Themenspezial: Verbraucher & Service TV-Nutzung

Sky, DAZN & Co. kostenlos: Illegales Streaming nimmt zu

Immer mehr Menschen nutzen ille­gale TV-Streams, um kostenlos Fußball­spiele oder Film-Block­buster zu schauen, für die sie norma­ler­weise zahlen müssten. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktu­elle Studie.
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Wozu für Fußball bei DAZN oder den Film-Block­buster bei Sky zahlen, wenn es die Inhalte auch kostenlos im Netz gibt? Diese Denk­weise verbreitet sich bei immer mehr Personen. Die Nutzung ille­galer Live-TV-Inhalte war auch im Jahr 2022 ein Massen­phä­nomen und ist in den vergan­genen Jahren sogar spürbar ange­stiegen. Der durch die ille­gale Nutzung verur­sachte wirt­schaft­liche Schaden geht zulasten privater Medi­enun­ter­nehmen und schwäche damit die Medien- und Meinungs­viel­falt in Deutsch­land. Zu diesem Ergebnis kommt ein wissen­schaft­liches Gutachten der Bera­tungs- und Forschungs­gruppe Gold­media, welches im Auftrag des Privat­funk­ver­bands Vaunet erstellt wurde.

Das Gutachten wurde auf Basis einer passiven Messung der Online­akti­vitäten von über 2.700 Nutzern in Kombi­nation mit einer Nutzer­befra­gung in Form einer reprä­sen­tativen Online­befra­gung von mehr als 550 Nutzern ille­galer linearer TV-Streams erstellt. Der Befra­gungs­zeit­raum der Online­befra­gung fand vom 12. bis 18. Juli 2022 statt. Schwer­punkt des Gutach­tens und der Analyse sind illegal verbrei­tete, lineare Free- und Pay-TV-Streams.

Fast 6 Millionen Nutzer streamen regel­mäßig illegal

Illegale Streaming-Plattformen werden immer beliebter Illegale Streaming-Plattformen werden immer beliebter
picture alliance/dpa
In Deutsch­land nutzten im Jahr 2022 insge­samt 5,9 Millionen Personen regel­mäßig ille­gale lineare TV-Streams. Gleich­zeitig wird durch den Konsum ille­galer, linearer TV-Signale in hohem Maße die Nutzung legaler Bewegt­bild­ange­bote substi­tuiert. Zu den meist­genutzten TV-Genres zählen insbe­son­dere fiktio­nale Inhalte, Sport, Doku­men­tationen sowie Infor­mationen. Den betrof­fenen Medi­enun­ter­nehmen entgehen dadurch der Studie zufolge jähr­lich Einnahmen in Höhe von 1,1 Milli­arden Euro.

Der gesamt­wirt­schaft­liche Umsatz­schaden, also inklu­sive vor- und nach­gela­gerten Wert­schöp­fungs­stufen, beträgt sogar 1,8 Milli­arden Euro pro Jahr. Damit verbunden sind außerdem Einbußen für die Gesell­schaft in Form staat­licher Verluste bei Steuern und Sozi­alab­gaben in Höhe von jähr­lich 390 Millionen Euro.

Auch stär­kere Nutzungs­fre­quenz

Laut Ergeb­nissen des Gutach­tens ist im Vergleich zu 2018 auch die Nutzungs­fre­quenz gestiegen: Insge­samt 72 Prozent der Nutzenden streamen illegal ange­botene lineare TV-Signale mindes­tens einmal pro Woche – 2018 waren es noch 54 Prozent. Den höchsten Anteil ille­galer Nutzung machen dabei Männer in der Alters­gruppe der 24- bis 33-Jährigen aus. Jedoch ist in allen Alters­gruppen zwischen 24 und 63 Jahren eine ausge­prägte Nutzung fest­zustellen – insbe­son­dere der Anteil der älteren Nutzenden hat im Vergleich zu 2018 stark zuge­nommen.

