Themenspezial: Verbraucher & Service Erbarmungslos

Trotz Home-Office: 1&1 berechnet Telefonkonferenzen extra

Obwohl viele Tele­fon­kon­fe­renz-Anbieter per Fest­netz­nummer ereichbar sind, berechnet 1&1 diese Nummern extra - trotz Flat­rate. Selbst in Corona-Zeiten will 1&1 nicht davon ablassen.
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Telefonkonferenzen kosten auch weiterhin bei 1und1 extra - trotz Flatrate. Telefonkonferenzen kosten auch weiterhin bei 1und1 extra - trotz Flatrate.
Bild: 1und1, Screenshot: teltarif.de
Damit die Teil­nahme an Tele­fon­kon­fe­renzen nicht teuer wird, bieten zahl­reiche Anbieter seit vielen Jahren Fest­netz­num­mern für das Einwählen in den Konfe­renz­raum an. Bei fast allen Provi­dern kostet die Teil­nahme an einer derar­tigen Konfe­renz also keine Zusatz­ge­bühr, wenn der Kunden eine Fest­netz- oder Allnet-Flat hat.

Eben­falls seit vielen Jahren bildet 1&1 hierbei eine unrühm­liche Ausnahme, und zwar sowohl bei seinen Fest­netz- als auch bei seinen Handy-Tarifen. Und selbst in Zeiten, wo viele Arbeit­nehmer im Home-Office arbeiten müssen, lässt 1&1 nicht von dieser Praxis ab.

Sepa­rate Preis­listen für Konfe­renz­dienste

Telefonkonferenzen kosten auch weiterhin bei 1und1 extra - trotz Flatrate. Telefonkonferenzen kosten auch weiterhin bei 1und1 extra - trotz Flatrate.
Bild: 1und1, Screenshot: teltarif.de
Schon seit vielen Jahren hat 1&1 auf einer spezi­ellen Hilfe­seite [Link entfernt] zwei PDF-Preis­listen hinter­legt (für Fest­netz und Mobil­funk). Darin befinden sich lange Listen von Fest­netz­num­mern. Diese Fest­netz­num­mern sind Tele­fon­kon­fe­renz­diensten zuge­ordnet.

Wer also als 1&1-Kunde einer dieser Fest­netz­num­mern anruft in der Erwar­tung, diese wäre in der Fest­netz- oder Allnet-Flat einge­schlossen, täuscht sich. 1&1 berechnet diese Anrufe mit 2,9 Cent pro Minute. Beide Preis­listen werden regel­mäßig aktua­li­siert und es werden immer wieder neue Dienste hinzu­ge­fügt, zuletzt am 11. Mai.

Ein kleines Rechen­bei­spiel: Wer an 22 Arbeits­tagen monat­lich jeweils 60 Minuten täglich an einer Tele­fon­kon­fe­renz über eine dieser Nummern teil­nehmen muss, bezahlt bei 1&1 satte 38,28 Euro monat­lich extra dafür - und das mögli­cher­weise, ohne es zu wissen. Wer mehr als eine Stunde täglich in Konfe­renzen verbringt, verur­sacht noch höhere Zusatz­kosten.

Trotz Infor­ma­tionen: Extra-Berech­nung weit­ge­hend unbe­kannt

teltarif.de berichtet seit Jahren immer wieder über diese Praxis. 2008 hatte 1&1 Konfe­renz­num­mern zum Teil noch rigoros ausge­sperrt und dabei auf seine AGB verwiesen. 1&1 hat dann im Früh­jahr 2011 seine dama­ligen Kunden erst­mals über die Extra-Berech­nung infor­miert, im August 2011 hatten wir bemän­gelt, dass die Betrof­fenen beim Rufaufbau nicht über die Extra­kosten infor­miert werden. Das ist bis heute so. 2015 warnte teltarif.de erneut in einem Sammel­ar­tikel zu Flat­rates, der 2018 in über­ar­bei­teter Form wieder­ver­öf­fent­licht wurde. Auch auf unserer Ratge­ber­seite zu Kosten­fallen beim Handy schil­dern wir das Problem.

