Nachfrage

VDSL: Anbieter will ausbauen, Bürger haben aber kein Interesse

Ein Anbieter möchte in Niedersachsen VDSL ausbauen, doch die Bürger des Ortes haben kein Interesse. Woran kann das liegen? Wie schauen uns den speziellen Fall an.
Von Thorsten Neuhetzki

Glasfaserleitungen für die VDSL-Versorgung Glasfaserleitungen für die VDSL-Versorgung
Foto: EWE
Eigentlich sollte gerade in ländlicheren Räumen die Nachfrage nach schnellen Internetleitungen ausreichend groß sein. Dass das nicht immer so ist, merkt gerade die aus Hannover stammende htp, die die Kernstadt des Ortes Sehnde in Niedersachsen mit VDSL versorgen möchte. Doch scheinbar haben die Bürger vor Ort wenig Interesse an einem VDSL-Netz. Das Unternehmen hat eine Haushaltsumfrage zum VDSL-Ausbau in Sehnde jetzt bis zum 25. Januar verlängert. "Das Interesse an einer modernen und zukunftsfähigen Internetversorgung ist zurzeit noch nicht ausreichend, um einen Ausbau zu rechtfertigen", wird htp-Geschäftsführer Thomas Heitmann in einer Mitteilung der Stadt zitiert.

Sehnde besteht aus insgesamt 15 Ortsteilen mit mehr als 24 000 Einwohnern. Beim konkreten Ausbauvorhaben von htp handelt es sich um die Kernstadt mit etwa 8700 Einwohnern. Bisher haben sich rund 200 Haushalte an der Umfrage des Unternehmens beteiligt, 390 seien notwendig, damit der Breitband-Ausbau für htp wirtschaftlich ist. Es gehe um ein Investment von 725 000 Euro für die Modernisierung der Infrastruktur. Dabei will htp sogenannte Outdoor-DSLAMs aufbauen, also zusätzliche Verteilerschränke neben den Kabelverzweigern der Telekom. In diesen wird die VDSL-Technik installiert und das Signal per Glasfaserleitung abtransportiert.

Kabelnetz ist aufgerüstet, Telekom versorgt vom Hvt

Glasfaserleitungen für die VDSL-Versorgung Glasfaserleitungen für die VDSL-Versorgung
Foto: EWE
In Sehnde selbst versorgt bereits heute die Deutsche Telekom ihre Kunden mit VDSL - im Nahbereich der Vermittlungsstellen. In diesem Gebiet dürfte htp keinen Ausbau planen, die betreffenden Haushalte im Kerngebiet des Ortsteils stehen also auch nicht als mögliche Kunden zur Verfügung. Weiterhin dürfte die Nachfrage der Kunden durch einen Ausbau von Vodafone/Kabel Deutschland im vergangenen Jahr geschwächt sein: Der Kabelnetzbetreiber hatte im vergangenen Jahr sein bisheriges TV-Kabelnetz ausgerüstet und bietet schnelles Internet über die Kabelleitung an.

Kunden im Verbreitungsgebiet mit einem Interesse an hohen Datenraten dürften sich also gerade für einen neuen Vertrag entschieden haben. Und Kunden, die heute noch kein Interesse an wirklich hohen Datenraten haben, dürften weiter ihren DSL-Anschluss nutzen wollen. Für die meisten Online-Anwendungen reichen die bis zu 16 MBit/s weiterhin aus. Gerade Anbieter von Glasfaser-Anschlüssen merken immer wieder, dass die Kunden kaum wirklich hohe Datenraten nachfragen. Und letztlich dürften auch die Kosten für VDSL bei htp ein Aspekt sein: Eine DSL-Doppelflatrate kostet zwei Jahre lang knapp 30 Euro monatlich, danach 35 Euro. VDSL 50 wird dann mit jeweils 5 Euro extra, VDSL 100 mit 10 Euro extra berechnet, womit die Kosten bei bis zu 45 Euro monatlich liegen. Wem niedrige Datenraten ausreichen, wird vermutlich kein zusätzliches Geld investieren wollen.

Bürgermeister hofft auf mehr Interesse

Sehndes Bürgermeister Carl Jürgen Lehrke setzt weiter auf den geplanten VDSL-Ausbau: "Unsere Stadt würde durch einen VDSL-Ausbau als Unternehmensstandort und Wohnort attraktiver werden", sagt Sehndes Bürgermeister Carl Jürgen Lehrke. "Deshalb hoffe ich sehr, dass unsere Bürgerinnen und Bürger diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen." Einwohner, die Interesse haben, sollen ein entsprechendes Formular von htp herunterladen und ausfüllen. In anderen Ortsteilen von Sehnde scheint das Interesse an VDSL übrigens größer zu sein. Anfang Dezember meldete htp den Abschluss der Bauarbeiten in den Ortsteilen Evern und Rethmar. Dort stehen nun bis zu 100 MBit/s zur Verfügung, 485 000 Euro wurden investiert.

Wie ein VDSL-Ausbau vor Ort aussieht und was der Anbieter dabei macht, lesen Sie in einer Reportage über den Anbieter EWE Tel, die zum Teil an htp beteiligt ist.

teltarif.de-Podcast

In unserem Podcast "Strippenzieher und Tarifdschungel" sind wir in der ersten Folge auf die unterschiedlichen Internet-Zugangsarten (DSL, VDSL, FTTB und FTTH) eingegangen und haben die Unterschiede erklärt. Hier können Sie direkt in die Folge reinhören oder als mp3 herunterladen:

Sind 50 MBit/s bis 2018 flächen­de­ckend umsetzbar?

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