Im Durch­schnitt streamten Nutzende ille­galer linearer TV-Streams 2022 rund 73 Minuten pro Tag. Zu den meist­genutzten Endge­räten zählen das Smart­phone, PC und Laptop sowie Apps und Soft­ware, die auf Strea­ming-Sticks und -Boxen instal­liert wird. Im Vergleich zu 2018 hat vor allem der Zugriff über solche Apps und Soft­ware zuge­nommen: Über die Hälfte der illegal Strea­menden nutzte 2022 eine dieser Möglich­keiten (2018: 36 Prozent), die damit nahezu gleichauf mit den Zugriffen über Smart­phones oder Laptops/PCs liegen.

"Die Ergeb­nisse des Gutach­tens zeigen eindeutig, dass die Nutzung ille­galer Live-TV-Signale weiterhin ein Massen­phä­nomen mit gravie­renden wirt­schaft­lichen und gesell­schaft­lichen Folgen ist", sagt Frank Giers­berg, Geschäfts­führer des Vaunet. "Wir wieder­holen daher unseren Appell an Politik und Regu­lie­rung: Live-Inhalte benö­tigen einen Live-Schutz im Internet. Hier vermissen wir bisher sowohl aus Brüssel als auch national ein klares Signal der Unter­stüt­zung – und erwarten, dass sich das nunmehr zeitnah ändert."

Ille­gales Strea­ming keine Grau­zone mehr

Der Euro­päi­sche Gerichtshof (EuGH) hat in einem Gerichts­urteil von 2017 (Az. C-527/15) entschieden, dass auch das bloße Ansehen von offen­sicht­lich ille­galen Inhalten wie aktu­ellen Kino­filmen, Serien oder Sport­ereig­nissen eine Urhe­ber­rechts­ver­let­zung darstellt. Damit wurde Klar­heit in einer bishe­rigen Grau­zone geschaffen. Eine Abmah­nungs­welle für ille­gales Strea­ming ist jedoch, wie von vielen erwartet, nach dem Urteil ausge­blieben.

Es ist prin­zipiell relativ leicht an ille­gale Inhalte zu gelangen. Dafür reicht oft schon eine gewöhn­liche Google-Suche mit Stich­worten wie "Cham­pions League Live Gratis" aus, um zu Portalen zu gelangen, welche die Inhalte ohne Erlaubnis der Rech­teinhaber streamen. Zumeist sitzen die Betreiber dieser Platt­formen im Ausland, sodass eine Aushe­bung durch die Behörden schwierig bis unmög­lich ist. Sie greifen in der Regel das Signal von Quellen wie Sky, DAZN oder auslän­dischen TV-Sendern per Satellit oder Internet ab, um es per Re-Broad­cas­ting kostenlos im Netz zu verbreiten.

Ille­gale Platt­formen häufig mit Schad­soft­ware verseucht

Aller­dings ist das Strea­ming über ille­gale Platt­formen für jeden Nutzer auch eine poten­zielle Gefah­ren­quelle: Nicht nur, dass zahl­reiche Pop-up-Fenster und andere Formen der Werbung den TV-Genuss oft trüben. Die Wahr­schein­lich­keit, mit einer Schad­soft­ware infi­ziert zu werden, ist für jemanden, der ille­gale Streams nutzt, 28-mal höher als bei seriösen Strea­ming-Portalen. Nach einem Bericht der Asso­cia­tion of Internet Secu­rity Profes­sio­nals (AiSP) sind 97 Prozent dieser Platt­formen mehr oder weniger infi­ziert.

Eine recht­liche Grau­zone ist dagegen weiter der Strea­ming-Zugang mit VPN. Über eine auslän­dische IP kann man beispiels­weise Inhalte wie Sport oder Spiel­filme von TV-Anbie­tern wie dem ORF in Öster­reich streamen, die in Deutsch­land aufgrund von Geoblo­cking norma­ler­weise nicht zugäng­lich wären. Frei­lich stößt auch diese Möglich­keit bei Rech­teinha­bern sauer auf: Zahl­reiche Film­stu­dios hatten sich 2021 für eine Klage gegen diverse VPN-Anbieter zusam­men­geschlossen.

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