Gekoppelt

Kommentar: Was gegen das komplett vernetzte Haus spricht

Nach dem Willen der Hersteller wird dem smarten Zuhause bald der Durchbruch gelingen - nur die potenziellen Konsumenten spielen einfach (noch) nicht mit. Warum das nicht verkehrt ist, erfahren Sie in diesem Artikel.
Von Ralf Trautmann

Es klingt zu schön - zumindest für die Anbieter von entsprechender Technik: Das komplett vernetzte Haus. Hier dreht die Heizung auf, bevor der Nutzer nach Hause kommt. Der Kühlschrank spricht sich selbstständig mit dem Lebensmittelhändler ab und sorgt für volle Fächer. Die Kinder brauchen keinen Schlüssel, sondern öffnen die Tür per eingenähtem RFID-Chip - wann der Nachwuchs trotz Absprache wirklich nach Hause kam, lässt sich problemlos nachverfolgen.

In Wirklichkeit hat die Heimvernetzungs-Branche (wobei Heimvernetzung hier für das vernetzte Haus und nicht einfach die Multimedia-Vernetzung stehen soll) aber ein großes Problem: Studien wollen immerhin ein hohes Interesse an Heimvernetzung in der Bevölkerung ausgemacht haben - in der Praxis nutzt die Technik aber fast niemand und abseits bestimmter Nischen gibt es auch wenig Grund zur Annahme, dass sich dies mittelfristig ändert. Entsprechend wird das "Jahr der Heimvernetzung" immer wieder verschoben.

Dabei kämpft die Heimvernetzung an verschiedenen Fronten mit Problemen. Ein Dilemma ist zum Beispiel, dass es an einheitlichen Standards fehlt. Entsprechend müsste sich der Nutzer zur kompletten Haussteuerung aus der Ferne unzählige Apps aufs Handy spielen - undenkbar in puncto Komfort. Doch die Abneigung gegen das vernetzte Haus ist bei vielen Menschen grundlegender, stellt sich doch die Frage: Möchte ich überhaupt ein Haus, über dessen Innenleben fast alles bekannt ist und bei dem alles überwacht wird?

Vernetztes Haus braucht das Internet

Smart Home - mit Cloud Smart Home - mit Cloud
Bild: dpa
Das vernetzte Haus kann nicht isoliert vom Rest der Welt arbeiten, wenn es seinen Nutzen in Gänze entfalten soll. Also muss die Anbindung ans Internet her - zum einen, um die Nutzung via Smartphone und App oder Weboberfläche zu ermöglichen, zum anderen, um die unterschiedlichen, vernetzten Geräte koordinieren zu können. Die anfallenden Daten liegen nämlich nach dem Willen vieler Anbieter in der Cloud. Dieses ominöse Gebilde, dessen Bedeutung viele gar nicht kennen, ist aber vielen Menschen (zu Recht) spätestens seit dem NSA-Skandal eher suspekt.

Also wird auch an dieser Front gearbeitet: Natürlich werden Anbieter nicht müde, ihre hohen Sicherheitsstandards anzupreisen. Doch Sicherheit lässt sich nun mal nicht garantieren, egal, wie viele TÜV-Siegel sich der Hersteller auf die Homepage setzen darf. Schwachstellen wird es immer geben, unabhängig davon, wie ausgereift ein Produkt und wie hoch die Kontrolle im Entwicklungsprozess ist. Das zeigt der Bereich der IT mehr als anschaulich: Kein großes Softwareunternehmen, das nicht mit Lecks, gestohlenen Daten und ähnlichem zu kämpfen hat - und das bei Milliardenbudgets und ganz sicher ausgezeichneten ITlern. Und so ist es zwar ärgerlich und unter Umständen auch mit hohen Schäden behaftet, wenn das eigene E-Mail-Konto geknackt wird. Wenn allerdings erstmal das komplett vernetzte Haus gekapert wurde, sieht die Welt noch ganz anders aus. Was die Firmen selbst mit den Daten anfangen, ist dabei fast nebensächlich.

Auf der folgenden Seite erfahren Sie, mit welchen Diensten Heimvernetzungs-Anbieter Kunden locken wollen - und ob diese wirklich einen Mehrwert bieten.

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