Verschiebung

Mehr Chancen für alle: Mobilfunk-Frequenzvergabe später?

Bestimmte Mobil­funk­lizenzen bei 800, 1800 und 2600 MHz laufen bis 2025 ab. Bei 4 oder mehr Bietern könnte eine Verstei­gerung für Funk­löcher sorgen. Eine mögliche Lösung: Verschie­bung und mehr Roaming.
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Die Bundesnetzagentur überlegt, wie die nächste Frequenzvergabe aussehen könnte und hat Experten um Rat gefragt. Die Bundesnetzagentur überlegt, wie die nächste Frequenzvergabe aussehen könnte und hat Experten um Rat gefragt.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Die nächste Verstei­gerung von Mobil­funk­fre­quenzen steht bis aller­spä­tes­tens 2025 auf dem Plan. Dann laufen Lizenzen im Bereich bei 800 MHz, aber auch 1800 und 2600 MHz ab. Die wenigen Frequenzen müssten dann unter 4 (bisher 3) Netz­betrei­bern verteilt werden. Damit es keine Unter­bre­chung gibt, müsste die Frequenz­ver­gabe schon 2022 oder 2023 statt­finden.

Teure Verstei­gerung mit Risiken und Neben­wir­kungen

Die Bundesnetzagentur überlegt, wie die nächste Frequenzvergabe aussehen könnte und hat Experten um Rat gefragt. Die Bundesnetzagentur überlegt, wie die nächste Frequenzvergabe aussehen könnte und hat Experten um Rat gefragt.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Nach bishe­rigen Regeln wäre das eine teure Verstei­gerung. Die kuriose Folge: Die Preise pro Frequenz­paket würden steigen und alle Netz­betreiber könnten unterm Strich zu wenig Frequenzen bekommen. Das bedeutet: Sie könnten ihre Kunden nicht mehr ausrei­chend oder nur zu sehr hohen Kosten versorgen, weil sie auf höheren Frequenzen mit nied­rigerer Reich­weite wesent­lich mehr Sender aufstellen müssten.

Die Frequenzen bei 800 MHz sind für die Versor­gung des länd­lichen Raumes extrem wichtig. Dort gibt es jetzt einen vierten Bieter, die Firma 1&1. Diese Gemenge­lage könnte dazu führen, dass die vier Inter­essenten in einem Preis­krieg sich gegen­seitig über­bieten und so den Preis für die Lizenzen erneut in extreme Höhen schrauben. Das würde dem Markt viel Geld entziehen, was für den Netz­ausbau fehlt.

Denkbar wäre auch, dass einer der drei bishe­rigen Anbieter in Zukunft nicht mehr genug Frequenzen (Band­breite) bekommt, um seine vorhan­denen Kunden in der Fläche wie bisher gewohnt versorgen zu können. Man müsste also Sender oder Sektoren redu­zieren oder schlimms­ten­falls ganz abschalten. Die Folge wären neue und größere Löcher im Mobil­funk­netz oder lokal stark über­las­tete Funk-Zellen. Das würden insbe­son­dere Menschen im länd­lichen Raum merken. Voda­fone rechnet vor, dass bis zu vier Millionen Nutzer betroffen sein könnten.

Seit einiger Zeit geis­tert daher der Vorschlag durch die Szene, die nächste Auktion zu verschieben - etwa um drei Jahre. Auch wenn es kurios klingt, das hätte sogar für den oder die Newcomer Vorteile. Die Behörde hatte nun Firmen und Orga­nisa­tionen über das weitere Vorgehen befragt.

Telekom, Voda­fone und Telefónica für Verschie­bung

Telekom, Voda­fone und Telefónica (o2) plädieren schon länger dafür, die Auktion für mehrere Jahre zu verschieben, um dann auf einen Schlag alle verfüg­baren und notwen­digen Frequenzen unter allen Inter­essenten zu verstei­gern oder nach anderen Regeln zu verteilen. o2-Telefónica Chef Markus Haas hofft auch darauf, dass in einigen Jahren weitere Frequenzen bei 600 MHz, die aktuell noch für DVB-T2 genutzt werden, dem Mobil­funk zur Verfü­gung gestellt werden könnten.

