Themenspezial: Verbraucher & Service Einsehen

EU-Roaming-Desaster: o2 zahlt Geld an Kunden zurück (Update)

o2 wollte 2017 seine Kunden nicht auto­matisch aufs EU-Roaming umstellen und wurde deswegen vor Gericht verur­teilt. Nun zahlt o2 Geld zurück und stellt die Bestands­kunden um.
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o2 erstattet Roaming-Gebühren zurück o2 erstattet Roaming-Gebühren zurück
Logo: o2, Montage: teltarif.de
Nachdem o2 2017 die Umstel­lung auf das regu­lierte EU-Roaming nicht wie gewünscht durch­geführt hatte, verklagte der vzbv das Unter­nehmen. Im Herbst 2020 folgte dann die juris­tische Klat­sche für Telefónica: Nach einem Urteil des Europäi­schen Gerichts­hofs hätte der Tele­fon­anbieter damals auto­matisch alle Kunden auf den neuen Tarif fürs EU-Ausland umstellen müssen und nicht nur Verbrau­cher mit bestimmten Tarif­modellen. Die ganze Geschichte haben wir in diesem Bericht zusam­men­gefasst.

Trotzdem dauerte es immer noch, bis Kunden, die nicht manuell in ihrem Kunden­konto aufs regu­lierte EU-Roaming gewech­selt waren, auf den EU-Tarif umge­stellt wurden. Und eine Entschä­digung haben die Betrof­fenen, denen höhere Kosten entstanden sind, in der Zwischen­zeit auch nur in Einzel­fällen erhalten. Das soll sich nun ändern.

So setzt o2 nun die Verord­nung um

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Logo: o2, Montage: teltarif.de
Der vzbv und Telefónica haben sich laut einer Mittei­lung des Verbrau­cher-Verbands nun über die Folgen dieses Urteils verstän­digt. Die Betrof­fenen sollen davon auf verschie­dene Weise profi­tieren.

Telefónica hat offenbar zuge­sagt, die noch erfor­der­lichen Umstel­lungen in den regu­lierten Roaming-Tarif nach­zuholen. Aller­dings ist es möglich, dass es o2-Kunden mit einer anderen Roaming-Option gibt, die diese viel­leicht bewusst weiter­ver­wenden wollen, beispiels­weise weil sie auch gewünschte Länder außer­halb der EU enthält. Die Kunden haben darum die Möglich­keit, dieser Umstel­lung zu wider­spre­chen. Telefónica wird die Betrof­fenen hier­über recht­zeitig und indi­viduell infor­mieren.

Darüber hinaus will Telefónica von den betrof­fenen Kunden ab dem 3. September 2020 bis zum Zeit­punkt der Umstel­lung auf den regu­lierten EU-Roaming Tarif entweder keine Entgelte berechnen, die über die bei Anwen­dung des regu­lierten EU-Roaming Tarifs hinaus­gehen, oder diese Gebühren auto­matisch zurück­erstatten, zum Beispiel per Gutschrift.

Auch nach­träg­liche Erstat­tung von Gebühren

Telefónica und der vzbv haben darüber hinaus verein­bart, dass o2 Verbrau­chern in bestimmten Fällen auch Roaming-Entgelte erstatten wird, die vor dem Gerichts­urteil am 3. September 2020 ange­fallen sind. Die zu erstat­tenden Entgelte für Tele­fonate könnten etwa als "Verbin­dungen inner­halb der EU" oder für Inter­net­ver­bin­dungen zum Beispiel als "Roaming Day Pack" auf der Rech­nung aufge­taucht sein. Das "Roaming Day Pack" kostete beispiels­weise 1,99 Euro pro Tag im Ausland.

Telefónica hat dazu unter o2online.de/service/roaming-prue­fung einen Bereich einge­richtet, über den die Kunden ihre Ansprüche geltend machen können. Für eine Erstat­tung müssen aber diverse Voraus­set­zungen gegeben sein.

Der Kunde muss mit Telefónica bereits vor dem 15. Juni 2017 einen Mobil­funk­ver­trag abge­schlossen haben. Die Höhe der berech­neten Gebühren müssen die Kunden anhand geeig­neter Belege wie Rech­nungen oder Einzel­ver­bin­dungs­nach­weisen darlegen. Außerdem muss der Kunde den Mobil­funk­ver­trag nach dem 15. Juni 2017 inner­halb der Europäi­schen Union bezie­hungs­weise in Liech­ten­stein, Norwegen oder Island verwendet haben. Und Telefónica muss dafür Roaming-Entgelte in Rech­nung gestellt haben, die bei einer Nutzung in Deutsch­land nicht ange­fallen wären.

Klaus Müller, Vorstand des vzbv, hält dies für eine "unkom­pli­zierte" Vari­ante der Erstat­tung. Die Praxis wird hingegen zeigen, ob tatsäch­lich alle Betrof­fenen noch die entspre­chenden Rech­nungen oder Einzel­ver­bin­dungs­nach­weise vorliegen haben und sich die Arbeit machen, das PDF-Formular herun­ter­zuladen, auszu­füllen, alle Belege auszu­dru­cken und alles gesam­melt per Post oder Fax (!) an die o2-Kunden­betreuung in Nürn­berg zu senden. Gerade in einem derar­tigen Fall zeigt es sich wieder einmal, wie rück­ständig o2 dabei ist, für derar­tige Vorfälle nicht per E-Mail erreichbar zu sein.

Update 18:20 Uhr: State­ment von Telefónica

In Reak­tion auf unsere Bericht­erstat­tung sandte uns o2 folgendes State­ment:

Der Euro­päi­sche Gerichtshof (EuGH) hat am 3. September 2020 über die Ausle­gung der seit 15. Juni 2017 geltenden EU-Roaming-Verord­nung entschieden. Dabei hat das Gericht fest­gestellt: Kunden hätten auto­matisch in einen Roam-like-at-Home Tarif umge­stellt werden müssen, es sei denn, sie haben der Umstel­lung ausdrück­lich wider­spro­chen.

Bevor die EU-Roaming-Verord­nung 2017 in Kraft getreten ist, hat o2 alle Kunden über die neue Regu­lie­rung infor­miert. Dabei hat o2 bewusst allen Post­paid-Kunden selbst die Entschei­dung über­lassen, ob sie aus ihrem bishe­rigen Tarif in den Roam-like-at-Home Tarif umge­stellt werden möchten. Dies sollte sicher­stellen, dass Kunden nicht gegen ihren Willen in teil­weise für sie ungüns­tigere Tarife über­führt werden. o2 hat die Kunden zudem infor­miert, dass sie jeder­zeit in den Roam-like-at-Home Tarif wech­seln können. Dieses Vorgehen geschah in Absprache mit der Bundes­netz­agentur und wurde auch von der Bundes­regie­rung als kunden­freund­licher Weg befür­wortet.

Aufgrund des Urteils geben wir unseren Kunden nun nach­träg­lich die Gele­gen­heit, eine Erstat­tung von EU-Roaming Entgelten zu bean­tragen, die bei einer auto­mati­schen Umstel­lung in den regu­lierten EU-Roaming-Tarif nicht ange­fallen wären.

Ende des Updates.

teltarif.de musste 2018 beispiels­weise einem o2-Kunden helfen, dem trotz EU-Roaming für eine Tsche­chien-Reise Roaming-Gebühren berechnet worden waren.

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