BNetzA gibt VATM Recht: Telekom hat Wettbewerb behindert
Der VATM hat sich bei der Bundesnetzagentur über Wettbewerbsverhinderung durch die Telekom beschwert. Mit Erfolg.
Foto: M-Net, Logos: BNetzA/VATM, Montage: teltarif.de
Jetzt ist es amtlich, im Amtsblatt Nr. 16 vom 2. September 2020 stellt die Bundesnetzagentur (BNetzA) in Mitteilung 235/2020 fest, dass auf Grund des Antrags des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), der BT (Germany) GmbH & Co. oHG, Colt Technology Services GmbH, ecotel communication ag, envia TEL GmbH, EWE TEL GmbH, HL komm Telekomunikations GmbH, Plusnet GmbH und Vodafone GmbH auf Einleitung eines Missbrauchsverfahrens unter dem Aktenzeichen BK2c-19/032 ein Beschluss gefasst wurde.
Marktmacht ausgenutzt
Der VATM hat sich bei der Bundesnetzagentur über Wettbewerbsverhinderung durch die Telekom beschwert. Mit Erfolg.
Foto: M-Net, Logos: BNetzA/VATM, Montage: teltarif.de
Demnach habe die Telekom ihre beträchtliche Marktmacht im Geschäftskundenmarkt „missbräuchlich ausgenutzt“, ihre Konkurrenten behindert und deren Wettbewerbsmöglichkeiten erheblich beeinträchtigt. Für den „Zugang zu Teilnehmeranschlüssen mit hoher Qualität“ hat die Regulierungsbehörde jetzt verbindliche Regeln festgelegt, mit denen eine deutlich bessere Qualität gerade bei für die Wirtschaft wichtigen Telekommunikationsleistungen sichergestellt werden soll. Die Telekom muss nun ihre Angebote an die Wettbewerber unter anderem hinsichtlich deutlich kürzerer Bereitstellungszeiten nachbessern.
Antragsteller zufrieden
Das freut die Antragssteller wie den VATM und die beschwerdeführenden Unternehmen: „Solange es noch keine bundesweiten alternativen Gigabit-Netze gibt - und das wird noch zehn Jahre dauern -, sind die Wettbewerberunternehmen bei der Realisierung von Geschäftskundenanschlüssen in ganz Deutschland auf das Kupfernetz der Telekom und deren Vorprodukte angewiesen“, sagt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.
Der VATM hatte das Missbrauchsverfahren bereits 2019 gemeinsam mit acht seiner Mitgliedsunternehmen angestoßen. Der VATM betont, als einziger Verband in Deutschland einen Großteil der Wettbewerberunternehmen, welche die Wirtschaft mit speziellen Geschäftskundenangeboten versorgen, zu vertreten.
Quälend lange Lieferzeiten
Die BNetzA hat festgestellt, dass sich die Telekom vertraglichen Regelungen zu angemessenen Fristen für Auftragsbestätigungen und Produktbereitstellungen sowie zu Vertragsstrafen bislang „missbräuchlich verweigert“. Zudem wurde untersucht, die bis zur tatsächlichen Bereitstellung eines Produkts vergangen sind: Im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019 waren es 71, maximal sogar 696 (!) Arbeitstage. Zuletzt hatten sich die Laufzeiten immer weiter verschlechtert, so dass sich der VATM zum Handeln gezwungen sah und die Einleitung eines sogenannten Missbrauchsverfahrens beantragte.
„Schlechte Termintreue der Telekom bedeutet, dass sowohl der Geschäftskunde als auch der Wettbewerb Schaden nehmen. Die faire Teilnahme an Ausschreibungen der Wirtschaft wurde hierdurch oftmals verhindert. Hier war ein Eingreifen dringend geboten“, fasst Grützner zusammen. Auch vom VATM geforderte Strafen für Verstöße gegen die neuen Regeln sind nun vor- gesehen. Die BNetzA sieht ein wirksames Druckmittel – Sanktionierung mit Vertragsstrafe – als erforderlich an, um Bereitstellungsfristen auch verbindlich wirken zu lassen.
Kürzere Fristen, höhere Strafen
Dabei hatte der Verband noch kürzere Fristen und höhere Vertragsstrafen gefordert. Die BNetzA plant sich die Bereitstellungsfristen noch genauer anzusehen. Der VATM freut sich: Die Entscheidung ist zudem eine gute und wichtige Grundlage für unsere weiteren Verhandlungen mit der Telekom. Dabei ist man nicht auf Streit gebürstet: „Denn wir wollen auch in Zukunft, wo immer möglich, die Einigung im Markt.“
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Dass die Telekom den Markt lieber nach ihren Vorstellungen gestalten und vor allen Dingen ihre eigenen Kosten senken will, ist nachvollziehbar. Historische Sonderprodukte (neudeutsch "legacy") sind teuer und machen keine Freude, also würde man sie liebend gerne einstellen oder die kompletten Aufträge gerne selber an Land ziehen. Oder das notwendige Personal für solche Sonderlösungen wurde eingespart, wodurch solche Aufträge natürlich liegen blieben.
Der VATM hat sich bei der Bundesnetzagentur offiziell beschwert und Recht bekommen. Damit hat die BNetzA gezeigt, dass fundierte und gut begründete Kritik an der Telekom durchaus Erfolg haben kann. Der VATM weiß aber auch, dass man nur gemeinsam mit der Telekom zum Ziel kommen kann.