Themenspezial: Verbraucher & Service Urteil

01806-Nummer für Kundenservice-Hotline verboten

Noch immer gibt es Kunden­ser­vice-Hotlines, die ausschließ­lich über eine 0180-Nummer erreichbar sind. Das LG Hamburg schiebt dem nun einen Riegel vor - mit inter­essanten Hinweisen zur Tarif-Gestal­tung.
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Urteil zu Holine-Kosten bei Hermes Urteil zu Holine-Kosten bei Hermes
Bild: Hermes / Willing-Holtz
Obwohl es einen Trend gibt, dass Firmen ihren Kunden­ser­vice über 0800- und Orts­netz-Rufnum­mern anbieten, gibt es immer noch zahl­reiche Unter­nehmen, die ihre Kunden auf teuren 0180-Rufnum­mern anrufen lassen. Das beweist die Wich­tig­keit des 0180-Tele­fon­buchs von teltarif.de.

Das LG Hamburg hat zur Verwen­dung einer 01806-Hotline für den Kunden­ser­vice ein inter­essantes Urteil gefällt, in dem sich das Gericht auch mit der Preis­gestal­tung und vor allem der Preis-Erwar­tung des Kunden beschäf­tigt. Erfahren haben wir von dem Urteil durch die Kanzlei Dr. Bahr.

Hinweis auf Passus im Bürger­lichen Gesetz­buch

Urteil zu Holine-Kosten bei Hermes Urteil zu Holine-Kosten bei Hermes
Bild: Hermes / Willing-Holtz
Erstritten hat das Urteil (Az.: 312 O 139/20) der vzbv, und zwar gegen den Paket-Dienst­leister Hermes.

Bei einer 01806-Rufnummer fallen für den Anrufer Kosten von 20 Cent pro Anruf aus dem Fest­netz und von bis zu 60 Cent pro Anruf aus dem Mobil­funk­netz an, egal wie lange das Tele­fonat dauert. Das verstößt laut dem LG Hamburg gegen § 312a Abs. 5 BGB und ist damit rechts­widrig. Im BGB heißt es:

(5) Eine Verein­barung, durch die ein Verbrau­cher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass der Verbrau­cher den Unter­nehmer wegen Fragen oder Erklä­rungen zu einem zwischen ihnen geschlos­senen Vertrag über eine Rufnummer anruft, die der Unter­nehmer für solche Zwecke bereit­hält, ist unwirksam, wenn das verein­barte Entgelt das Entgelt für die bloße Nutzung des Tele­kom­muni­kati­ons­dienstes über­steigt. Ist eine Verein­barung nach Satz 1 unwirksam, ist der Verbrau­cher auch gegen­über dem Anbieter des Tele­kom­muni­kati­ons­dienstes nicht verpflichtet, ein Entgelt für den Anruf zu zahlen. Der Anbieter des Tele­kom­muni­kati­ons­dienstes ist berech­tigt, das Entgelt für die bloße Nutzung des Tele­kom­muni­kati­ons­dienstes von dem Unter­nehmer zu verlangen, der die unwirk­same Verein­barung mit dem Verbrau­cher geschlossen hat.

Welcher Tarif ist heut­zutage "normal"?

Dass Hermes eine Kunden­ser­vice-Hotline mit einer 01806-Rufnummer geschaltet hatte, stufte das LG Hamburg als Rechts­ver­stoß ein. Der Passus im BGB sei dahin­gehen auszu­legen, dass "die Kosten eines auf einen geschlos­senen Vertrag bezo­genen Anrufs unter einer von einem Unter­nehmer einge­rich­teten Service-Rufnummer die Kosten eines Anrufs unter einer gewöhn­lichen geogra­fischen Fest­netz­nummer oder einer Mobil­funk­nummer nicht über­steigen dürfen (...)." Die von Hermes ange­setzten 20 Cent (Fest­netz) bzw. max. 60 Cent (Mobil­funk) pro Anruf würden die Kosten unter einer gewöhn­lichen geogra­fischen Fest­netz­nummer oder einer Mobil­funk­nummer über­steigen.

Hermes hatte zum Vergleich den Fest­netz-Stan­dard­tarif der Deut­schen Telekom mit Kosten von 6,2 Cent für eine Gesprächs­dauer von 1,5 Minuten ange­geben und argu­men­tiert, dass wenn man rund 4,5 Minuten für das Tele­fonat brau­chen würde, dann auch wieder etwa 20 Cent für das Tele­fonat anfallen. Das hielt der vzbv für unrea­lis­tisch und argu­men­tierte: Wenn Hermes eine Fest­netz-Nummer anbieten würde, würde der Anruf für Kunden mit einer Fest­netz- oder Allnet-Flat gar nichts extra kosten.

Für Kunde darf durch Preise keine Hürde entstehen

Dazu urteilte das Gericht: Hinsicht­lich des Ansatzes von maximal 60 Cent für Anrufe aus dem Mobil­funk­netz hat der vzbv im Verfahren vorge­tragen "und unter Beweis gestellt", dass Flat­rate-Tarife in Deutsch­land üblich seien. Hermes sei dem "nicht ausrei­chend entge­gen­getreten". Der pauschale Vortrag zu "komplexen Preis­sys­temen" habe nicht genügt. Außerdem würden bei einem 4,5-Minuten-Anruf zu je 6,2 Cent pro Anruf im Fest­netz die Kosten mit 18,6 Cent immer noch unter den 20 Cent der 01806-Hotline liegen

Hermes hat anders als im Fest­netz­bereich also nicht darge­legt, welche Tarife im Mobil­funk­bereich außer Flat­rate-Tarifen verbreitet sind. Da die Kosten von maximal 60 Cent die Kosten über­steigen, die einem Flat­rate-Kunden entstehen, ist nach Auffas­sung des Gerichts mit der 01806-Hotline auch inso­weit ein Verstoß gegen § 312a Abs. 5 BGB gegeben. Die Kosten für einen Hotline-Anruf dürften nicht dazu führen, dass für den Verbrau­cher dadurch eine Hürde entsteht, die Hotline über­haupt anzu­rufen. Hermes gibt auf der Home­page inzwi­schen die Hotline-Nummer 040-593551111 im Fest­netz an.

Kürz­lich hatte beispiels­weise die Deut­sche Bahn ihre Hotlines auf Fest­netz-Nummern umge­stellt.

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