Themenspezial: Verbraucher & Service Neue Details

Anwalt: Abmahnungen im Fall des Porno-Portals Redtube unwirksam

Die Kanzlei Werdermann / von Rüden hat wichtige Dokumente im Fall um die Redtube-Abmahn­welle veröffentlicht, die ausführ­liche Details offen­baren. Anwalt Thomas Stadler nennt die Ab­mah­nun­gen auf­grund einiger Mängel un­wirksam.
Von Rita Deutschbein

Anwalt: Abmahnungen im Fall des Porno-Portals RedTube unwirksam Neue Details im Fall der Redtube-Abmahnwelle
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Im Fall der Abmahnwelle rund um das Erotikportal Redtube kommen immer mehr Details zutage. Gestern erhielt der Berliner Anwalt von Rüden nach einem Eilantrag Einsicht in die Akten - teltarif.de berichtete. Mittlerweile hat die Kanzlei Werdermann / von Rüden den Antrag des Rechts­anwalts Daniel Sebastian und den darauf erfolgten Beschluss des Land­gerichts Köln online gestellt. Über das Portal Abmahnhelfer.de geben die Anwälte zudem Tipps für Betroffene, die eine Abmahnung der Kanzlei Urmann+Collegen (U+C) erhalten haben.

Anwalt: Abmahnungen im Fall des Porno-Portals RedTube unwirksam Neue Details im Fall der Redtube-Abmahnwelle
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Seit Mitte der vergangenen Woche haben die Kollegen nach Aussage des Anwalts von Rüden über 1 000 Telefon­gespräche mit Betroffenen geführt - allesamt Anschluss­inhaber der Telekom. Zehntausende Internet­anschluss­inhaber sollen insgesamt betroffen sein, wie aus den Aktenzeichen der Rechts­anwalts­kanzlei U+C ersicht­lich wird. "Es ist möglich, dass in den kommenden Tagen noch weitere Internet­provider zur Auskunft verpflichtet werden oder bereits wurden, so dass auch Kunden von Kabel Deutschland oder anderen Abmahnungen aus Regensburg erhalten können", warnt Rechts­anwalt Johannes von Rüden. Alle bislang bei der Kanzlei einge­gangenen Abmahnungen weisen auf verschiedene Auskunfts­beschlüsse unter­schied­licher Kammern des Landgerichts Köln zurück, in dessen Gerichtsbezirk die Telekom ihren Sitz hat.

Die bislang ermittelten IP-Adressen sollen zwischen dem 8. und dem 11. August auf den Film "Amanda’s Secret" zugegriffen haben. Bereits am 12. August hat der Berliner Rechts­anwalt Daniel Sebastian mit einem Schreiben die Auskunfts­ansprüche gegen die Deutsche Telekom AG geltend gemacht. Proto­kolliert wurden die IP-Adressen nach Aussage des abmahnenden Anwalts zuvor von dem Unternehmen ItGuards durch die Software GLADII 1.1.3. Die Telekom darf die IP-Adressen ihrer Kunden ohne Anlass bis zu sieben Tage speichern. Der Auskunfts­beschluss ging somit noch rechtzeitig vor der Löschung der Verbindungs­daten bei der Telekom ein.

Sollten zum jetzigen Zeitpunkt weitere Provider zur Auskunft verpflichtet werden, wie Rechtsanwalt von Rüden vermutet, dürften nun aber alle relevanten Daten bereits gelöscht sein. Denn laut TKG gilt auch für andere Provider abseits der Telekom die Speicher­dauer von maximal sieben Tagen.

Beschluss des Gerichts: Täuschung oder grobes Unverständnis

Die Tatsache, dass das Gericht den Beschluss zur Herausgabe der Daten bewilligte, hinterließ bei Anwalt von Rüden einen bitteren Beigeschmack. Denn nirgendwo in dem Antrag an das Landgericht Köln stehe etwas von einer Tauschbörse. "Weder weisen der Antrag, noch der Beschluss darauf hin, dass hier ein Streaming-Portal oder überhaupt Redtube überwacht wurde", so von Rüden. Das Gericht unterlag seiner Ansicht nach somit einem deutlichen Irrtum, als es dem Antrag stattgab.

Von "groben Unverständnis" spricht hingegen Thomas Stadler, Fachanwalt für IT- Recht, in seinem Blog Internet-Law. Denn anders als beim Filesharing würden beim Streaming nicht die Nutzer etwas öffentlich zugänglich machen, sondern aus­schließlich die Portal­betreiber. Wie Stadler erklärt, fände beim Landgericht Köln in Fällen wie nun bei Redtube keine wirkliche Einzel­fallprüfung mehr statt. Beschlüsse wie der, der an die Telekom ging, würden demnach seit Jahren nur text­baustein­artig durchgewunken. "Das Landgericht Köln hat sich also nicht geirrt, es hat sich offenbar überhaupt keine Gedanken gemacht", so die Einschätzung des Anwalts.

Abmahnungen seien als unwirksam zu betrachten

Ungeachtet dieser Tatsache leiden laut Stadler aber auch die Abmahnungen der Anwälte von U+C "an ganz schnöden hand­werklichen Mängeln". Denn es wird in diesen nicht angegeben, dass die von U+C vorgeschlagene Unter­lassungs­verpflichtung über die abgemahnte Rechts­verletzung hinausgeht, weshalb die Abmahnung als unwirksam zu betrachten sei.

Eine weitere Frage wirft die in den Abmahnungen geforderte Summe auf. Die Pauschale zur Ermittlung der IP-Adresse wird mit 65 Euro angegeben. Als Streitwert für den Auskunfts­beschluss wurden 3 000 Euro angesetzt - der Rechts­anwalt Daniel Sebastian hätte laut von Rüden einen Anspruch auf nicht einmal 1 000 Euro für dieses Schreiben gehabt. An Gerichts­kosten sind 200 Euro angefallen. Teilt man die insgesamt 1 200 Euro nun durch 1 000 IP-Adressen, kommen auf jeden Betroffenen gerade einmal 1,20 Euro. Die übrigen 63,80 Euro würden demnach zur Ermittlung einer einzigen IP-Adresse ausgegeben werden. "Das ist reine Abzocke von Verbrauchern", erklärt von Rüden.

Die Rechtsanwälte des Portals Abmahnhelfer.de haben mittlerweile hunderte gleichlautende Abmahnungen von der Regensburger Rechts­anwalts­kanzlei Urmann+Collegen zurückgewiesen. Betroffenen wird unter der kostenfreien Rufnummer 0800 - 866 22 66 eine kostenlose anwaltliche Erst­einschätzung angeboten. Generell empfehlen die Anwälte aber, weder die in der Abmahnung genannte Summe von 250 Euro zu zahlen, noch die Unterlassungs­erklärung zu unterschreiben. Denn dies berge laut von Rüden die Gefahr, "dass man sich so über Jahre bindet und auch beim Abruf des Films auf anderen Portalen in Anspruch genommen werden könnte".

Wie sich Nutzer, die eine Abmahnung erhalten haben, nun verhalten sollen, haben wir in einem weiteren Artikel für Sie beschrieben. Außerdem haben wir uns der Frage gewidmet, wie die Porno-Überwachungs-Software eigentlich funktioniert, mit deren Hilfe die Abmahn-Anwälte an die Nutzerdaten gelangt sind.

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