Einseitig

Retrotest Funkruf Teil 2: Möglichkeiten für die Nachrichtenübermittlung

Neben den klassischen Handy-Netzen gibt es weitgehend unbemerkt weiteres Funknetz. Wie das funktioniert, haben wir getestet. Im zweiten Teil beschreiben wir Möglichkeiten, einen Pager zu erreichen.
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Größter Fehler der pagerunerfahrenen Nutzer: Wird eine Text-Nachricht mit 80 Zeichen verschickt, immer an den Absender denken. Das System fügt keine Absenderkennung in Textnachrichten ein. Nur wenn die numerische Rufnummer 0164 gewählt wird, wird die Nummer des Absenders übermittelt.

Wie zuverlässig ist Funkruf?

Funkruf ist ein einseitiges Medium. Man kann es mit dem Bewohner eines Wohnhauses vergleichen, der plötzlich ein Fenster öffnet und laut "ich möchte eine Pizza haben" hinunter ruft. Steht zufällig die gewünschte Person (der Empfänger) vor dem Haus und versteht diesen Ruf, ist die Nachricht angekommen. Ist der falsche Empfänger oder schlicht niemand in der Nähe, geht die Nachricht verloren, aber der Rufer bekommt das erst einmal nicht mit! e*message speichert die verschickten Nachrichten nicht, d.h. verschickte Nachrichten sind "weg" und können dort nicht wiederholt werden. Der Sender einer Nachricht ist also darauf angewiesen, dass sich der Empfänger bei ihm irgendwie irgendwann zurückmeldet. Sei es, dass die bestellte Aktion ausgeführt wird oder ein Rückruf über ein Festnetztelefon, ein Handy (Sprachanruf oder SMS) oder per E-Mail oder durch einen persönlichen Kontakt erfolgt.

Je länger eine Nachricht ist, desto höher ist das Risiko, dass sich Fehler einschleichen. Dabei kann der Empfänger in gewissen Rahmen fehlerhafte Zeichen erkennen und markiert sie beispielsweise mit einem blinkenden Cursor. Die sicherste Methode ist der Tonruf-Empfang ("Cityruf Nur Ton"), der selbst unter extremsten Empfangsbedingungen (z.B. im Flugzeug oder in einer nicht zu tief verlaufenden U-Bahn) noch durch kommen kann (aber nicht muss!), gefolgt von rein numerischen Nachrichten (inklusive der möglichen Sonderzeichen). Der Nachteil: Es muss vorher ganz exakt verabredet werden, was der "Nur-Ton" Alarm bedeutet, man sollte diese Nummer nur sehr vorsichtig herausgeben. Als Option können mehrere verschiedene Nur-Ton-Rufnummern aufgeschaltet werden, die verschiedene Bedeutung haben können (Sekretariat, Freundin etc.) Textnachricht auf einem Gerät für e*skyper. Textnachricht auf einem Gerät für e*skyper.
Bild: dpa

Funkruf ist nicht Mobilfunk - sondern teurer

Gemessen an den heutigen Discounttarifen, wo man für wenige Euro im Monat schon Minuten- und Datenpakete bekommt, die je nach eigenem Verhalten einen Monat lang ausreichen können, ist das monatliche Abonnement eines Cityruf Empfängers der schiere Luxus:

Für einen reinen Tonrufempfänger zahlt man monatlich knapp 10 Euro oder (mit Rabatt) etwa 98 Euro pro Jahr. Das Tonsignal erfordert zwingend eine Reaktion, für die weitere Kosten entstehen können. Ein regionaler Cityruf startet bei knapp 15 Euro im Monat oder 150 Euro im Jahr. Da die Regionalzonen nicht immer zum persönlichen Aufenthaltsort eines Nutzers passen müssen, kommt für sehr mobile Mitmenschen nur die bundesweite Rufzone in Frage, die monatlich 21 Euro oder jährlich 210 Euro kostet.

