Regulierung

VDSL-Nahbereichsausbau nur bei "absoluter Mehrheit"?

Es könnte offenbar doch auf ein Quasi-VDSL-Monopol für die Deutsche Telekom im Nahbereich hinauslaufen: Die Bundesnetzagentur fordert eine absolute Mehrheit als Ausbau-Qualifizierung. Was das für die Wettbewerber und die Telekom bedeutet, haben wir zusammengefasst.
Von Thorsten Neuhetzki

Verwirrung um Formulierungen Verwirrung um Formulierungen
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Am 23. November hat die Bundesnetzagentur ihren Konsultationsentwurf zur sogenannten Vectoring-II-Entscheidung vorgelegt. Dabei geht es um den geplanten Ausbau von VDSL Vectoring im Nahbereich der Hauptverteiler. Diesen soll die Telekom exklusiv vornehmen dürfen, wenn nicht die Wettbewerber bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Verwirrung gibt es nun um unterschiedliche Formulierungen der Voraussetzungen. Denn in einem parallel laufenden Verfahren ist statt einer Mehrheit, die die Wettbewerber beim Ausbau gegenüber der Telekom bereits erzielt haben müssen, plötzlich von der absoluten Mehrheit die Rede.

Worum geht es? Damit die Wettbewerbsunternehmen in ihren Regionen einen Anspruch auf einen eigenen VDSL-Vectoring-Ausbau im Nahbereich haben, müssen sie eine Vielzahl an Voraussetzungen erfüllen. Einen Telekom-Ausbau können diese laut Entwurf nur abwenden, wenn sie am 23. November im Anschlussbereich des Hauptverteilers mehr Kabelverzweiger mit DSL-Technik erschlossen hatten als die Telekom. (Anlage 2 zu Ziffer 1.1.1, Punkt 2b, Seite 13 [Link entfernt] ) Zusätzlich sind noch weitere Punkte einzuhalten.

Das hieße, dass in einem Anschlussbereich (ASB) - das kann ein ganzer Ort sein, in Großstädten aber auch nur ein Ortsteil - der Wettbewerber mehr Kabelverzweiger mit eigener Technik erschlossen haben müsste, als die Telekom. Stehen also in einem ASB beispielsweise 100 Kabelverzweiger, von denen 30 von der Telekom, 31 von einem (!) Wettbewerber und 39 gar nicht mit VDSL versorgt sind (etwa weil sie im Nahbereich stehen), so hätte der Wettbewerber dem Entwurf zufolge das Recht, den Nahbereich mit Vectoring zu erschließen, wenn die weiteren Bedingungen auch eingehalten werden.

BNetzA spricht in Parallel-Verfahren von "absoluter Mehrheit"

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Drei Tage nach der Vorlage des Konsultationsentwurfes sah man das bei der Bundesnetzagentur offenbar anders. In einem Eilverfahren [Link entfernt] , bei der unter anderem auch die Einführung eines Layer2-Bistrom-Zugangs um ein halbes Jahr verschoben werden soll, heiß es in einem Schreiben an die Telekom, dass "klargestellt werden [soll], dass für das Mehrheitserfordernis aus Ziffer 3 der Anlage 2 zum Tenor maßgeblich ist, dass der Zugangsnachfrager die absolute Mehrheit der KVz im jeweiligen Anschlussbereich erschlossen hat. Denn ausweislich der Begründung auf Seite 146 des Konsultationsentwurfs soll die Ausbauberechtigung dem Netzbetreiber zustehen, der den Anschlussbereich bereits weitgehend erschlossen hat. Dies wäre nicht der Fall, wenn sich die bisherige Erschließung nur auf einen geringen prozentualen Anteil der dem Anschlussbereich zugeordneten KVz bezöge."

In unserem Beispiel bedeutet das, dass der Wettbewerber von denn 100 Kabelverzweigern nicht nur die Mehrheit von 31 Kabelverzweigern, sondern mindestens 51 erschlossen haben muss, während die Telekom diese Schwelle offenbar nicht erreichen muss. In einer veröffentlichten Stellungnahme [Link entfernt] der von der Telekom beauftragen Kanzlei Dolde, Mayen & Partner heißt es, man müsste "die Abwendungsregelung jedenfalls dahingehend ändern, dass der Zugangsnachfrager [meint: der Wettbewerber, die Redaktion] am 23.11.2015 mehr als 75% der KVz außerhalb des Nahbereichs des Anschlussbereichs mit DSL-Technik erschlossen hat. Hiervon wären nach aktueller Auswertung der Betroffenen [meint: die Telekom] ca. 224 Nahbereiche betroffen." Weiter heißt es dort: "Wird nur an die einfache Mehrheit der erschlossenen KVz angeknüpft, würde eine nicht unerhebliche Menge an Nahbereichen für die Erschließung durch die Wettbewerber geöffnet. "

Nach einer Auswertung nach der Vorlage des Entwurfs gingen die Wettbewerber davon aus, das sie die Regeln in höchstens sechs bis sieben Prozent der Fälle einhalten könnten. Würde nun die Messlatte höher gelegt, würde dieser Zahl der möglichen Ausbaugebiete weiter zurückgehen.

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