Abenteuer

VoLTE: Keine Garantie, dass es irgendwann dauerhaft geht

3G und 2G stehen vor der Abschal­tung. Danach bleiben 4G und später 5G. Nur: Tele­fonieren darüber ist ein Aben­teuer, denn 4G-VoLTE funk­tioniert nicht mit jedem Gerät oder Netz. Auch 5G kann noch keine Sprache.
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Kann mein Gerät VoLTE oder nicht? Wird es dauerhaft VoLTE können oder verschwindet das wieder? Die Lage ist unbefriedigend. Kann mein Gerät VoLTE oder nicht? Wird es dauerhaft VoLTE können oder verschwindet das wieder? Die Lage ist unbefriedigend.
Bild: teltarif.de
Unser Kurz­test zum Thema "VoLTE oder nicht" bei den neuen Modellen Nokia 6.2 und 7.2 hat viel Reso­nanz ausge­löst.

Die deut­sche Pres­sestelle des Herstel­lers HMD Global (Marke Nokia) teilte uns auf Anfrage dazu mit:

"Wir arbeiten mit den Mobil­funk­anbie­tern zusammen, um zeitnah VoLTE/VoWiFi für möglichst viele unserer Produkte akti­vieren zu können. Genaue Zeit­angaben sind leider nicht möglich."

Nokia 7.2 mit VoLTE im Netz von Voda­fone?

Kann mein Gerät VoLTE oder nicht? Wird es dauerhaft VoLTE können oder verschwindet das wieder? Die Lage ist unbefriedigend. Kann mein Gerät VoLTE oder nicht? Wird es dauerhaft VoLTE können oder verschwindet das wieder? Die Lage ist unbefriedigend.
Bild: teltarif.de
Ein Leser berich­tete uns, dass es offenbar möglich sei, das Nokia 7.2 mit einer für VoLTE frei­geschal­teten SIM-Karte von Voda­fone (D2) zu nutzen. Wir konnten das noch nicht nach­voll­ziehen und liefern das Ergebnis nach.

Auch die Hersteller sind verun­sichert

Ein anderer Leser hatte die für ihre Senioren-Tele­fone bekannte Firma Emporia ange­schrieben und erhielt von dort eine aufschluss­reiche Antwort:

"VoLTE-Einstel­lungen und -Voraus­setzungen sind bisher jeden­falls betrei­berspe­zifisch, da es nur eine sehr lose Verein­heit­lichung und viele Unter­schiede bei der Umset­zung gibt.

Das bedeutet, dass eine Anpas­sung an die VoLTE-Voraus­setzungen eines Betrei­bers nicht auto­matisch die Verwend­barkeit in VoLTE-Netzen anderer Betreiber zur Folge hat und eine solche in der Praxis sogar ausschließen und die Nutzung in anderen Netzen gene­rell erschweren kann.

Aus diesem Grund führen wir eine Anpas­sung an VoLTE für bestimmte (Netz-)Betreiber bisher nur durch, wenn diese von einem Betreiber für die Verwen­dung in diesen (Netzen) gekauft werden und auch nur für die dorthin (an diesen Netz­betreiber) verkauften Geräte.

Operator verstehen diese im Fluss befind­liche Regu­lierungs­situa­tion sehr gut und führen daher eine eigene VoLTE-Frei­gabe für das eigene Netz bei Tele­fonen durch, die sie mit entspre­chenden Tarifen selbst in Umlauf bringen wollen.

Bisher hat es keine solche Anfrage für den Ankauf unserer Geräte durch T-Mobile für diesen Zweck und daher auch kein spezi­fisches Approval gegeben. Auch von anderen Betrei­bern in Deutsch­land gibt es solche Anfragen bisher nicht. Aufgrund der genannten Situa­tion geht es zumeist norma­lerweise ohne provi­derspe­zifi­sche Ände­rungen nicht.

Aufgrund der Bestim­mungen des Fern­absatz­gesetzes (oder deren Nach­folge­bestim­mungen) haben Sie in Deutsch­land/Öster­reich eine Vier­zehn-Tages-Frist zum Rück­tritt vom Kauf ohne Angabe von Gründen. Bei einer Bestel­lung über einen Online­händler wie z.B. Amazon haben Sie also die Möglich­keit zur Rück­gabe des Tele­fons auf alle Fälle. Sie haben somit ausrei­chend Zeit zum Testen.

