Interview

"Wenn VDSL nicht geht, machen wir halt ADSL2+"

Arcor-Chef Harald Stöber im Gespräch mit teltarif.de
Von Marie-Anne Winter

Im Rahmen der CeBIT hatten wir Gelegenheit, uns die IPTV-Angebote von Arcor näher anzusehen und mit dem Vorstandsvorsitzenden von Arcor, Harald Stöber, zu sprechen. Wir fragten ihn unter anderem nach konkreten Schritten, die das Unternehmen gehen wolle, um die angepeilten Fernseh-Angebote per VDSL realisieren zu können. Herr Stöber hatte auf der Pressekonferenz heute morgen betont, dass Arcor die Leerrohre der Telekom mitbenutzen wolle. Die Investitionskosten seien für "Klein-Arcor" viel zu hoch, wenn das Unternehmen die VDSL-Glasfaser selbst vergraben müsse. Hier sei der Regulierer gefragt, um echten Wettbewerb zu schaffen. Auf die Frage: "Was tun Sie denn, wenn die Telekom nicht mit macht und Ihnen den Zugang zu ihrer VDSL-Infrastruktur verweigert?" antwortete Stöber: "Dann machen wir halt ADSL2+. Damit können wir unsere geplanten IPTV-Angebote auch realisieren - nur mit weniger Bandbreite und geringerer Reichweite." Das könne allerdings schon eng werden, wenn man mehrere Fernseh-Geräte an einem Anschluss betreiben wolle. "Aber wir werden was VDSL betrifft hartnäckig sein."

Herr Dr. Albers, Bereichsleiter Unternehmenskommunikation, ergänzte: "VDSL ist eine richtig teure Sache, der Aufbau der Infrastruktur lässt sich für ein einziges Unternehmen eigentlich gar nicht wirtschaftlich sinnvoll darstellen." Viel interessanter werde es, wenn mehrere Unternehmen in diesen Bereich kooperierten und sich die Investitionen entsprechend teilten. Man müsse auch abwarten, was das Vertragsverletzungsverfahren bewirke, das die EU wegen der Regulierungsfreiheit für das VDSL-Netz der Telekom eingeleitet habe.

"Herr Stöber, Sie sagten am Wochenende gegenüber der Welt, dass bei den DSL-Preisen noch Luft ist. Was bedeutet das konkret?" "Nun, das bedeutet, dass wir auf jeden Fall noch mitgehen können, wenn die Telekom die nächste Preisrunde einläutet." "Wo liegt denn Ihre Schmerzgrenze? Oder werden Sie die Telekom immer unterbieten?" "Immer ist ein Wort, das ich gar nicht kenne. Natürlich gibt es eine Schmerzgrenze. Aber die nächste Preisrunde der Telekom können wir auf jeden Fall noch mitgehen."

Arcor verspricht besseren Kunden-Service

"Ein weiteres Thema, das wir noch ansprechen müssen, ist der Kunden-Service. Arcor-Kunde werden, ist in der Regel kein Problem - aber wenn man ein Problem hat, wird man es so schnell nicht wieder los. Wir wissen teilweise aus eigener Erfahrung, hören aber auch von vielen Lesern, dass es gerade beim Kunden-Service immer wieder Schwierigkeiten gibt." Herr Stöber räumte ein, dass es bei einem gewissen Anteil der Anschlüsse tatsächlich Probleme gebe. Bei etwa 4 Prozent der Anschlüssen sei die Telekom für die auftretenden Schwierigkeiten verantwortlich. Gerade wenn es Portierungen von Drittanbietern über die Telekom zu Arcor gebe, sei die Sache oft sehr kompliziert. Aber leider gebe es auch hauseigene Probleme. "Das ist ein Thema mit dem ich überhaupt nicht zufrieden sein kann. Aber wir arbeiten intensiv daran, unsere Mitarbeiter in den Call Centern besser zu schulen. Wir wurden von unserem eigenen Erfolg glatt überrollt, unsere Call Center waren völlig mit dem Kundenansturm überfordert. Ich möchte aber betonen, dass sich da schon viel verbessert hat. Wir haben aber festgestellt, dass viele Mitarbeiter mit der Vielfalt der Fragen, insbesondere wenn es sich um technische Probleme handelt, überfordert sind und daher falsch entscheiden. Die Probleme werden dann nicht richtig aufgenommen und die Kundenanfragen entsprechend falsch oder gar nicht bearbeitet. Das darf natürlich nicht sein. Daher haben wir nun Fragehilfen und Entscheidungsbäume entwickelt, die wir den Mitarbeitern an die Hand geben, damit sie die Probleme besser eingrenzen und entsprechend auch besser entscheiden können, was das Problem ist - und dann richtig reagieren, etwa in dem sie einen Techniker losschicken."

Auch werde derzeit neue Technik installiert, mit der der jeweilige Anschluss bis zum Kunden durchgemesssen werden könne. Teilweise gebe es aber auch Hardware-Probleme, die nichts mit der Infrastruktur zu tun hätten. So sei nicht immer die Leitung schuld, wenn plötzlich der Datenstrom versiege. "Wir hatten gerade einen solchen Fall. Der Techniker hat dann vor Ort das Modem aus der Dose gezogen und ein anderes dran gehängt - damit war das Problem behoben. Aber da muss man halt erst einmal drauf kommen."

"Eine Service-Offensive brauchen wir zum Glück nicht"

"Bedeutet das also, dass es nach der angekündigten Service-Offensive bei der Telekom auch eine Service-Offensive bei Arcor geben wird?" "Ach, eine Service-Offensive brauchen wir zum Glück nicht. Wir haben den Service in den vergangenen beiden Jahren schon sehr verbessert und wir bleiben dran." "Zurück zu Ihrem IPTV-Test-Angebot, das Sie in Kassel testen werden. Wie sind Sie eigentlich auf Kassel gekommen?" "Zum einen haben wir vor einiger Zeit die Netcom Kassel gekauft und somit eine sehr gute Infrastruktur, die wir dort für unseren Piloten benutzen können. Zum anderen ist Kassel eine Stadt, die zwar keine Großstadt mehr ist, aber schon groß genug um auf eine relevante Kundenzahl zu kommen. Wir wollen schließlich in die Breite gehen. Wir möchten ja nicht nur die zehn, zwölf großen Städte in Deutschland erreichen, sondern auch in kleineren Orten mit unserem Angebot vertreten sein. In Kassel wollen wir auch sehen, wie sich so ein Angebot in einer kleineren Stadt entwickelt. Für den Test im Mai wollen wir 500 bis 1 000 Kunden erreichen, damit können wir schon sehen, wie es läuft. Im Sommer werden wir dann richtig durchstarten."

In Kassel sollen, wie schon in unserer Meldung von heute morgen beschrieben, auch verschiedene Möglichkeiten der Inhouse-Versorgung erprobt werden. So soll beispielsweise das eventuell vorhandene Coax-Kabel oder das Stromnetz für die Datenübertragung im Haus bzw. in der Wohnung genutzt werden. Wichtig sei, dass keine neue Infrastruktur beim Kunden verlegt werden müsse, sondern die bereits vorhandene genutzt werden kann. Beim Pilot-Projekt in Kassel wird Powerline-Technik von devolo eingesetzt, Arcor testet aber auch andere Lösungen.

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