Themenspezial: Verbraucher & Service Recht

Urteil: Fake-Bewertungen im Internet sind rechtswidrig

Fake-Bewer­tungen im Internet sind ärger­lich - für Online-Shopper ebenso wie für Webpor­tale, deren Ruf leidet. In einem exem­plari­schen Fall schreitet das Münchner Land­gericht ein.
Von dpa /

Fake-Bewertungen im Internet sind ärgerlich Fake-Bewertungen im Internet sind ärgerlich
picture alliance/Stephan Jansen/dpa
In einem Urteil mit Signal­charakter hat das Münchner Land­gericht gekaufte Fake-Bewer­tungen im Internet für rechts­widrig erklärt. Das Gericht gab mit der Entschei­dung einer Klage des Urlaubs­portals "Holi­daycheck" gegen erfun­dene Bewer­tungen statt, die die im südame­rika­nischen Klein­staat Belize ansäs­sige Firma "Fivestar" Marke­ting an mehrere Hote­liers verkauft hatte.

Fivestar darf künftig keine Bewer­tungen mehr von Menschen verkaufen, die nicht tatsäch­lich in dem jewei­ligen Hotel oder Feri­enhaus über­nachtet haben. Das Unter­nehmen muss dafür Sorge tragen, dass die entspre­chenden Fake-Bewer­tungen gelöscht werden.

Fivestar muss außerdem dem zum Medi­enkon­zern Burda gehö­renden Urlaubs­portal Auskunft geben, von wem die erfun­denen Bewer­tungen stammten. Die Entschei­dung erging in Form eines Versäum­nisur­teils. Trotz Ladung war kein Vertreter von Fivestar zur Verhand­lung erschienen.

Firmen sollen von posi­tiven Bewer­tungen profi­tieren

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Ziel­gruppe von Fivestar sind Firmen, die ihre Umsätze durch posi­tive Bewer­tungen aufbes­sern wollen. "Durch Fivestar erhalten Sie hoch­wertige Rezen­sionen Ihrer Produkte, Ihrer Dienst­leis­tungen oder Ihres Shops", wirbt Fivestar auf der eigenen Webseite.

Gekaufte Amazon-Bewer­tungen sind mit einem Preis ab 19,40 Euro am teuersten, Bewer­tungen kann die Kund­schaft aber auch für Google, Face­book oder Arbeit­geber­bewer­tungs­portale kaufen - im Paket billiger. Fivestar warb in der Vergan­genheit damit, dass Spit­zenbe­wertungen verkauft werden, hat diesen Hinweis aber mitt­lerweile gestri­chen.

Die Akti­vitäten von Fivestar sind auch anderen Online-Konzernen aufge­fallen. Der US-Konzern Amazon ist eben­falls sehr darauf bedacht, Fake-Bewer­tungen einen Riegel vorzu­schieben.

In Deutsch­land habe Amazon ein Dutzend Gerichts­entschei­dungen gegen Unter­nehmen erwirkt, die Bewer­tungen verkaufen, erklärte ein Spre­cher auf Anfrage. "Unter anderem haben wir zwei einst­weilige Verfü­gungen gegen Fivestar Marke­ting erreicht, von denen eine bereits durch ein rechts­kräf­tiges Urteil bestä­tigt wurde."

Amazon: Nicht authen­tische Bewer­tungen sind compu­terge­neriert

Die Geschäfts­praxis von Fivestar unter­scheidet sich von anderen Bewer­tungs­firmen, die bei Fake-Rezen­sionen im Internet auf auto­mati­sierte Verfahren setzen. "Nach unseren Schät­zungen sind mehr als 90 Prozent der nicht authen­tischen Bewer­tungen compu­terge­neriert", sagte der Amazon-Spre­cher.

"Wir arbeiten mit Prüf­teams und auto­mati­sierten Systemen, um unechten Rezen­sionen vorzu­beugen, sie aufzu­spüren und Maßnahmen gegen die Betreiber dieses Miss­brauchs zu ergreifen."

Fivestar nutzt dagegen keine Compu­terau­tomaten, sondern heuert freie Mitar­beiter an. Im spezi­ellen Münchner Fall verbietet das Urteil des Land­gerichts Fivestar nicht gene­rell, Bewer­tungen auf Holi­daycheck zu verkaufen - verboten sind jedoch Rezen­sionen von Fivestar-Bewer­tern, "die das Hotel nie von außen, geschweige denn von innen gesehen haben", wie der Vorsit­zende Richter Gawinski formu­lierte.

Ist Fivestar ohne Geschäfts­führer?

Das beklagte Unter­nehmen hat seine Rechts­form kürz­lich in eine Gesell­schaft bürger­lichen Rechts (GbR) geän­dert, wie der Richter vortrug. Eben­falls verur­teilt wurde der ehema­lige Geschäfts­führer, der für die neue Fivestar nicht mehr tätig ist.

Ein neuer Geschäfts­führer ist im Handels­register nicht einge­tragen, das wird dem Unter­nehmen aber nicht helfen, den Ansprü­chen der sieg­reichen Holi­daycheck zu entgehen. "Das ist wie eine Geschlechts­umwand­lung", sagte Richter Gawinski zur Ände­rung der Rechts­form. "Das bedeutet nicht, dass es die Firma nicht mehr trifft."

Face­book ergreift gut ein Jahr vor der US-Präsi­denten­wahl weitere Maßnahmen, um die Verbrei­tung gefälschter Nach­richten einzu­dämmen. Mehr dazu lesen Sie in einer weiteren News.

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