WhatsApp: EU-Datenschützer bremsen Deutschland aus
Umstrittene Entscheidung des Europäische Datenschutzausschusses
Bild: EDPB / EDSA
Der früheren Hamburgische Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar gilt in Deutschland als einer der wichtigsten Vorkämpfer für den Datenschutz. Doch seine Ambitionen finden nicht einmal im Kreis europäischer Kollegen Anklang oder gar Zustimmung. Wie berichtet wollte Caspar per Anordnung sicherstellen, dass auch nach der Änderung der WhatsApp-Nutzungsbedingungen keine Daten des Chat-Dienstes von der Konzernmutter Facebook genutzt werden.
Dafür ist aber eigentlich die irische Datenschutz-Behörde zuständig, und deswegen konnte Caspar nur für einen Zeitraum von drei Monaten eine Anordnung erlassen. Er wollte sein Vorhaben darum beim Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) vorbringen, um ein EU-weit einheitliches Vorgehen zu ermöglichen. Beim EDSA musste Deutschland nun aber erstmal einen Dämpfer einstecken.
EU-Datenschützer wollen zuerst weitere Untersuchungen
Umstrittene Entscheidung des Europäische Datenschutzausschusses
Bild: EDPB / EDSA
Gestern hat der EDSA eine Dringlichkeits-Entscheidung in der Sache erlassen: Die irische Datenschutz-Behörde soll zunächst keine endgültigen Maßnahmen gegen Facebook ergreifen, sondern eine juristische Untersuchung durchführen. Der EDSA entschied, dass die Voraussetzungen für den Nachweis des Vorliegens eines Verstoßes und der von Deutschland angemahnten Dringlichkeit nicht erfüllt sind.
Auf der Grundlage der vorgelegten Beweise kam der EDSA zu dem Schluss, dass Facebook mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits WhatsApp-Nutzerdaten als (gemeinsamer) Verantwortlicher zum gemeinsamen Zweck der Sicherheit und Integrität von WhatsApp und den anderen Facebook-Unternehmen verarbeitet, auch zum gemeinsamen Zweck der Verbesserung der Produkte der Facebook-Unternehmen. Angesichts der verschiedenen Widersprüche, Unklarheiten und Unsicherheiten, die in den benutzerorientierten Informationen von WhatsApp, einigen schriftlichen Verpflichtungen von Facebook und den schriftlichen Eingaben von WhatsApp festgestellt wurden, kam der EDSA jedoch zu dem Schluss, dass er nicht in der Lage ist, mit Sicherheit festzustellen, welche Datenverarbeitung tatsächlich durchgeführt wird und in welcher Funktion.
Darüber hinaus hätten nicht genügend Informationen vorgelegen, um mit Sicherheit festzustellen, ob Facebook bereits damit begonnen hat, WhatsApp-Nutzerdaten als (gemeinsamer) Verantwortlicher für eigene Zwecke der Marketingkommunikation und des Direktmarketings sowie der Zusammenarbeit mit den anderen Facebook-Unternehmen zu verarbeiten.
Angesichts der Dringlichkeit vertrat der EDSA die Auffassung, dass Art. 61 Abs. 8 DSGVO nicht anwendbar sei, da die Behörde in Hamburg nicht nachgewiesen habe, dass die irische Datenschutz-Behörde im Rahmen eines förmlichen Rechtshilfeersuchens nach Art. 61 DSGVO keine Angaben gemacht habe.
Behörde in Hamburg ist nicht zufrieden
Ulrich Kühn, der stellvertretende Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, sagte zu der Entscheidung: "Die Entscheidung des Europäischen Datenschutzausschusses ist enttäuschend. Das Gremium, das geschaffen wurde, um die einheitliche Anwendung der DSGVO in der gesamten Europäischen Union sicherzustellen, verpasst damit die Chance, sich klar für den Schutz der Rechte und Freiheiten von Millionen Betroffenen in Europa einzusetzen. Er überlässt dies weiterhin allein der irischen Aufsichtsbehörde."
Diese sei trotz der über mehr als zwei Jahre hinweg wiederholten Aufforderung, die Frage des Datenaustausches zwischen WhatsApp und Facebook zu untersuchen und ggf. zu sanktionieren, "in dieser Hinsicht nicht tätig geworden". Dass sie jetzt zu einer Prüfung gedrängt wird, sei "ein Erfolg unserer langjährigen Bemühungen".
Allerdings werde diese "unverbindliche Maßnahme der Bedeutung der Thematik nicht gerecht". Es sei kaum ein Fall denkbar, bei dem vor dem Hintergrund des drohenden Eingriffs in die Rechte und Freiheiten einer sehr großen Zahl von Betroffenen und "deren faktischer Ohnmacht gegenüber monopolartigen Anbietern" der "dringende Handlungsbedarf für konkrete Maßnahmen klarer ins Auge springt". Der EDSA beraube sich damit auch selbst perspektivisch "eines entscheidenden Instruments", um die DSGVO europaweit durchzusetzen. Dies sei "keine gute Nachricht für die Betroffenen und den Datenschutz in Europa insgesamt".
Sollte eine Verbannung von WhatsApp ungerechtfertigt sein, kann für diese bald in der App eine Überprüfung angefordert werden. Ferner dürfen Teilnehmer demnächst laufenden Gruppenanrufen beitreten.