Bundestrojaner

Online-Durchsuchung kann auch Unverdächtige betreffen

Scharfe Kritik an Schäubles Plänen zum Bundestrojaner
Von Marie-Anne Winter mit Material von AFP und ddp

Die Pläne von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zur heimlichen Online-Durchsuchung von Computern gehen offenbar deutlich weiter als bisher bekannt. Wie die Berliner Zeitung unter Berufung auf den Entwurf des neuen BKA-Gesetzes berichtet, soll das Bundeskriminalamt auch ohne richterliche Genehmigung Online-Durchsuchungen vornehmen dürfen. Zudem solle ein Zugriff auf Computer künftig auch erlaubt sein, wenn durch die Maßnahme unverdächtige Personen mitbetroffen sind. Das könnte der Fall sein, wenn mehrere Personen den betreffenden Computer nutzen oder der PC Bestandteil eines Netzwerks ist.

Neben der umstrittenen Online-Durchsuchung enthält der Entwurf des neuen BKA-Gesetzes laut "Berliner Zeitung" unter anderem auch stark ausgeweitete Möglichkeiten zur Erhebung personenbezogener Daten und für den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Auch der Personenkreis, auf den das BKA seine Ermittlungen ausweiten kann, ist in dem Gesetzentwurf demnach deutlich weiter gefasst als bislang. So sollen die Ermittler künftig nicht nur von Terrorverdächtigen Daten erheben dürfen, sondern auch von "Kontakt- und Begleitpersonen", derer sich potenzielle Täter "zur Begehung der Straftat bedienen könnten".

"Hier soll eine Super-Geheimpolizei geschaffen werden, die sich einer Kontrollmöglichkeit zu großen Teilen entzieht", sagte der Innenexperte der Linken-Bundestagsfraktion, Jan Korte, der Zeitung. Die Gesetzesnovelle leite aus seiner Sicht eine "Zeitenwende" ein, in der das grundgesetzlich abgesicherte Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten faktisch aufgehoben sei.

Auch der FDP-Innenexperte Max Stadler hat die heimlichen Online-Durchsuchungen von Computern erneut strikt abgelehnt. Die geplanten Maßnahmen seien "ein Eingriff in die Privatsphäre, der noch schwerer wiegt als der große Lauschangriff", sagte Stadler heute im ZDF-Morgenmagazin. Das "schafft Misstrauen und ist ein Schritt in den Überwachungsstaat". Datenschützer und Opposition hatten Schäubles Pläne zum Einschleusen von Schnüffelprogrammen ("Bundestrojaner") in Computer am gestern entschieden zurückgewiesen.

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