Verteidigung

Bayern: Justizministerin verteidigt VoIP-Lauschangriff

Bundesverfassungsgericht: NRW-Gesetz auf der Kippe
Von dpa / ddp / Thorsten Neuhetzki

Im Zusammenhang mit der politischen Debatte um Online-Durchsuchungen hat die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) das Abhören von Internet-Telefonaten durch das Landeskriminalamt verteidigt. Dies sei im strafrechtlichen Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen genauso erlaubt, wie das Abhören von Handy- oder Festnetztelefonaten, teilte Merk mit. Mit der Online-Durchsuchung von Computern, die ab heute das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beschäftigt, habe diese Form des Abhörens nichts zu tun.

"Mich stört an der aktuellen Diskussion gewaltig, dass hier verschiedene Dinge miteinander vermischt werden", beklagte die Ministerin. Die Online-Durchsuchung von Daten, die auf einer Festplatte gespeichert sind, sei zur Zeit mangels gesetzlicher Grundlage nicht möglich. Beim Abhören von Internet-Telefonaten handle es sich aber um Daten, die an eine andere Person übermittelt werden. Es gehe also um die Überwachung eines Telekommunikationsvorganges, stellte Merk klar. Dabei könne auch eine Verschlüsselung überwunden oder umgangen werden. "Es kann und darf hier keine rechtsfreien Räume geben, wenn es um erhebliche Straftaten geht."

NRW-Gesetz zur Online-Durchsuchung auf der Kippe

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über Vorschriften des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetzes. Dort ist das heimliche Ausspähen privater Computer derzeit erlaubt. Diese einzige bislang in Deutschland geltende Rechtsgrundlage für heimliche Online-Durchsuchungen von Computern hat voraussichtlich jedochkeinen Bestand. Das wurde am heute in Karlsruhe bei der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über das seit Ende 2006 geltende Verfassungsschutzgesetz von Nordrhein-Westfalen deutlich. Es erlaubt ausdrücklich einen "heimlichen Zugriff auf informationstechnische Systeme". Der Erste Senat machte durch mehrere kritische Fragen an die Landesregierung deutlich, dass das Gesetz unklar formuliert ist und damit wohl schon dem "Gebot der Normenklarheit" widerspricht.

Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier kündigte zugleich ein Grundsatzurteil zur Online-Durchsuchung an, das "weit" über das NRW-Gesetz hinaus Bedeutung haben werde. Es gehe um "grundlegende Fragen im Spannungsverhältnis von Freiheit und Sicherheit" angesichts neuartiger terroristischer Bedrohungen. Zu klären ist, ob und unter welchen Voraussetzungen Sicherheitsbehörden Heimcomputer über das Internet ausspähen und heimlich nach gespeicherten Daten durchsuchen dürfen. Mit dem Urteil wird frühestens Januar 2008 gerechnet.

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