Themenmonat IFA&Konvergenz Experiment

Handy-Kameras: Klein und scharf passt nicht zusammen

teltarif.de-Experiment zeigt Grenzen von Handy-Kameras auf
Von Kai Petzke / Rainhold Birgmann

Auch die den aktuellen Entwicklungen in der Digitalfotografie kritisch gegenüberstehende Seite 6mpix.org hat zu dieser Thematik einen eigenen Artikel verfasst, der die mathematischen Hintergründe noch genauer erläutert. Die dortigen Angaben für die Beugungsscheibchen sind kleiner, da zum einen die Radien und nicht die Durchmesser angegeben wurden, zum anderen auf eine etwas kürzere Lichtwellenlänge abgestellt wird.

Auf der zitierten Seite zeigt sich, dass selbst professionelle Kameras wie eine EOS 1Ds nicht vor dem Beugungsproblem geschützt sind. Jedoch kommt der Effekt bei dieser Kamera nur dann zum Tragen, wenn man eine sehr kleine Blende wählt. In den Automatikprogrammen dürfte das eher selten der Fall sein, da diese bei starken Lichtverhältnissen eher die Belichtungszeit verkürzen, als die Blende verkleinern.

Die Frage der Auflösung für Vergrößerungen der Bilder

Für den Foto-Fan bedeutet das: Vor dem Kauf eines neuen Kamera-Handys oder einer Kamera sollte er sich fragen, wofür er die Kamera einsetzen möchte. Sollen vor allem Schnappschüsse entstehen und kleine Ausdrucke beispielsweise im Format von 10 mal 15 Zentimetern als Medium dienen, dann reichen Auflösungen von 2 bis 3 Megapixel aus, selbst, wenn nur 1 Megapixel effektiv ankommt. Selbst das oft als Heimkino gepriesene HDTV kommt nur auf knapp über 2 Megapixel, profitiert aber auch noch etwas davon, dass Bewegtbilder mit geringerer Auflösung auskommen als Standbilder. Foto vom LG Renoir KC910 LG Renoir KC910
Foto: LG

Wenn sich ein Kamera-Käufer die Möglichkeit offen halten möchte, Vergrößerungen oder Bearbeitungen durchzuführen, dann ergibt eine höhere Auflösung auch Sinn - aber nur dann, wenn sie auch effektiv in der Bilddatei ankommt. Daher ist es zumeist sinnvoller, sein Geld in größere Optik und größeren Sensor zu investieren. Schon bei Kamerahandys gibt es hier nicht unerhebliche Unterschiede, und erst recht bei Digitalkameras.

Erst bei "ausgewachsenen" Sensorgrößen (Four Thirds, Fovean etc.) lohnt sich die Überschreitung der 10-Megapixel-Marke wirklich, und Vollformat-Sensoren können hinter einem guten Objektiv auch 20 Megapixel und mehr ausreizen. Freilich sind in diesem top-Segment die Stückzahlen so niedrig und die Preise so hoch, dass dieses professionellen Fotografen und sehr ambitionierten Hobby-Fotografen vorbehalten bleibt.

Darauf beim Kauf eines Kamera-Handys achten

Weitere Rückschlüsse auf die Qualität der eingebauten Kamera kann der Handy-Nutzer aus dem Aufbau des Mobiltelefons schließen. Den effektiven Blendendurchmesser, und damit den entscheidenden Wert für Lichteinfall und Beugung, kann man meist sehr gut erkennen, wenn man in die Kamera schaut. Aber Vorsicht: Hier nicht auf die Größe der Glasabdeckung schauen, sondern auf die der kugeligen Linse in der Mitte davon!

Größere Linsen und größere Sensoren, mit entsprechend besserem Rauschverhalten und größeren Pixeln, benötigen höhere Bautiefen. Ist das Handy an der Stelle, an dem die Kamera verbaut ist, nur wenige Millimeter dick, spricht das für einen kleinen Sensor mit entsprechenden Problemen. Davon sollte ein Handy-Käufer, der die Kamera als Ersatz für seine Kompaktkamera einsetzen will, Abstand nehmen. Bei einigen Handys finden sich jedoch deutliche Verdickungen an der Kamera, oder bei eingeschalteter Kamerafunktion fährt gar ein Objektiv aus. Das sind Indizien dafür, dass der Sensor im Vergleich zu anderen Modellen größer ist. Im Zusammenhang mit einer nicht übertrieben hohen Megapixel-Anzahl kann der Käufer so eine gute Wahl eines Kamera-Handys treffen.

Bei Zoom-Kameras sind mehrere Linsen verbaut, und die relative Position der Linsen bestimmt die jeweilige Vergrößerung. Hier kommt es dann darauf an, wie groß die Blende von außen betrachtet aussieht. Ist diese unabhängig von der Zoom-Einstellung immer gleich groß, nehmen die Blendenzahl und die Beugungsproblematik proportional zum Zoomfaktor zu, während die Lichtmenge entsprechend abnimmt. Bei manchen Superzoom-Kameras scheint die Blende mit zunehmender Zoom-Einstellung immer größer zu werden. Dort nimmt die Blendenzahl dann entsprechend geringer oder gar nicht ab, dafür wird dann am Anfang des Zoombereichs die gesammelte Lichtmenge nicht von der großen Frontlinse, sondern von einer der dahinterliegenden, deutlich kleineren Linsen bestimmt.

Dieselbe Information ergibt sich auch aus der Kombination von Blendenzahl(en) und Sensorgröße. Je kleiner die Blendenzahl und je größer der Sensor, desto besser. Eine Blende f/2,8 ist durchaus realistisch, mit einem großen Sensor darf man ein gutes Bild erwarten. Ein f/2,8-8-Zoom vor einem kleinen Sensor wird in der Teleeinstellung bei Blende 8 jedoch arge Probleme haben.

Oft sind eine vernünftige, nicht zu kompakte Zoomkamera und ein Handy mit einer einfachen Kamera zusammen billiger als ein Handy mit vielen Megapixeln. Die Zoomkamera kann aufgrund der genannten Gründe jedoch viel bessere Bilder schießen. Doch diese muss man extra mitnehmen, wenn man Fotos machen will.