiterer meißelte aus weißem Marmor einen metergroßen Geißbock, Maskottchen des 1. FC Köln.
Andernorts tauchten Besucher der Digital X in einen virtuellen Lackierraum ein. Mit VR (Virtual Reality) lässt sich das Lackieren von Fahrzeugteilen simulieren. Die VR-Brille meldet sich bei falschen Handgriffen oder zu viel aufgetragener Farbe. Auch Wartungsarbeiten an einem Großbagger konnten über virtuelle Simulation geübt werden – in einer Baggerkabine von Komatsu mit einer App für VR-Trainings und 3D-Anwendungen auf einer VR-Plattform.
Equal eSports Festival und Telekom Street Gig als Teil der Digital X
Mehr als 6000 Gamer kamen in die Kölner Rheinterrassen und erlebten ein zweitägiges eSports-Fest. Besonderes Highlight: Zum ersten Mal fand mit dem Equal eSports Cup ein Turnier ausschließlich für Frauen und nicht-binäre Spieler statt. Damit sollen Menschen, die sonst schnell unter Vorurteilen "leiden" oder "gemobbt" werden, eine Chance bekommen, im digitalen Raum und im realen Leben sich beweisen zu können.
Musik vom Mars
Auch Musikfans kamen mit "Thirty Seconds To Mars" nicht zu kurz.
Foto: Deutsche Telekom
Die Formation "Thirty Seconds To Mars" lieferte am Abend des ersten Tages der Digital X im Kölner Mediapark ihre eindrucksvolle Show ab. Die Band kommt aus den USA und spielte vor mehr als 3000 Fans. Leadsänger Jared Leto lud etwa hundert Fans auf die Bühne ein, um den Song „Closer to the Edge“ umzusetzen, sein Bruder Shannon spielte analoges Schlagzeug.
Wer die Digital X dieses Jahr verpasst hat: Die nächste Veranstaltung dieser Art wird im September 2024 stattfinden. Hauptzielgruppe dürften wieder Geschäftskunden sein, aber auch für technisch interessierte Privatkunden dürfte Interessantes dabei sein, eine rechtzeitige Voranmeldung ist zu empfehlen.