Pyur: Geldspritze durch Eigenverkauf
Ein Infrastrukturfonds wird bei Tele Columbus einsteigen und frisches Geld mitbringen.
Foto: Morgan Stanley, Logo: Tele Columbus AG, Montage: teltarif.de
Der Kabel-TV Anbieter Tele Columbus mit Sitz in Berlin hat es nicht einfach. Das Image war bei den Kunden nicht immer eitel Sonnenschein, als erster Schritt wurde dem Unternehmen ein neuer Markenname Pyur verpasst, wobei das "Y" mit den Pünktchen oben drauf, ein deutsches Standardschriftzeichen sei, nur viele Computertastaturen kennen es gar nicht.
Tele Columbus braucht viel Geld
Tele Columbus/Pyur beliefert Haushalte mit Kabel-TV und Internet bzw. Telefon. Das ist kein einfaches Geschäft, besonders wenn die Haus-Installationen in die Jahre gekommen sind und dringend runderneuert werden müssen, dafür aber die Gelder nicht vorhanden sind.
Also dachte sich der damalige Vorstand Timm Degenhardt, es müsste möglichst viel Geld in die Kasse, und fasste den Entschluss, seine Glasfaserleitungen zu verkaufen, weil die doch einiges Wert wären. Damit wäre sein Unternehmen gerettet gewesen.
Doch da hatte Degenhardt die Rechnung ohne seine Großaktionäre gemacht, berichtet damals die Wirtschaftszeitung Handelsblatt.
Degenhardt hatte erst Anfang 2018 den Chefsessel beim Kabelnetzbetreiber Tele Columbus übernommen. Damals war die Lage der Firma schon "angespannt". Er kniete sich tief in die Details und dachte sich ein Sanierungsmodell aus, was die Börse nicht so gut fand, der Kurs rauschte um 80 Prozent in die Tiefe.
Dommermuth greift ein
Das wurde Ralph Dommermuth, dem Chef von 1&1 United-Internet doch zu bunt. Er hält über seine United Internet etwa 30 Prozent an Tele Columbus und setzte sechs eigene Kandidaten im Aufsichtsrat durch, die dort seine eigenen Vorstellungen vermitteln sollten.
Degenhardt verstand das Signal und kündigte vor genau einem Jahr seinen Job, sein Vertrag lief im August 2020 ohne Verlängerung aus.
Dommermuth wollte die Glasfaserinfrastruktur selbst für seinen Netzausbau nutzen und deshalb nicht verkaufen. Auch der Einstieg des Investors Rocket Internet SE der mit Dommermuth befreundeten Samwer-Brüder, machte Beobachter damals stutzig.
Zwar konnte Tele Columbus den Rückgang seiner TV-Erlöse im zweiten Quartal durch Zugewinne im Großkundengeschäft nahezu ausgleichen. Im zweiten Quartal sanken aber die "Kernerlöse ohne Bauumsätze" im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf vergleichbarer Basis um 0,9 Prozent auf 116,4 Millionen Euro, das sei ein "strukturell herausforderndes Umfeld". Die Diskussion um die künftige Finanzierung sorgte für erneute Kursrutsche.
Das Manager Magazin wollte im Sommer schon erfahren haben, dass der Investmentbanker Merill Lynch verschiedene Optionen prüfen solle.
Morgan Stanley steigt über Kublai ein
Doch die Bank Merril Lynch wurde es nicht. Heute berichtet der Nachrichtensender n-tv dass Tele Columbus massiv in sein Netz investieren wolle, das Geld soll von Morgan Stanley Infrastructure Partners, einem Infrastrukturfonds aus den USA, kommen, der im Gegenzug das Unternehmen übernehmen soll.
Offenbar hat sich Tele Columbus über die Übernahme und eine anschließende Kapitalerhöhung schon geeinigt. Auch United Internet will seine Beteiligung von 29,9 Prozent in diese Bietergesellschaft einbringen. Rocket Internet würde 13,36 Prozent der Aktien "andienen".
Die zum Fonds gehörende Bietergesellschaft Kublai (momentan noch UNA 422. Equity Management GmbH) bietet aktuell 3,25 Euro je Tele-Columbus-Aktie, der Aktienwert wären 415 Millionen Euro. Rechnet man noch die Nettoschulden von 1,4 Milliarden Euro dazu, wäre das Unternehmen etwa 1,8 Milliarden Euro wert, wie der Tele-Columbus-Chef Daniel Ritz in einer Telefonkonferenz mitteilte. Die Börse war glücklich, die Kurse gingen - wie gewünscht - nach oben.
Tele Columbus will in den kommenden zehn Jahren im Rahmen knapp zwei Milliarden Euro in seine Netzinfrastruktur und den Glasfaserausbau investieren. Die Mitarbeiter müssten sich nicht um die Stellen sorgen, ein Abbau sei nicht vorgesehen. Ebenso sollen alle Standorte erhalten bleiben. Tele Columbus soll an der Börse notiert bleiben, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag werde es auch nicht geben.
Noch läuft das Angebot, der Vollzug wird erst ca. im Mai 2021 erwartet. Bis dahin müssen 50 Prozent der Aktionäre mitmachen.
United-Internet-Tochter bleibt an Bord
Ein Infrastrukturfonds wird bei Tele Columbus einsteigen und frisches Geld mitbringen.
Foto: Morgan Stanley, Logo: Tele Columbus AG, Montage: teltarif.de
Die United Internet AG bleibt an der künftigen Tele-Columbus-Muttergesellschaft beteiligt und stiftet für die geplante Kapitalerhöhung etwa 142 bis 190 Millionen Euro. Auch das Eigenkapital soll um 75 Millionen Euro erhöht werden, wozu United Internet ebenfalls beitragen wird. 1&1-Drillisch hat mit Tele Columbus einen Vorvertrag über die Nutzung des Glasfasernetzes für die Vermarktung ihrer eigenen Breitbandprodukte (und wohl auch sein geplantes 5G-Mobilfunknetz) geschlossen.