Nachhaltigkeit

EU-Parlament: "Recht auf Reparatur" ist beschlossen

Das Euro­päi­sche Parla­ment hat seinen Stand­punkt zu einem verstärkten "Recht auf Repa­ratur" ange­nommen. Die neuen Regeln sollen zu nach­hal­tigerem Konsum anregen.
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Wer kennt das nicht: Der Drucker, die Kaffee­maschine oder das Radio­gerät ist kaputt. Eine Repa­ratur würde 100 Euro kosten, ein Neugerät dagegen 120 Euro. Selbst Menschen, denen Nach­hal­tig­keit wichtig ist, greifen dann in der Regel zu einem neuen Modell und das alte fliegt auf den Müll. Oft ist es auch so, dass Händler defekte Modelle gar nicht erst repa­rieren, wenn ein neues Gerät gleich viel oder nur wenig mehr kostet. Bei kaputten Geräten mit Garantie wird nicht selten dem Kunden ein Neugerät gelie­fert, statt das alte zu repa­rieren.

Tonnen­weise Abfall

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Bild: picture alliance / Julian Stratenschulte/dpa
Konsum­güter wegzu­werfen, die noch repa­riert werden könnten, hat aller­dings tief­grei­fende Folgen für die Umwelt: Jedes Jahr entstehen in der EU dadurch Emis­sionen in Höhe von 261 Millionen Tonnen CO2-Äqui­valent und 35 Millionen Tonnen Abfall, gleich­zeitig werden 30 Millionen Tonnen Ressourcen verschwendet. Verbrau­chern, die Produkte ersetzen, anstatt sie zu repa­rieren, entstehen pro Jahr rund 12 Milli­arden Mehr­kosten. Einer Studie der Euro­päi­schen Kommis­sion zufolge würden 77 Prozent der EU-Bevöl­kerung eine Repa­ratur einem Neukauf vorziehen.

Am heutigen Dienstag nahm das Euro­päi­sche Parla­ment in Straß­burg mit 590 zu 15 Stimmen bei 15 Enthal­tungen seinen Stand­punkt zu einem verstärkten "Recht auf Repa­ratur" an. Die neuen Regeln sollen zu nach­hal­tigerem Konsum anregen: Sie sollen die Repa­ratur fehler­hafter Waren einfa­cher machen, Abfall redu­zieren und die Repa­ratur­branche fördern.

Repa­rieren statt kaufen – auch nach Ablauf der Garan­tie­zeit

Während der gesetz­lichen Garan­tie­zeit wären Verkäufer demnach verpflichtet, zu repa­rieren anstatt zu ersetzen, wenn eine Repa­ratur gleich viel oder weniger kostet – es sei denn, die Repa­ratur ist nicht machbar oder für den Verbrau­cher ungünstig. Die Abge­ord­neten schlagen zudem vor, die gesetz­liche Garan­tie­zeit um ein Jahr ab dem Zeit­punkt der Repa­ratur zu verlän­gern.

Verbrau­cher sollen das Recht haben, für Geräte wie Wasch­maschinen, Staub­sauger und Smart­phones sowie für Fahr­räder auch nach Ablauf der Garan­tie­zeit eine Repa­ratur zu verlangen. Damit Repa­rieren attrak­tiver wird als Ersetzen, sollen Hersteller für die Dauer der Repa­ratur Leih­geräte zur Verfü­gung stellen. Kann ein Produkt nicht mehr repa­riert werden, könnte statt­dessen ein bereits repa­riertes Produkt ange­boten werden.

Wett­bewerbs­fähiger Repa­ratur­markt und Anreize für Repa­raturen

Hohe Kosten, der schwie­rige Zugang zu Repa­ratur­diensten oder Konstruk­tions­merk­male, die eine Repa­ratur verhin­dern – all das hält Verbrau­cher oft davon ab, ein Produkt repa­rieren zu lassen. Das Parla­ment will deshalb sicher­stellen, dass unab­hän­gige Betriebe, die Repa­raturen und Instand­set­zung anbieten, sowie Endver­brau­cher alle nötigen Ersatz­teile, Infor­mationen und Werk­zeuge zu ange­mes­senen Preisen bekommen.

Über Online-Platt­formen sollen Verbrau­cher Repa­ratur­betriebe (darunter auch soge­nannte Repair-Cafés - Selbst­hil­fewerk­stätten, bei denen in der Regel ehren­amt­liche Mitar­beiter mit Fach­kennt­nisse, etwa Rentner, defekte Geräte repa­rieren) und Verkäufer über­holter Waren in ihrer Nähe finden können. Die Abge­ord­neten schlagen außerdem vor, über natio­nale Repa­ratur­fonds Gutscheine und andere finan­zielle Anreize bereit­zustellen, um Repa­raturen erschwing­licher und attrak­tiver zu machen.

"Dieses Haus hat sich stets für das Recht der Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher auf Repa­ratur einge­setzt", sagt René Repasi (SPD), Mitglied des Euro­päi­schen Parla­ments. "Die Leute wollen die Lebens­dauer ihrer Geräte verlän­gern, aber das ist oft zu kost­spielig oder schwierig. Nun reagieren wir auf diese Forde­rungen. Wir haben eine Reihe von Maßnahmen verab­schiedet, damit Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher sich für eine Repa­ratur statt für ein neues Gerät entscheiden". Ein beson­derer Schwer­punkt liege dabei auf der Unter­stüt­zung unab­hän­giger Werk­stätten und auf finan­ziellen Anreizen. "Wir gehen davon aus, dass der Rat seinen Stand­punkt bald fest­legen wird. Dann können wir mit den Verhand­lungen beginnen, um diese Vorschläge in Gesetze umzu­setzen und den Weg für eine echte euro­päi­sche Kreis­lauf­wirt­schaft zu ebnen."

Auch Geldprä­mien oder Pfand-Systeme sollen nach Empfeh­lung der EU-Kommis­sion die Weiter­ver­wer­tung alter tech­nischer Geräte wie Handys und Laptops ankur­beln.

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