Auch wenn volle Funk­tiona­lität nicht auszu­schließen ist, können wir keine Garantie dafür geben oder gewähr­leisten, dass diese bestehen bleibt."

Bundes­netz­agentur sieht keinen Grund, einzu­greifen

Der Leser leitete diese Antwort umge­hend an den Verbrau­cher­service der Bundes­netz­agentur weiter. Die Antwort ist eben­falls ernüch­ternd:

"Nach der Geset­zeslage in Deutsch­land müssen Mobil­funk­netz­betreiber ihre Netze und Dienste nicht so einrichten, dass sie mit jedem belie­bigen Mobil­funk­gerät genutzt werden können.

Sie müssen ledig­lich nach § 41c des Tele­kommu­nika­tions­gesetzes Schnitt­stel­lenbe­schrei­bungen für ihre Tele­kommu­nika­tions­netze veröf­fent­lichen, die es Gerä­teher­stel­lern ermög­lichen, hierfür geeig­nete Endge­räte zu fertigen. Dieser Verpflich­tung ist die Telekom Deutsch­land GmbH nach­gekommen.

Der Netz­betreiber wie auch der Hersteller eines Mobil­funk­gerätes haben einen Spiel­raum in der Imple­mentie­rung der einzelnen Dienste. Die 3GPP-Spezi­fika­tionen lassen in der Regel Optionen für die Imple­mentie­rung von Diensten zu. Diese Optionen kann jeder Netz­betreiber frei in seinem Netz wählen. Aus diesem Grund führen Netz­betreiber mit Ihren ausge­wählten Mobil­funk­geräten Inter­opera­bili­täts­tests durch und zerti­fizieren diese für Ihr Netz und bieten diese Geräte dann in ihren eigenen Geschäften an.

Diese Praxis steht auch nicht im Wider­spruch zur Endge­räte­wahl­frei­heit nach § 41b Abs. 1 des Tele­kommu­nika­tions­gesetzes, weil sie nicht bedeutet, dass nur vom Netz­betreiber erwor­bene Endge­räte genutzt werden können, denn es stünde Dritten frei, entspre­chende Geräte nach den veröf­fent­lichten Schnitt­stel­lenbe­schrei­bungen anzu­bieten. Die Ausfüh­rungen von Emporia sind inso­fern zutref­fend."

Ein Fazit: Absolut unbe­frie­digend

Der Mobil­funk­kunde bewegt sich derzeit in einem Minen­feld. Die Abschal­tung von 3G ist beschlos­sene Sache, die Abschal­tung von 2G wird früher oder später folgen. Es bleibt dann auf lange Zeit nur 4G, besser bekannt als LTE, übrig.

Sprach­tele­fonie über 4G bleibt aber trotz VoLTE ein riskantes Aben­teuer, da niemand genau sagen kann, welche Geräte mit VoLTE in welchem Netz funk­tionieren oder nicht. Alleine schon inter­national Roaming, eines der Erfolgs­faktoren für GSM, funk­tioniert mit VoLTE derzeit so gut wie nirgendwo.

Nicht nur das: Es wäre denkbar, dass ein Update beim Netz­betreiber bestimmte Hersteller bei VoLTE aus dem Netz wieder "raus­wirft". Der Kunde wird also indi­rekt gezwungen, sich sein Gerät beim Netz­betreiber direkt zu kaufen und zu hoffen, dass damit alles gut geht.

Der Kunde wäre sonst gezwungen, einen sepa­raten Dritt­anbieter (Over The Top = OTT) für Sprach-Tele­fondienste zu buchen und an diesen ggfs. Gebühren zu bezahlen. Wie zuver­lässig dieser Dritt-Anbieter ist und ob er aus allen Netzen erreichbar ist (z.B. sipgate Satel­lite) oder nur für die Anwender der glei­chen App des glei­chen App-Anbie­ters (z.B. WhatsApp), wird eben­falls nicht gere­gelt.

Selbst beim aktuell gehypten 5G gibt es im Moment noch keinen klar defi­nierten Voice-over-5G-Stan­dard. Der sollte, könnte, müsste später noch kommen. Irgend­wann.

Dieser Status ist mehr als unbe­frie­digend.

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