Interview

Freenet: "Viertes Mobilfunknetz belebt den Wettbewerb"

Auf dem deut­schen Mobil­funk­markt werden die Karten bald neu gemischt. Was bedeutet der Start des 5G-Netzes von 1&1 Dril­lisch für Freenet als wich­tigster Service­pro­vider? Darüber spre­chen wir mit Netz­chef Benjamin Grimm.
Von Björn König

Wenn 1&1 Dril­lisch sich in den kommenden Jahren zum vierten Mobil­funk-Netz­betreiber in Deutsch­land weiter­ent­wickelt, bleibt Freenet der letzte große Service­pro­vider ohne eigenes Netz. Damit stellen sich natür­lich auch wich­tige Zukunfts­fragen für den Büdels­dorfer Tele­kom­muni­kati­ons­kon­zern.

Zum Beispiel, ob Freenet künftig auch mit Verträgen im Netz des neuen Anbie­ters vertreten ist oder viel­leicht sogar selbst früher oder später zum Netz­betreiber wird. Das wollten wir von Benjamin Grimm, Leiter Netze und Ange­bote der Freenet AG, wissen. Benjamin Grimm, Leiter Netze und Angebote bei der Freenet AG Benjamin Grimm, Leiter Netze und Angebote bei der Freenet AG
Foto: Freenet AG

teltarif.de: Herr Grimm, Freenet ist vor allem mit seiner Kern­marke mobilcom-debitel nach wie vor ein Service­pro­vider. Hat dieses Geschäfts­modell im Jahr 2021 und mit Blick auf 5G noch eine Zukunft?
Benjamin Grimm: Gerade im Jahr 2021 und mit Blick auf 5G brau­chen wir Service­pro­vider bzw. Diens­tean­bieter. Denn ohne Wett­bewerb kann 5G kein Erfolg werden. Wir werden dazu unseren Teil beitragen.

teltarif.de: United Internet-Chef Ralph Dommer­muth will sich so bald wie möglich aus der Abhän­gig­keit von Voda­fone sowie Telefónica befreien und ein eigenes 5G-Netz aufbauen. Damit dreht sich nicht nur das Geschäfts­modell von 1&1 um 180 Grad, es würde auch den Wett­bewerb auf dem deut­schen Mobil­funk­markt beflü­geln, welcher sich seit dem Verkauf von E-Plus an Telefónica zu einem Oligopol entwi­ckelt hat. Wie beur­teilen Sie diese neue Situa­tion?
Benjamin Grimm: Wir begrüßen diese Entwick­lung. Ein viertes Netz wird den erlahmten Wett­bewerb wieder beleben und damit zu besseren Netzen und Ange­boten führen. Deutsch­land hat dadurch die Chance, in Bezug auf Tele­kom­muni­kation endlich zur euro­päi­schen Spit­zen­gruppe aufzu­schließen.

teltarif.de: Würden Sie Verträge im 5G-Netz von 1&1 Dril­lisch anbieten und sind Sie dies­bezüg­lich bereits mit Herrn Dommer­muth im Gespräch?
Benjamin Grimm: Unser Anspruch ist es, für unsere Kunden die attrak­tivsten Ange­bote in allen Netzen zu haben. Das schließt auch ein neues viertes Netz ein. Sobald 1&1 Dril­lisch die Rahmen­bedin­gungen für den Netz­start fixiert hat, werden wir in konkrete Gespräche gehen.

teltarif.de: Aktuell vermarkten Sie alle drei großen Netz­betreiber. Wo liegt dabei der Schwer­punkt?
Benjamin Grimm: Der Schwer­punkt liegt darauf, unseren Kunden die rich­tigen, sprich bedarfs­gerechten, Tarife anzu­bieten. Ob Bundle mit Highend-Smart­phone oder güns­tiger Sim-Only-Tarif – die Zusam­men­arbeit mit allen drei Netzen ermög­licht uns, unseren Kunden die Wahl zu lassen. In Kombi­nation mit unserer breiten Vertriebs­ober­fläche und unseren starken Marken wie mobilcom-debitel, klar­mobil, call­mobile, free­net­mobile und nicht zuletzt freenet FUNK und freenet FLEX macht das unseren Erfolg aus.

teltarif.de: Welchen Zugriff haben Sie bereits jetzt auf 5G bei Deut­scher Telekom, Voda­fone und Telefónica?
Benjamin Grimm: Da wir uns noch in inten­siven Verhand­lungen befinden, kann ich heute noch nicht viel sagen. Nur so viel: Wir werden zeitnah mit der Vermark­tung von 5G beginnen.