Doch es nützt nichts: Offenbar wissen nach wie vor zahl­reiche 1&1-Kunden nicht, dass die Anwahl dieser Rufnum­mern bei ihrem Tarif extra berechnet wird. Seit Beginn des Corona-Lock­downs Mitte März haben sich inzwi­schen schon zwei teltarif.de-Leser bei uns gemeldet, bei denen Kosten für die Anwahl von Konfe­renz­diensten separat auf der 1&1-Rech­nung aufge­taucht sind - in einem Fall sind es deut­lich über 200 Euro. Das Problem ist, dass Begriffe wie "Flat­rate" oder "Allnet-Flat" keiner gesetz­li­chen Defi­ni­tion unter­liegen - jeder Anbieter darf sie so inter­pre­tieren, wie er möchte.

1&1 will Praxis nicht beenden

Wir nahmen die aktu­elle Situa­tion also noch­mals zum Anlass, bei 1&1 nach­zu­fragen, ob es keine Über­le­gungen gab, zumin­dest während der Corona-Zeit die Extra-Berech­nung von Tele­fon­kon­fe­renz-Diensten mit Fest­netz­nummer auszu­setzen. Darüber hinaus wollten wir wissen, ob es nicht zumin­dest während der Corona-Zeit möglich wäre, die Kunden, bei denen auf der Rech­nung Posten für die Anwahl von Konfe­renz­diensten auftreten, nach einem Betrag von 5 oder 10 Euro sofort zu infor­mieren, damit diese ihr Verhalten ändern können (anstatt still­schwei­gend auf eine hohe Rech­nung zu hoffen).

Schließ­lich wollten wir wissen, warum 1&1 als wahr­schein­lich letzter Provider über­haupt noch an einer derar­tigen Praxis fest­hält, während so gut wie alle anderen Provider darauf verzichten. Auf unsere Anfrage schrieb uns eine 1&1-Spre­cherin:

In den 1&1 DSL- oder Mobil­funk­ver­trägen ist eine Telefon-Flat enthalten, mit der Kunden kostenlos ins deut­sche Fest­netz tele­fo­nieren. Soge­nannten Service- und Konfe­renz­dienste sind Ausnahmen, die nicht mit der 1&1 Telefon-Flat­rate abge­deckt werden - wie Sie richtig anmerken. Die Berech­nung erfolgt in einer 60/60-Taktung zu 2,9 Cent pro Minute (brutto). Darüber infor­mieren wir unsere Kunden an mehreren Stellen wie in dem Artikel im 1&1 Hilfe-Center, den Sie auch nennen sowie in unseren Allge­meinen Geschäfts­be­din­gungen und in den jewei­ligen Tarif­de­tails der DSL- und Mobil­funk-Tarife.

Unsere Telefon-Flat­rates beziehen sich auf eine Kommu­ni­ka­tion von Mensch zu Mensch; daher werden Konfe­renz­dienste geson­dert ausge­wiesen. Die anfal­lenden Kosten der Konfe­renz­dienste, die auch nur von wenigen Kunden genutzt werden, stellen wir daher eben diesen einzelnen Kunden in Rech­nung anstatt die Kosten auf alle Kunden umzu­legen.

Das sind die Alter­na­tiven

Wer vom Arbeit­geber die Nutzung eines konkreten Tele­fon­kon­fe­renz­dienstes vorge­schrieben bekommt, kann natür­lich nicht einfach zu einem anderen Dienst wech­seln. In diesem Fall sollte man sich über­legen, mit dem eigenen Fest­netz- oder Mobil­funk­an­schluss zu Hause nach Ablauf der Mindest­ver­trags­lauf­zeit zu einem anderen Anbieter zu wech­seln (Tarif­ver­gleich DSL- und Kabel­an­bieter und Tarif­ver­gleich Handy-Tarife).

Eine andere Möglich­keit ist, bei 1&1 zu bleiben, die Tarife aber nicht mehr für Tele­fon­kon­fe­renzen zu nutzen. In diesem Fall kann man sich eine güns­tige Allnet-Flat bei einem Handy-Provider extra für die Tele­fon­kon­fe­renzen besorgen. Die momentan güns­tigste Allnet-Flat - sogar im Telekom-Netz - bietet Norma Connect mit 4 Euro pro 28 Tage (Norma Connect Allnet-Flat im Tarif­check).

Falls man die Möglich­keit hat, auf den Arbeit­geber einzu­wirken, kann auch die Verwen­dung von kosten­losen Video-Konfe­renzen über das Internet eine Alter­na­tive sein.

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