Paneldiskussion

Netze der Zukunft: Was nicht verboten ist, sollte erlaubt sein

Auf der diesjährigen Mitglieder­versammlung des DVTM reichten die Themen vom Fluch der Flatrates über die Koordination durch die Bundes­kanzlerin bis hin zu interessanten Einblicken in den NSA-Ausschuss.
Aus Köln berichtet

Interessante Einblicke gab Dr. Patrick Sensburg, Vorsitzender des NSA-Unter­suchungs­auschusses im Deutschen Bundestag. "Gehen wir zu lasch mit unseren Daten um?" Seine Antwort lautet im Prinzip ja. Gerade im privaten Bereich gingen wir zu offen­herzig mit intimen Daten um, woraus bestimmte Anbieter ein Geschäfts­modell gemacht hätten. Genauer: "Gehen wir als Staat zu lasch um, wodurch Dritte auf Daten zugreifen?". Anderseits sei es kritisch, wenn der Staat eingreifen solle, weil es schwierig zu kontrollieren sei. "Die Grund­rechte sind Abwehr­rechte des Bürgers gegenüber dem Staat. Soll der Staat kontrollieren, dass Grundrechte noch da sind? Dann landen wir im Über­wachungs­staat. Wir können den Kindern verbieten, am PC YouTube zu gucken, dann machen sie es am Smartphone. Wir müssen den Kindern erklären, dass sie nicht alles angucken müssen, was zu gucken ist", die Politik müsse einen Rahmen setzen.

Sensburg erklärte die komplizierte Gemengelage. Keiner wolle wissen, dass der Tee daheim fertig ist oder man zu spät zum Essen komme. Der Schaden durch Wirtschafts­spionage betrage rund 50 Milliarden Euro pro Jahr. Dass gerade die NSA in Deutschland "Wirtschafts­spionage" im klassischen Sinne betreibe, glaube er weniger, denn falls ein so "kopiertes" Produkt auf den deutschen Markt komme, müsse der amerikanische Anbieter schnell mit Copyright-Prozessen rechnen. Viel gefährlicher seien hingegen Staaten, wo es an Know-How und einer stabilen Rechts­ordnung vor Ort fehle.

Mit Selektoren wurden Datenbanken durchsucht

Gleichwohl interessiere sich die NSA für vieles, um daraus Schlüsse beispielsweise in der eigenen Wirtschafts­politik zu ziehen. Mit von der NSA erhaltenen Such­begriffen, sogenannten "Selektoren" habe man Daten­banken durchsucht, z.B. die Handy­nummer eines Waffen­händlers oder eine E-Mail-Adresse. Wenn also eine deutsche Handy­nummer beispielsweise in Afghanistan telefoniert habe, könne das durchaus von Belang gewesen sein. Derzeit werde intensiv geprüft, inwieweit deutsche Interessen und Vorschriften möglicherweise nicht genau genug beachtet wurden. "Wir haben einen massenhaften Abgriff von Daten."

In seinem Wahlkreis habe man in Absprache den Internet-Shop eines Unternehmens testweise "gehackt", um daraus zu lernen, "wie einfach" das möglich sei, so Sensburg. Wer wichtige Konstruktions­unterlagen unverschlüsselt übers Netz verschicke, dürfe sich nicht wundern, wenn seine Produkte auf einmal irgendwo anders kopiert würden.

Sensburg kritisierte, dass viele Leute etwas erzählen, die keine einzige Akte gelesen haben. "Auf einmal sind alle Experten für Geheim­dienste." Ein Output des Skandals sei heute schon klar: Wir könnten vieles besser machen. Persönlich telefoniert Sensburg mit wechselnden Handys, und verwendet dabei unter anderem einen BlackBerry oder ältere Nokia-Modelle. Am besten verschickt man möglichst wenig per Handy, findet er.

Prof. Schaar präzisierte: Das Daten­schutzrecht sieht auf dem Papier recht strikt aus, aber Realität sieht anders aus. Ein Recht, das nicht umgesetzt wird, verliert Gestaltungs­kraft. Es bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder entrümpeln oder strikt durchsetzen.

Dem pflichtete Sascha Pallenberg, Gastredner bei der Versammlung, bei: "Man wird nie in der örtlichen Dorfkneipe die Zeche prellen und Leute dort beleidigen. Aber im Internet soll das möglich sein?" Er sieht den Staat in der Pflicht, durch bessere Bildung dafür zu sorgen, dass solche Regeln greifen. Es müsse unbedingt vermieden werden, Skandale für beendet zu erklären, bevor sie richtig angefangen haben. Der NSA-Skandal sei noch nicht vorbei.

Der Fluch der Flatrate

Für Frau Henseler-Unger stellt sich die Frage: Wie komme ich von den Flatrate Tarifen zu Volumen Tarife zurück? Der User, der alle Jubel­jahre eine E-Mail checkt, bringt sicher einen höheren Deckungs­beitrag.

In Taiwan hingegen sind aus deutscher Sicht die örtlichen Tarife traumhaft: Für eine Glasfaser­leitung mit 100 MBit/s Geschwindigkeit und einer unbegrenzten Flatrate zahle man etwa 15 Euro im Monat, berichtete Pallenberg. Eine LTE-SIM-Karte koste bei Chungwa Telecom 30 Euro pro Monat mit ebenfalls unbegrenztem Daten­volumen, egal ob es ein paar Megabyte, Giga- oder Terabyte sind, wohlgemerkt im Mobilfunk. Zwar habe Taipei ein flächen­deckendes kostenloses WLAN-Netz, aber das werde kaum noch genutzt, weil die Mobilfunk­netze flächen­deckend und bezahlbar seien.

Auf der Mitglieder­versammlung des DVTM in Köln zeigte Pallenberg auch, welche Technologien in Asien längst gang und gäbe sind, wie etwa kostenlose Ladestationen an U-Bahn-Stationen. Lesen Sie dazu mehr in einer weiteren Meldung.

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