Eigenverkauf

Pyur: Geldspritze durch Eigenverkauf

Wer wie Tele Columbus ein Kabel-TV-Netz betreiben will, muss viel inves­tieren, um attraktiv zu bleiben. So runde 2 Milli­arden Euro gibts nicht bei jeder Haus­bank, aber bei Infra­struk­tur­fonds.
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Ein Infrastrukturfonds wird bei Tele Columbus einsteigen und frisches Geld mitbringen. Ein Infrastrukturfonds wird bei Tele Columbus einsteigen und frisches Geld mitbringen.
Foto: Morgan Stanley, Logo: Tele Columbus AG, Montage: teltarif.de
Der Kabel-TV Anbieter Tele Columbus mit Sitz in Berlin hat es nicht einfach. Das Image war bei den Kunden nicht immer eitel Sonnen­schein, als erster Schritt wurde dem Unter­nehmen ein neuer Marken­name Pyur verpasst, wobei das "Y" mit den Pünkt­chen oben drauf, ein deut­sches Stan­dard­schrift­zei­chen sei, nur viele Compu­ter­tas­taturen kennen es gar nicht.

Tele Columbus braucht viel Geld

Tele Columbus/Pyur belie­fert Haus­halte mit Kabel-TV und Internet bzw. Telefon. Das ist kein einfa­ches Geschäft, beson­ders wenn die Haus-Instal­lationen in die Jahre gekommen sind und drin­gend rund­erneuert werden müssen, dafür aber die Gelder nicht vorhanden sind.

Also dachte sich der dama­lige Vorstand Timm Degen­hardt, es müsste möglichst viel Geld in die Kasse, und fasste den Entschluss, seine Glas­faser­lei­tungen zu verkaufen, weil die doch einiges Wert wären. Damit wäre sein Unter­nehmen gerettet gewesen.

Doch da hatte Degen­hardt die Rech­nung ohne seine Groß­aktio­näre gemacht, berichtet damals die Wirt­schafts­zei­tung Handels­blatt.

Degen­hardt hatte erst Anfang 2018 den Chef­sessel beim Kabel­netz­betreiber Tele Columbus über­nommen. Damals war die Lage der Firma schon "ange­spannt". Er kniete sich tief in die Details und dachte sich ein Sanie­rungs­modell aus, was die Börse nicht so gut fand, der Kurs rauschte um 80 Prozent in die Tiefe.

Dommer­muth greift ein

Das wurde Ralph Dommer­muth, dem Chef von 1&1 United-Internet doch zu bunt. Er hält über seine United Internet etwa 30 Prozent an Tele Columbus und setzte sechs eigene Kandi­daten im Aufsichtsrat durch, die dort seine eigenen Vorstel­lungen vermit­teln sollten.

Degen­hardt verstand das Signal und kündigte vor genau einem Jahr seinen Job, sein Vertrag lief im August 2020 ohne Verlän­gerung aus.

Dommer­muth wollte die Glas­faser­infra­struktur selbst für seinen Netz­ausbau nutzen und deshalb nicht verkaufen. Auch der Einstieg des Inves­tors Rocket Internet SE der mit Dommer­muth befreun­deten Samwer-Brüder, machte Beob­achter damals stutzig.

Zwar konnte Tele Columbus den Rück­gang seiner TV-Erlöse im zweiten Quartal durch Zuge­winne im Groß­kun­den­geschäft nahezu ausglei­chen. Im zweiten Quartal sanken aber die "Kerner­löse ohne Bauum­sätze" im Vergleich zum Vorjah­res­zeit­raum auf vergleich­barer Basis um 0,9 Prozent auf 116,4 Millionen Euro, das sei ein "struk­turell heraus­for­derndes Umfeld". Die Diskus­sion um die künf­tige Finan­zie­rung sorgte für erneute Kurs­rut­sche.

Das Manager Magazin wollte im Sommer schon erfahren haben, dass der Invest­ment­banker Merill Lynch verschie­dene Optionen prüfen solle.

Morgan Stanley steigt über Kublai ein

Doch die Bank Merril Lynch wurde es nicht. Heute berichtet der Nach­rich­ten­sender n-tv dass Tele Columbus massiv in sein Netz inves­tieren wolle, das Geld soll von Morgan Stanley Infra­struc­ture Part­ners, einem Infra­struk­tur­fonds aus den USA, kommen, der im Gegenzug das Unter­nehmen über­nehmen soll.

Offenbar hat sich Tele Columbus über die Über­nahme und eine anschlie­ßende Kapi­tal­erhö­hung schon geei­nigt. Auch United Internet will seine Betei­ligung von 29,9 Prozent in diese Bieter­gesell­schaft einbringen. Rocket Internet würde 13,36 Prozent der Aktien "andienen".

Die zum Fonds gehö­rende Bieter­gesell­schaft Kublai (momentan noch UNA 422. Equity Manage­ment GmbH) bietet aktuell 3,25 Euro je Tele-Columbus-Aktie, der Akti­enwert wären 415 Millionen Euro. Rechnet man noch die Netto­schulden von 1,4 Milli­arden Euro dazu, wäre das Unter­nehmen etwa 1,8 Milli­arden Euro wert, wie der Tele-Columbus-Chef Daniel Ritz in einer Tele­fon­kon­ferenz mitteilte. Die Börse war glück­lich, die Kurse gingen - wie gewünscht - nach oben.

Tele Columbus will in den kommenden zehn Jahren im Rahmen knapp zwei Milli­arden Euro in seine Netz­infra­struktur und den Glas­faser­ausbau inves­tieren. Die Mitar­beiter müssten sich nicht um die Stellen sorgen, ein Abbau sei nicht vorge­sehen. Ebenso sollen alle Stand­orte erhalten bleiben. Tele Columbus soll an der Börse notiert bleiben, einen Beherr­schungs- und Gewinn­abfüh­rungs­ver­trag werde es auch nicht geben.

Noch läuft das Angebot, der Vollzug wird erst ca. im Mai 2021 erwartet. Bis dahin müssen 50 Prozent der Aktio­näre mitma­chen.

United-Internet-Tochter bleibt an Bord

Ein Infrastrukturfonds wird bei Tele Columbus einsteigen und frisches Geld mitbringen. Ein Infrastrukturfonds wird bei Tele Columbus einsteigen und frisches Geld mitbringen.
Foto: Morgan Stanley, Logo: Tele Columbus AG, Montage: teltarif.de
Die United Internet AG bleibt an der künf­tigen Tele-Columbus-Mutter­gesell­schaft betei­ligt und stiftet für die geplante Kapi­tal­erhö­hung etwa 142 bis 190 Millionen Euro. Auch das Eigen­kapital soll um 75 Millionen Euro erhöht werden, wozu United Internet eben­falls beitragen wird. 1&1-Dril­lisch hat mit Tele Columbus einen Vorver­trag über die Nutzung des Glas­faser­netzes für die Vermark­tung ihrer eigenen Breit­band­pro­dukte (und wohl auch sein geplantes 5G-Mobil­funk­netz) geschlossen.

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