Regulierungsantrag

Wettbewerber: "Telekom greift das Herzstück der Regulierung an"

Die Deutsche Telekom will offen­bar schon in Kürze bei der Bundes­netz­agentur die Neu-Regu­lierung der TAL be­an­tragen, heißt es von Wett­bewer­bern der Telekom. Sie will im Nah­bereich der Ver­mittlungs­stellen VDSL Vectoring ein­führen. Die Folge: Wett­bewerber müssten ihre VDSL-Technik aus den Ver­mittlungs­stellen aus­bauen.
Von Thorsten Neuhetzki

VDSL: Telekom will offenbar neuen Regulierungsnatrag stellen. VDSL: Telekom will offenbar neuen Regulierungsnatrag stellen.
Foto: Telekom
Derzeit realisieren einige Netzbetreiber ihren VDSL-Zugang zum Kunden über die Vermittlungs­stellen der Deutschen Telekom. Doch nach Angaben des Branchen­verbandes Breko soll damit schon bald Schluss sein. Denn die Deutsche Telekom will in Kürze einen Regulierungsantrag zum Einsatz von VDSL2-Vectoring in einem Radius von durchschnittlich rund 550 Metern um die deutschlandweit etwa 7 900 Vermittlungsstellen (Hauptverteiler - Hvt), dem sogenannten Hvt-Nahbereich, bei der Bundes­netzagentur einreichen, heißt es vom Breko. Das Ziel der Telekom: Sie will selber VDSL Vectoring und somit im ersten Schritt bis zu 100 MBit/s im Downstream anbieten. Der Antrag wird wohl am Montag bei der Bundes­netzagentur eingereicht, heißt es aus Branchenkreisen.

VDSL Vectoring kann pro Anschlussbereich bzw. Kabel­verzweiger von nur einem Anbieter realisiert werden. Der Breko befürchtet, dass die Telekom mit der Schaffung eines exklusiven Bereiches um die Vermittlungs­stellen herum eine Re-Mono­polisierung dieses Bereiches einhergeht. Für die Kunden in diesem Bereich bedeutet das, das sie hier VDSL technisch nur noch von der Telekom bekommen (aber zu einem anderen Anbieter die Kunden­beziehung pflegen können), jedoch auch mehr Bandbreite bekommen. Denn derzeit sind in der Regel nur 50 MBit/s rund um die Hvts möglich, in einigen kleinen Teilbereichen sogar nur 16 MBit/s, weil die Anschlüsse der Kunden über Kabelverzweiger im Hvt-Nahbereich realisiert werden. Dort ist gar kein VDSL zugelassen.

Der Breko begrüßt in einem unserer Redaktion vorliegenden schriftlichen Statement grundsätzlich jede Erhöhung der Bandbreiten zu geringen Kosten, bezeichnet aber den Einsatz von VDSL Vectoring im Hvt-Nahbereich nicht als effektive Maßnahme zur flächen­deckenden Breitband­versorgung bislang unterversorgter Gebiete. Diese befänden sich zumeist weiter entfernt von Vermittlungsstellen. Dennoch fordert der Breko, dass die Deutsche Telekom für diese Gebiete nicht auf einen exklusiven Einsatz von VDSL Vectoring abzielen sollte, sondern auch der Nahbereich allen Wettbewerbern gleichermaßen offenstehen sollte. Breko-Präsident Norbert Westfal sieht "keinen vernünftigen Grund, die Deutsche Telekom hier einseitig zu bevorzugen - schließlich will sich auch der Wettbewerb maßgeblich engagieren."

VATM: "Einstieg in den Ausstieg aus den entbündelten Anschlüssen"

