Brandbrief

Wirtschaft warnt vor Rückkehr des Telekom-Monopols

Zahlreiche deutsche Wirtschaftsverbände haben gemeinsam einen Brandbrief an das Kanzleramt geschrieben: Sie sehen durch die exklusiven Vectoring-Pläne der Telekom den Standort Deutschland gefährdet.
Von Marie-Anne Winter

Netzausbau: Wirtschaftsverbände warnen vor Rückkehr des Teleom-Monopols Netzausbau: Wirtschaftsverbände warnen vor Rückkehr des Teleom-Monopols
Bild: dpa
Die Pläne der Deutschen Telekom, den Ausbau des Breitbandnetzes exklusiv voranzutreiben, rufen in der deutschen Wirtschaft heftigen Widerstand hervor. In einem Brief an Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), der dem Handelsblatt vorliegt, warnen nicht nur die Telekom-Konkurrenten über deren Verbände Breko, Buglas und VATM vor einem monopolistischen Ausbau mit Hilfe der Vectoring-Technik. Auch der Industrie- und Handelskammertag, der Landkreistag, der Städtetag, der Verband Netzausbau: Wirtschaftsverbände warnen vor Rückkehr des Teleom-Monopols Netzausbau: Wirtschaftsverbände warnen vor Rückkehr des Teleom-Monopols
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kommunaler Unternehmen, der Bauernverband, die Wohnungswirtschaft (GdW), der Einzelhandel (HDE) und sogar das Handwerk (ZDH) laufen Sturm gegen das Vorhaben der Telekom.

"Es geht um eine politische Grundsatzentscheidung mit so weitreichenden Auswirkungen für Deutschland, dass die Politik ihrer ordnungspolitischen wie infrastrukturpolitischen Verantwortung gerecht werden muss", heißt es in dem Brief. Deutschland werde international den Anschluss verlieren, der Ausbau des Breitbandnetzes werde sich verlangsamen und nicht beschleunigen.

Zuviele Weichmacher

Sie sehen mit "großer Sorge", dass nun "nach fast 20 Jahren erfolgreichen Wettbewerbs" wieder darüber nachgedacht werde, einem einzigen Unternehmen den monopolistischen Ausbau von Breitband-Internet mit Hilfe der Vectoring-Technologie zu gestatten. Die Wettbewerber klagen auch darüber, dass die Selbstverpflichtung der Telekom zahlreiche "Weichmacher" enthalte.

Die Telekom will sich vertraglich verpflichten, bis Ende 2018 rund sechs Millionen Haushalte mit schnellem Internet auszurüsten, indem sie bestehende Kupferleitungen entsprechend aufrüstet. Dies geht schneller und ist preiswerter als neue Glasfasernetze zu verlegen. Im Gegenzug verlangt die Telekom den exklusiven Zugang zu den Hauptverteilern im Nahbereich des Telefonnetzes. "Eine solche Verpflichtung auch zum Überbau zahlreicher, bereits bestehender NGA-Infrastrukturen, insbesondere Glasfaser- sowie TV-Breitbandkabel, wäre in Deutschland und in Europa einzigartig und fügt dem Infrastrukturwettbewerb großen Schaden zu", warnen die Verbände.

Nur Glasfaser ist langfristig zukunftsträchtig

Die Telekom hingegen argumentiert, dass sie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkomme und auf eigenen Kosten den Netzausbau vorantreibe. Außerdem bekäme der Regulierer ständig ausführliche Informationen zum Ausbaustand und könne Strafen verhängen, wenn die Telekom schuldhaft ihrer Verpflichtung nicht nachkomme. Die Konkurrenten halten die in Vertrag vorgesehene Strafe von 2500 Euro pro nicht erschlossenem Hauptverteiler für zu gering - wenn die Telekom gar nicht ausbaue, würde sie das gerade mal 15 Millionen Euro Strafe kosten.

Ein weiteres Argument der Wettbewerber ist, dass ein flächendeckender Ausbau der Vectoring-Technik auf Kosten eines zukunftsträchtigeren Ausbaus von Glasfaser- oder Kabelnetzen ginge, mit denen noch viel höhere Übertragungsgeschwindigkeiten möglich sind, als mit der Vectoring-Technik. Vectoring gilt als Übergangstechnologie, mit einem massiven Ausbau dieser absehbar schnell überholten Technik würde der Weg in die Gigabit-Gesellschaft unnötig verlangsamt. Angesichts der rasant fortschreitenden Digitalisierung brauche die Wirtschaft langfristig deutlich höhere Kapazitäten als die von der Regierung derzeit angepeilten 50 MBit/s, die bis 2018 in der Fläche erreicht werden sollen. Das sei aber nur durch den konsequenten Ausbau von Glasfasernetzen möglich.

Mehr zu den Argumenten der Telekom und der Wettbewerber finden Sie in einer weiteren Meldung.

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