ZEW und Mono­pol­kom­mis­sion könnten sich mit Verschie­bung anfreunden

Zwei unver­däch­tige Insti­tutionen, zum einen das Wirt­schafts­for­schungs­institut ZEW in Mann­heim und die Mono­pol­kom­mis­sion, welche die Bundes­regie­rung berät, könnten sich damit durchaus anfreunden. Im Prinzip, stellen beide klar, sind Verstei­gerungen das am besten geeig­neten Verga­bever­fahren. Eine Verschie­bung hätte aber auch Vorteile.

Die Zwischen­lösung: Mehr Roaming

Die Mono­pol­kom­mis­sion ist der Ansicht, dass bei einer Verlän­gerung der Funk­lizenzen um drei Jahre und einer entspre­chend späteren Auktion auch Neuein­steiger (z.B. 1&1 oder noch ganz neue Anbieter) einen "gleich­wer­tigen Anteil am Flächen­spek­trum" erwerben könnten. Ausbau­auf­lagen zur Flächen­ver­sor­gung sollten strikt an den Zeit­punkt der Frequenz­ver­gabe gebunden werden.

Das ZEW gutachtet ähnlich. Ein späteres Verga­bever­fahren, bei der es viele Frequenzen auf einmal gäbe, würde „einem Neuein­steiger eher ermög­lichen, sich eine kompe­titive Ausstat­tung zu sichern“. Denn: „Markt­ein­tritt wird umso leichter, je mehr Frequenzen zur Vergabe stehen.“

Den Fach­leuten ist klar, dass eine Verlän­gerung der bestehenden Lizenzen für 1&1 zunächst Nach­teile hätte. Die Lösung sieht so aus: „Tempo­räres Roaming könnte einen Teil der Ungleich­behand­lung aufheben.“

Roaming Abkommen gibt es schon

So ein Roaming-Abkommen gibt es schon zwischen 1&1 und o2 - Kenner gehen davon aus, dass solche Abkommen noch ausge­weitet werden müssten, viel­leicht sogar auch mit der Telekom und Voda­fone. Dadurch könnten die Frequenzen auch effi­zienter genutzt werden.

Verschie­dene Denk­modelle

Bei der Stra­tegie zum flächen­deckenden Netz­ausbau stoßen verschie­dene Denk­schulen aufein­ander. Die einen wünschen sich ein bundes­weit flächen­deckendes Netz und halten dafür einen Anbieter für ausrei­chend. Der Nach­teil: Dieser Einheits­anbieter könnte seine Preise nach Guts­her­renart fest­legen, es wäre nur schwer nach­zuweisen, ob seine Preise "gerecht" sind.

Die andere Denk­schule möchte maxi­malen Wett­bewerb, der zu nied­rigen Preisen führt. Wenn Anbieter A nicht passt, würden die Kunden schnell zum Anbieter B oder C oder D wech­seln, weil der güns­tiger sein könnte oder viel­leicht ein besseres Netz haben könnte. Der Nach­teil: Ein Ausbau würde bevor­zugt in lukra­tiven Ballungs­gebieten erfolgen. Die "weissen Flecken" würden vernach­läs­sigt oder müssten mit Staats­mit­teln aufge­wertet werden.

Eine dritte Denk­schule stellt sich zwar ein Einheits­netz vor, das aber von konkur­rie­renden Unter­nehmen genutzt und vermarktet wird. Der Einheits­netz­betreiber selbst dürfte dann gar keine Endkunden bedienen. Dadurch gäbe es Wett­bewerb, die Preise des Einheits­netz­betrei­bers wären aber schwer kontrol­lierbar.

Bundes­netz­agentur infor­miert

Auf seiner Internet-Seite infor­miert die Bundes­netz­agentur über den aktu­ellen Stand.

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