VDSL: Telekom will offenbar neuen Regulierungsnatrag stellen. VDSL: Telekom will offenbar neuen Regulierungsnatrag stellen.
Foto: Telekom
Mit einem solchen Antrag würde die Telekom die Wettbewerber mit ihrer eigenen Infrastruktur aus den Vermittlungs­stellen kündigen - zumindest in Bezug auf VDSL. Für Jürgen Grützner, den Chef des zweiten großen deutschen Telekom-Wettbewerber-Verbandes VATM, ist das der "Einstieg in den Ausstieg aus den entbündelten Anschlüssen", wie er im Gespräch mit teltarif.de sagte. Denn schon vor Jahren hat die Telekom angekündigt, ihr heutiges Hvt-Netz (Hvt=Hauptverteiler) zurückzubauen. Von derzeit 8 000 Standorten sollen am Ende nur noch 900 übrig bleiben. Das Problem für die Wettbewerber: Sie haben viele Vermittlungsstellen mit eigenen Glasfaserstrecken und eigener Technik auf Kollokationsflächen erschlossen. Künftig sollen sie ein Bitstream-Produkt von der Telekom beziehen, die eigene Hardware würde nicht mehr benötigt. Für die Wettbewerber keine wirkliche Alternative, da sie auf den eigenen Infrastruktur­ausbau verzichten müssten.

VATM befürchtet mittelfristigen Rückbau der Hvts

Für Grützner ist die TAL das Herzstück der Regulierung. Diese soll nun zumindest für VDSL nicht mehr zur Verfügung stehen. Er befürchtet, dass es sich dabei nur um einen ersten Schritt handelt. Denn neben dem Rückbau der Hvts wird auch die Breitbandnachfrage der Kunden steigen, so dass herkömmliches DSL (ADSL2+ mit bis zu 16 MBit/s) unwichtiger wird und die Investments der Netzbetreiber sich so nicht mehr rechnen. Der VATM sieht eine Entwertung von Infrastruktur der Wettbewerber auf sich zurollen.

Es sei das falsche Signal für Investoren, die die privaten Anbieter tragen, wenn nun über die Entwertung bereits getätigter Investments gesprochen wird. Er sprach von einer weiteren Behinderung des flächendeckenden Brietbandausbaus, den die Bundesregierung anstrebt. Dieses Problem sieht auch Breko. Vizepräsident Johannes Pruchnow: "Bereits getätigte Investitionen der alternativen Netzbetreiber müssen geschützt werden." Schon die Diskussion um eine Re-Monopolisierung des Hvt-Nahbereichs führe zu einer massiven Verunsicherung bei investitionswilligen Netzbetreibern. Nach Breko-Angaben hätten die Alternativanbieter zwischen 2004 und 2013 mehr als 55 Prozent der Innfrastruktur-Investments im Markt gestemmt.

Der VATM kritisiert auch, dass den Wettbewerbern der Zugang zur lukrativen Innenstadt-Versorgung verwehrt wird, wenn die Telekom die VDSL-Versorgung hier für sich alleine beanspruche. Der VDSL fordert einen ähnlichen Weg wie beim VDSL-Vectoring-Ausbau in der Fläche. "Dort, wo unsere Unternehmen bereits einen maßgeblichen Anteil am Breitbandausbau haben, sollten sie auch den Rest der Stadt bauen dürfen. Dass die anderen Regionen durch die Telekom abgedeckt werden können, ist für uns unstrittig", so Grützner.

Telekom bestätigt geplanten Antrag indirekt

Die Telekom bestätigte den Regulierungsantrag gegenüber teltarif.de indirekt. In einer schriftlichen Reaktion gegenüber unserer Redaktion hieß es: "Wir haben mit dieser Reaktion der Wettbewerber gerechnet. Richtig ist, dass wir mit Vectoring im Nahbereich weitere 5,9 Millionen Haushalte in Deutschland mit schnellem Internet (bis zu 100 MBit/s) versorgen könnten. Betroffen wären gerade einmal 135 000 TAL von Konkurrenten - das sind 1,5 Prozent aller TAL." Es gehe dabei nicht um Ausbau in Ballungsgebieten, sondern gerade auch um Kommunen in ländlichen Gebieten. Beispiele: Heimbach (Eifel), Enzklösterle (Schwarzwald), Burg (Spreewald). Auch die Wettbewerber würden vom Nahbereich-Vectoring profitieren, da sie über Vorleistungsprodukte ihren Kunden die hohen Bandbreiten anbieten können. "Im Übrigen begrüßen wir die Ankündigung der Wettbewerber, weiße Flecken außerhalb von Städten und Ballungsräumen mit individuellen und innovativen Lösungen vor allem lokaler und regionaler Netzbetreiber mit Highspeed-Internet zu versorgen", heißt es abschließend.

Mehr Details in weiterer Meldung

Mehr Informationen zu dem Regulierungsantrag haben wir in einer weiteren Meldung zusammengefasst.

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