teltarif.de: Schon jetzt setzt Freenet stark auf Mobil­funk­ver­träge mit unbe­grenztem Daten­volumen. Beispiele hierfür sind das bereits von Ihnen erwähnte Freenet Funk aber auch die o2 Unli­mited-Verträge über mobilcom-debitel, welche oftmals zu güns­tigeren Sonder­kon­ditionen ange­boten werden. Spielen solche Produkte auch mit Blick auf 5G eine zuneh­mende Rolle?
Benjamin Grimm: Das Thema Unli­mited befindet sich in Deutsch­land noch in den Kinder­schuhen. Seitens einer digi­tal­affinen Klientel sehen wir durchaus eine stei­gende Nach­frage – wenn der Preis stimmt. Mit freenet FUNK und unseren Unli­mited-Verträgen im Netz der Telefónica sind wir in diesem Markt­seg­ment promi­nent vertreten. Unab­hängig von 5G wird das Thema in den nächsten Jahren weiter an Fahrt gewinnen.

teltarif.de: Mobil­funk ist bei Freenet nach wie vor das Kern­pro­dukt, eine "Gigabit-Gesell­schaft" ist aber ohne Glas­faser nicht denkbar. Wird dieses Thema für Sie auch noch eine Rolle spielen?
Benjamin Grimm: Künf­tige Netze werden maßgeb­lich auf Glas­faser aufbauen – das gilt auch für 5G. Das Thema genießt also zu Recht große Aufmerk­sam­keit und nach vielen Jahren voller Trip­pel­schritte kommt der Ausbau in Deutsch­land nun endlich in Fahrt. Wir vertreiben im Übrigen schon heute eine rele­vante Menge an DSL- und Kabel­anschlüssen - ich kann mir inso­fern gut vorstellen, dass das Thema Glas­faser auch bei uns in Zukunft eine wich­tige Rolle spielen wird.

teltarif.de: In der Schweiz haben Sie sich im vergan­genen Jahr aus der Betei­ligung an Sunrise zurück­gezogen. Hat diese Entschei­dung stra­tegi­sche Bedeu­tung für die weitere Entwick­lung in Deutsch­land?
Benjamin Grimm: Bei unserer Betei­ligung an Sunrise handelte es sich um eine Finanz­betei­ligung, die wir zu einem ange­mes­senen und für unsere Aktio­näre sehr erfreu­lichen Preis abge­geben haben. Eine stra­tegi­sche Weichen­stel­lung ist damit nicht verbunden.

teltarif.de: Viele Unter­nehmen haben mit Blick auf die Corona-Pandemie ihren Online-Vertrieb ausge­baut. Welche Auswir­kungen hat die aktu­elle Situa­tion auf das mobilcom-debitel-Fili­alnetz?
Benjamin Grimm: Der direkte und indi­rekte Online-Vertrieb spielt bei uns seit langem eine wich­tige Rolle. Zusammen mit unseren App-basierten Ange­boten fühlen wir uns hier gut aufge­stellt. Wir dürfen aller­dings nicht vergessen, dass sich viele Kunden persön­liche Bera­tung und Service vor Ort wünschen. Wo immer es sicher machbar ist, bieten unsere Filialen und Handels­partner daher auch in schwie­rigen Zeiten diese Möglich­keit.

teltarif.de: Wäre es zumin­dest vorstellbar, dass auch Freenet irgend­wann zum Mobil­funk-Netz­betreiber wird oder ist eine solche Entwick­lung völlig ausge­schlossen?
Benjamin Grimm: Aus heutiger Sicht halte ich das für unwahr­schein­lich – mit vier Netzen sind wir im deut­schen Markt perspek­tivisch gut ausge­stattet. Auch der Infra­struktur-Wett­bewerb hat Grenzen. Inno­vationen entstehen heute auf Diens­tee­bene – freenet FUNK ist ein gutes Beispiel dafür.

teltarif.de: Herr Grimm, vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Benjamin Grimm
Benjamin Grimm verfügt über mehr als 20 Jahre Erfah­rung in der Tele­kom­muni­kati­ons­branche (Fest­netz und Mobil­funk) und ist seit zehn Jahren in der freenet Group tätig. Dort begann er 2010 als Leiter Netz­betrei­ber­steue­rung & New Busi­ness. Seit 2015 verant­wortet er den Bereich Netze & Ange­bote und damit sowohl die Zusam­men­arbeit mit den Netz­betrei­bern als auch das Mobil­funk-Neuge­schäft unter der Marke mobilcom-debitel. Vor seinem Eintritt bei freenet war Benjamin Grimm in verschie­denen Manage­ment-Funk­tionen unter anderem für die Telecom Italia Gruppe und für regio­nale Carrier tätig.

In einem weiteren Inter­view spra­chen wir mit 1&1 Versatel-CEO Dr. Sören Trebst.

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