Richtig teuer wird der Spaß, wenn der Cityruf von einem Handy aus angerufen werden soll. Obwohl es sich bei Funkruf strenggenommen um "Mobilfunk" handelt, gelten die von den meisten Handy-Anbietern genannten Tarife "in alle Netze" natürlich nicht. Die berechneten Preise für Anrufe aus Handynetzen zu Funkruf sind experimentell zu ermitteln, da sie in den Preislisten der meisten Mobilfunkanbieter ganz tief versteckt zu finden sind, falls überhaupt. Die 49 Cent für einen Anruf von Telekom D1-Xtra-Prepaidkarte zur 0164 Vorwahl müssen als extrem günstig angesehen werden, Vodafone berechnet seinen CallYa Prepaid-Kunden zackige 1,99 Euro für einen 10sekündigen Anruf, E-Plus und o2 liegen irgendwo dazwischen.

Die teuerste Möglichkeit einen alphanumerischen Cityruf zu erreichen, stellt der Operator Service dar. Man wählt 016951-Citrufnummer und sagt dem Operator seine Nachricht (maximal 80 Zeichen) durch. Dieser tippt diese sofort "live" ein: 1 bis 2 Minuten später sollte die Nachricht auf dem Empfänger erscheinen. Je nach Gesprächsdauer und Tarif können am Handy dafür 3 bis 6 Euro berechnet werden.

Sinnvolle Anwendung für Pager?

Der deutsche Telekommunikationspapst Torsten Gerpott von der Uni Dortmund hatte vor einiger Zeit festgestellt , dass im vergessenen Funkruf Netz viel Potenzial enthalten sei.

Der Hauptanwendungszweck für einen Funkrufempfänger liegt da, wo sendende Handys nicht erwünscht oder nicht möglich sind. Das könnte in der chemischen Industrie sein, wo es auf Explosionsschutz (Gefahr durch Funkenbildung) ankommt, aber auch in Intensiveinheiten eines Krankenhauses. Funkruf findet in Deutschland bei etwa 450 MHz statt, andere Länder setzen auf 170 MHz. Diese Frequenzen dringen auch zu einem gewissen Grade auch in Gebäude ein. Wer über den ernsthaften Einsatz eines Funkrufempfängers nachdenkt, sollte ein paar Versorgungstests fahren und sich eine Strategie ausdenken, die einen mehrfachen Versand "wichtiger" Nachrichten vorsieht. Bei Großveranstaltungen, an Neujahr oder bei Großereignissen können die aktuellen Handynetze schnell überlastet sein, das Funkrufnetz hat aufgrund der geringeren Nutzerzahlen noch Kapazität. Zu den Boomzeiten des Funkrufs in Deutschland (1990er Jahre) berichteten Anwender über bis zu 20 Minuten Wartezeit, bis eine zur Mittagszeit verschickte Nachricht beim Empfänger ankam.

Sichere Kommunikation?

Die Datenübertragung im Funkrufnetz erfolgt im alten aber bewährten POCSAG-Standard. Dessen Protokoll liegt offen. Neugierige Zuhörer könnten mit passenden Empfängern und Decodiersoftware alles mitlesen, was ausgestrahlt wird, obwohl dies strenggenommen verboten ist. Im Gegensatz zu den Handynetzen weiß niemand, wo sich der Empfänger befindet, ob er eingebucht ist und ob er die für ihn bestimmten Nachrichten überhaupt erhalten hat. Das kann gerade für Personengruppen, denen ihre persönliche Freiheit wichtig ist, interessant sein.

Das Fazit: Reizvolle Alternative mit Stärken und Schwächen

Wenn Ihr Funkrufempfänger in der Tasche piepst, ist Ihnen die Aufmerksamkeit technisch interessierter Mitmenschen sicher. Einen Pager hat bestimmt nicht jeder. Wenn Sie eine hochzuverlässige Kommunikation brauchen, die am besten "in Echtzeit" und immer funktionieren soll, kann ein Pager eine Ergänzung sein, da die Pager-Nachrichten - technisch bedingt - unbemerkt verloren gehen können.

Bleibt das unschlagbares Argument für den Pager: Die Batterie eines Funkrufempfängers reicht je nach Beanspruchung und Zahl der Funkrufe für bis zu 1 1/2 Monate, wo manches Smartphone nicht mal einen halben Tag durchhält. Davon können Handynutzer nur träumen.

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