Themenspezial: Verbraucher & Service Urteil

1&1 durfte wegen Ausnahmen nicht mit Telefon-Flat werben

Bis in die Corona-Pandemie hinein warb 1&1 noch mit einer Fest­netz-Flat, berech­nete dann aber Anrufe zu Tele­fon­kon­ferenz-Diensten mit Fest­netz­nummer extra. Diese Werbung wurde nun gericht­lich als illegal einge­stuft.
Von mit Material von dpa

Der Firmensitz in Montabaur Der Firmensitz in Montabaur
Bild: 1und1
Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter dürfen nicht mit einer Tele­fonie-Flat­rate fürs Fest­netz werben, wenn es davon zahl­lose kosten­pflich­tige Ausnahmen gibt, auf die nicht klar und unmiss­ver­ständ­lich hinge­wiesen wird. Das hat das Land­gericht Koblenz in einem Urteil gegen 1&1 entschieden (Az.: 3 HK O 43/20), auf das der Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band (vzbv) als Klägerin hinweist.

In dem Fall waren zwei Internet-Tarife unter anderem mit einer Tele­fonie-Flat­rate ins Fest­netz als Vertrags­bestand­teil beworben worden. Tatsäch­lich gab es aber Ausnahmen für Nummern mit Orts­vor­wahlen, die nicht klar ersicht­lich waren.

Praxis noch bis Sommer 2020 prak­tiziert

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Bild: 1und1
teltarif.de berich­tete seit Jahren immer wieder über diese unsäg­liche Praxis. 2008 hatte 1&1 Konferenz­num­mern zum Teil noch rigoros ausge­sperrt und dabei auf seine AGB verwiesen. 1&1 hat dann im Früh­jahr 2011 seine dama­ligen Kunden erst­mals über die Extra-Berech­nung infor­miert, im August 2011 hatten wir bemän­gelt, dass die Betrof­fenen beim Rufaufbau nicht über die Extra­kosten infor­miert werden.

Noch zu Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 berech­nete 1&1 die Anwahl von Fest­netz­nummer-Konfe­renz­diensten weiter, obwohl zahl­reiche Kunden nun im Home­office arbeiten mussten. Erst seit Juli 2020 verzichtet 1&1 auf die Extra-Berech­nung.

Die 100 Seiten umfas­sende Ausnah­meliste mit kosten­pflich­tigen Orts­vor­wahl-Rufnum­mern - etwa für die Einwahl bei Tele­fon­kon­ferenz-Diensten - war aber nur in acht Schritten erreichbar. Dadurch sah die Kammer es nicht als gewähr­leistet an, dass sie vom durch­schnitt­lichen Verbrau­cher über­haupt zur Kenntnis genommen wird. Trotz Flat­rate mussten die Kunden für die Anwahl der Rufnum­mern auf der Ausnahmen-Liste 2,9 Cent pro Minute zahlen.

Ein weiterer Grund, warum das Gericht der Klage auf Unter­las­sung irre­füh­render Werbung stattgab: Es sei zwar als bekannt voraus­zusetzen, dass es bestimmte Service­num­mern wie etwa 0180, 0137 oder 0900 gibt, die auch bei einer Flat­rate zusätz­liche Kosten verur­sachen. Anders aber bei geogra­fischen Fest­netz­num­mern, also Nummern mit normalen Orts­vor­wahlen: Hier würden Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher keine kosten­pflich­tigen Dienst­leis­tungen erwarten.

Der Anbieter Netco­logne ist nun einer der letzten Provider, der noch Extra-Gebühren für Servi­cedienste mit Fest­netz­ein­wahl berechnet. Offenbar gab es bis zum Oktober 2020 aber nur drei Beschwerden wegen der Extra-Berech­nung von Konfe­renz-Gebühren. Nach dem Urteil gegen 1&1 will Netco­logne seine Praxis aber erstmal beibe­halten.

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