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Zeitverzögerung beim Fußball: Darum jubelt der Nachbar eher

Eine zeitversetzte Fußballübertragung gibt es nicht nur beim Livestream, sondern auch bei der Fernsehübertragung - wir erklären, was am schnellsten ist.
Von Thorsten Neuhetzki

Zeitverzögerung beim Fußball: Darum jubelt der Nachbar eher Zeitverzögerung beim Fußball: Darum jubelt der Nachbar eher
Bild: dpa
Heute Abend gilt es: Die deutsche Nationalmannschaft spielt ihr erstes Spiel bei der Europameisterschaft 2016. Und auch dieses Jahr wird es wieder das Phänomen geben, dass beim Nachbarn oder im Biergarten nebenan schon gejubelt oder laut aufgestöhnt wird, während auf dem eigenen Bildschirm noch eine ganz andere Situation zu sehen ist. Das trifft vor allem dann zu, wenn Sie das Spiel per Internet im Livestream sehen. Wir zeigen Ihnen, wo die Unterschiede liegen.

HD-Signal ist langsamer als SD-Bild

Zeitverzögerung beim Fußball: Darum jubelt der Nachbar eher Zeitverzögerung beim Fußball: Darum jubelt der Nachbar eher
Bild: dpa
Zunächst einmal gibt es beim klassischen Fernsehen zwei verschiedene Bildformate: SD und HD. Auch wenn das SD-Signal unschärfer und matschiger ist, hat es einen Vorteil: Es ist schneller beim Nutzer - egal über welchen Weg der Nutzer schaut. Der Grund ist, dass bei HD größere Datenmengen bei den Sendern und im Gerät zu Hause verarbeitet werden müssen. Der Unterschied ist aber vergleichsweise gering und liegt normalerweise nur bei ein bis zwei Sekunden, die beim Elfmeter auffallen, sonst aber weniger ins Gewicht fallen.

Als einer der schnellsten Übertragungswege gilt das Bildsignal, das die längste Distanz zurückgelegt hat: das Satellitenfernsehen. Obwohl das Signal schon 36 000 Kilometer ins All gesendet wurde und von dort zurückgekommen ist, schauen Satelliten-Nutzer in der Regel am schnellsten. Doch auch bei zwei Satelliten-Receivern in der gleichen Wohnung kann es noch zu Unterschieden kommen, die aber deutlich unter eine Sekunde betragen. Der Grund für diesen Unterschied liegt in der Verarbeitung der Signale im Receiver - der eine ist schneller, der andere langsamer.

Wer über Kabel schaut, ist meist einige Sekunden hinterher. Letztlich ist aber hier auch entscheidend, welcher Kabelnetzbetreiber genutzt wird und wie dieser die Signale bekommt. So bekommen einige Netzbetreiber das TV-Signal direkt per Glasfaser angeliefert, was schneller ist als der Weg, den andere - kleinere Anbieter - nutzen: den Empfang von Satelliten-Signalen. Der Unterschied zum Satelliten-Signal liegt je nach Anbieter etwa drei bis maximal zehn Sekunden hinter dem Satelliten-Signal, je nachdem, ob SD oder HD geschaut wird. Bei DVB-T ging das ZDF zur WM vor zwei Jahren davon aus, dass das eigene SD-Signal etwa drei Sekunden hinter dem Satelliten-Signal beim Nutzer ankommt. Die Kollegen von Heise haben jetzt festgestellt, dass der neue Übertragungsstandard DVB-T2 gleich zwei Vorteile bietet: Er bringt einerseits HD und ist andererseits gleichzeitig genau so schnell wie das Satelliten-Signal.

Livestream - zum Fußball besser nicht

Ohne Fernseher oder bequem auf dem Balkon mit dem Tablet wird es schlimm, was die Verzögerung angeht. Die Livestreams, so praktisch sie sein mögen, sind deutlich langsamer als alle anderen Übertragungsformen. Teils wird bei einem schnellen Spiel im TV-Signal schon wieder gespielt, während im Stream gerade erst das Tor fällt. Je nach Streamanbieter, Internetleitung und Puffer kann das Signal hier locker 45 bis 60 Sekunden hinterher sein. Das ist nur sinnvoll, wenn kein Nachbar in der Nähe ist, der jubeln könnte. Als Geheimtipp erwiesen sich zur vergangenen WM vor zwei Jahren hier übrigens die Streamingdienste Zattoo und Magine, sie waren "nur" maximal 20 Sekunden hinterher. Dieses mal scheint Magine allerdings deutlich hinterher zu sein, wie die Kollegen von heise getestet haben.

Last not least gibt es noch eine nicht geringe Zahl an TV-Zuschauern, die IPTV wie beispielsweise Entertain nutzen. Hier ergaben Messungen vor zwei Jahren und auch jetzt wieder, dass dieses Signal mindestens 10 Sekunden langsamer ist als der erste jubelnde Nachbar. Am Ende bleibt vielleicht der Trost, dass man sich mit den zu früh jubelnden Nachbarn spätestens zum nächsten Spiel auch gemeinsam vor dem Fernseher treffen könnte oder aber die Kneipe an der Ecke nutzt, die in der Regel eh alles überschallt.

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