vor Gericht

Anleger-Prozess: Telekom lehnt Vergleichsvorschlag ab

Richter versprechen Bemühung um eine Entscheidung "in angemessener Zeit"
Von ddp / Björn Brodersen

Zum Auftakt des größten Anleger-Prozesses der deutschen Rechtsgeschichte vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ist ein Vergleich gescheitert. Die Anwälte der beklagten Deutschen Telekom lehnten einen Vergleichsvorschlag ab, da die Klage unbegründet sei. In dem Musterprozess um die umstrittene Aktienemission des Bonner Unternehmens im Frühjahr 2000 stritten die Verfahrensbeteiligten zum Auftakt vor allem um die Auslegung des eigens für das Mammutverfahren erlassenen Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG21).

Die Vertreter der Anleger regten zum Prozessauftakt vor dem 23. Zivilsenat einen Vergleich an, um ein langwieriges und kostenintensives Verfahren zu verhindern. Telekom-Anwalt Bernd-Wilhelm Schmitz lehnte den Vorschlag "mit Rücksicht auf die drei Millionen nichtklagenden Aktionäre" ab. Zudem sei die Klage unbegründet. Die Telekom-Aktionäre werfen dem Bonner Unternehmen vor, in einem ihrer Verkaufsprospekte im Frühjahr 2000 nicht auf die Risiken bei der milliardenschweren Übernahme des US-Mobilfunkunternehmens VoiceStream hingewiesen zu haben. Zudem sei das Immobilienvermögen der Telekom zu hoch angesetzt gewesen.

Musterkläger verlor 1,2 Millionen Euro durch das Börsengeschäft

Um die Klagelawine von ursprünglich 17 000 Anlegern bewältigen zu können, erließ das Bundeskabinett im November 2005 das KapMuG. Der Vorsitzende Richter Christian Dittrich bezeichnete das Gesetz in seinen einleitenden Erörterungen am Montag als "unfreiwilligen Zusammenschluss von Klägern zu einer gemeinsamen Beweisaufnahme". Dementsprechend sei das durch den Gesetzgeber geschaffene Verfahren "zäh, langwierig und ungeeignet", insbesondere weil das KapMuG gar keinen Vergleich vorsehe. Richter Dittrich versprach den teilweise hochbetagten Anlegern dennoch, sich "in angemessener Zeit" um eine Entscheidung zu bemühen.

Zum Musterkläger hat das OLG einen ehemaligen Telekom-Aktionär aus Baden-Württemberg ernannt. Der Kläger hat durch das Börsengeschäft nach Angaben seines Anwalts Andreas Tilp 1,2 Millionen Euro verloren und seine Aktien im November 2005 verkauft. Tilp zeigte sich zum Prozessauftakt zuversichtlich, für seinen Mandanten Schadensersatz für die erlittenen Verluste erstreiten zu können: "Der Ball liegt jetzt im Feld der Telekom."

An den ersten beiden Prozesstagen will das Gericht einen aus zwölf Klagen zusammengestellten Vorlagenbeschluss mit 187 Streitpunkten durcharbeiten. Am dritten Prozesstag soll dann unter anderen auch der Ex-Telekomchef Ron Sommer als Zeuge gehört werden. Der 23. Zivilsenat des OLG hat für die exemplarische Klärung des Streits zunächst 17 Verhandlungstage anberaumt.

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