Interview

Zeitungsverleger: "Nachricht ist nicht an Gedrucktes gebunden"

BDZV-Präsident Heinen sieht ARD und ZDF als unfaire Konkurrenz
Von dpa / Björn Brodersen

Die Zeitungsverlage setzen darauf, dass sie in den kommende Jahren viele Kunden für kostenpflichtige Angebote auf mobilen Computern gewinnen werden. Ein solches Angebot könnte die elektronische Zeitung, das E-Paper, sein. Das Produkt wird via Internet ausgeliefert. Als "unfaire Konkurrenz" betrachtet Helmut Heinen, der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Zeitungsverleger (BDZV), dabei die kostenlosen Angebote von ARD und ZDF. Das sagte er vor Beginn des Zeitungskongresses am 20. und 21. September in Essen im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, den Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger umzubenennen? Denn das klingt doch sehr nach bedrucktem Papier und nicht nach E-Paper.

Das Wort Zeitung stammt aus dem Mittelhochdeutschen und hieß ursprünglich Nachricht. Und die ist nicht an Gedrucktes gebunden. Bei diesem Zeitungsbegriff muss man den BDZV nicht umbenennen.

Wo liegt denn die Zukunft der Zeitung?

Die Zukunft liegt für einen langen Zeitraum und für einen großen Teil unserer Aktivitäten in der gedruckten Form. Wir haben enorme Reichweiten in der Gesamtbevölkerung, haben etwa 50-prozentige Reichweiten auch noch in den jüngeren Bevölkerungsgruppen. Wir stehen aber auch an einer Schwelle, an der es zunehmend reizvoll wird, entsprechende Angebote für mobile Endgeräte zu erstellen, für die man auch Beiträge der Nutzer einfordern kann.»

Nimmt da das elektronische Endgerät dem bedruckten Papier Leser weg, oder sehen Sie auch mögliche Kunden, die Sie im Moment noch gar nicht erreichen?

Es ist auf jeden Fall eine Möglichkeit, an Kundenkreise heranzukommen, die heute zur gedruckten Zeitung keine enge Beziehung haben. Und es wird viele Nutzer der gedruckten Zeitung geben, die zusätzlich elektronische Angebote wahrnehmen werden. Es wird alles geben: Echte Wechsler, neue Kunden und solche, die beides nutzen.

Wer ist denn Ihr ärgster Konkurrent, wenn es darum geht, diese neuen Kunden zu gewinnen?

Zunächst stehen wir vor der Schwierigkeit, dass ein Teil der Bevölkerung lesemüde oder leseunwillig ist. Damit müssen wir uns auseinandersetzen, indem wir das Lesen und die Medienkompetenz fördern. Außerdem gibt es viele Gratisangebote. Wochenzeitungen, Kundenzeitschriften, Hörfunk und Fernsehen, die Internetangebote - rein quantitativ können die kostenlos alle Bedürfnisse erfüllen. Nicht aber qualitativ - gute Angebote, die auch den Zeitaufwand der Nutzer rechtfertigen, gibt es relativ wenige. Und da stoßen wir auf die öffentlich-rechtlichen Anstalten. Das sind Player, die bereits durch Gebühren finanziert werden und auf Nutzungsentgelte verzichten können. Damit werden sie zu einer preislich unfairen Konkurrenz.

Was ist denn da der Ausweg?

Ein Ausweg ist, dass der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Anstalten auf das wirklich angemessene begrenzt wird. Der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag hat Vorgaben gemacht und klare Grenzen für presseähnliche Angebote gesetzt. Und diese Begrenzung haben die Öffentlich-Rechtlichen nun mit dem Abschluss ihrer Drei-Stufen-Tests unterlaufen.

Wäre es auch ein Weg, die Verleger an den Rundfunkgebühren zu beteiligen?

Hier sind tatsächlich ähnlich ausgerichtete Angebote mit sehr unterschiedlichen Finanzierungsmodellen unterwegs. Aber natürlich wollen wir nicht wirklich Geld aus einem staatlich kontrollierten Topf, weil wir wissen, dass dann früher oder später Einflussnahmen damit verbunden sein werden.

Weitere Interviews