Breitbandausbau: Wenn die Graben-Hexe nicht weiter will
Die „Graben-Hexe“ ist ein Horizontalbohrgerät, auf Englisch „Ditch Witch“ genannt, das die Deutsche Telekom am Chiemsee einsetzt, um die Fraueninsel – wie berichtet – mit Glasfaser anzubinden. Doch beim Verlegen der Kabel zerreißt es den Bohrkopf. Er steckt im Kanal fest. Zunächst wird mit einer Fähre versucht, den Bohrkopf zu lösen. Nichts passiert. Auch zwei Fähren vermögen nicht, den störrischen Bohrkopf zu bewegen. Als selbst die PS-stärkste Chiemsee-Fähre Irmgard es nicht schafft , bleibt der Telekom nur die Option, mit der Graben-Hexe ein zweites Loch zu bohren. Dann klappt endlich alles und wenig später ist auch die Fraueninsel mit Glasfaser ans Internet angebunden.
Drama am Chiemsee
Vodafone beschleunigt das Kabelnetz
Weitaus weniger dramatisch ging es in den vergangenen Wochen bei anderen Ausbauprojekten der Telekom zu. Im thüringischen Greußen sind die Planungen für das Glasfasernetz abgeschlossen. Jetzt beginnen die Bauarbeiten, um rund 95 Kilometer Glasfaser zu verlegen und 36 Verteiler aufzustellen. Von dem Ausbau profitieren rund 2.000 Haushalte. Auch mit Super-Vectoring macht die Telekom weiter, wie etwa in Ellrich, eine Autostunde nördlich von Greußen. Hier erhalten 1.700 Haushalte Highspeed Internet mit maximal 250 MBit/s. Gleiches gilt für insgesamt 2.750 Haushalte in den sächsischen Orten Hartha und Reinhardtsdorf-Schöna.
Auch bei den Telekom-Wettbewerbern steht der Breitbandausbau nicht still. Vodafone hat seinen Rollout im Kabelnetz – wie berichtet – weiter fortgesetzt. In Städten wie Wismar, Soltau, Magdeburg oder Bautzen können inzwischen über 540.000 Kabelhaushalte mit bis zu 1 GBit/s im World Wide Web surfen. Bislang hat Vodafone 17,7 Millionen Kabelhaushalte und damit über 40 Prozent aller Haushalte in Deutschland mit Gigabit versorgt. Bis 2022 wollen die Düsseldorfer insgesamt 25 Millionen solcher Anschlüsse gebaut haben.
Die envia TEL will Unternehmen in Niederdorf und Plockau-Lengefeld mit bis zu 10 Gbit/s versorgen
envia TEL
Rhein-Sieg-Kreis, Pulheim und Geseke erhalten Highspeed
Nicht weit von Düsseldorf entfernt wird ebenfalls kräftig gebaut. Die Kölner Stadtwerketochter NetCologne möchte gerne in Pulheim ein FTTH-Netz bauen, hat dafür aber noch nicht die 40-Prozent-Marke in der Vorvermarktung erreicht. Die Corona-Pandemie erschwert zwar das Marketing, weshalb NetCologne die Vorvermarktung bis Ende April 2020 verlängert hat, aber die Kölner geben sich positiv. „Die bisher eingegangenen Stimmen zeigen das große Interesse der Pulheimer Bürgerinnen und Bürger“, sagt NetCologne-Geschäftsführer Timo von Lepel.
Im Rhein-Sieg-Kreis ist das Telekommunikationsunternehmen bereits weiter. Seit dem Spätsommer 2018 baut NetCologne zusammen mit innogy ein Glasfasernetz im östlichen Rhein-Sieg-Kreis auf. Jetzt können in Windeck-Kohlberg und Halscheid die ersten Kunden auf das neue Netz wechseln und mit bis zu 100 MBit/s durch das World Wide Web surfen. Man sei im Plan, teilt NetCologne mit. Der Abschluss der Ausbauarbeiten im Rhein-Sieg-Kreis ist weiterhin für Ende dieses Jahres geplant. Weiter nördlich in Nordrhein-Westfalen, in Geseke im Kreis Soest, hat innogy die Breitbandbauarbeiten im Stadtteil Mönninghausen beendet und widmet sich nun zusammen mit Westnetz dem zweitgrößten Geseker Ortsteil Ehringhausen. Hier sollen 281 einen Glasfaseranschluss erhalten.
Bürgermeister Remco van der Velden und Ortsvorsteherin Susanne Schulte Döinghaus gaben den Startschuss für den Glasfaserausbau in Ehringhausen
Stadt Geseke
Ausbau bis 10 GBit/s
Auch andernorts werden Pläne für die Zukunft geschmiedet. Die Breitbandversorgung Deutschland (BBV) wird bis 2024 alle 27 Kommunen des Neckar-Odenwald-Kreises mit Glasfaser bis in die Gebäude versorgen. Derzeit laufen intern weitere Gespräche, wo der Ausbau konkret beginnen soll und wie das Projekt sinnvollerweise auf das gesamte Kreisgebiet ausgerollt werden kann. Derweil beginnen in Sögel und Bakum, in der Nähe von Cloppenburg, die Tiefbauarbeiten. Für insgesamt 3.750 Haushalte baut der Telekommunikations- und Energieversorger EWE Glasfaseranschlüsse. In den sächsischen Orten Niederdorf und Plockau-Lengefeld sind die Bagger von envia TEL bereits angerollt. Hier erhalten die ansässigen Unternehmen Breitbandzugängen mit bis zu 10 GBit/s. Bis Ende Mai 2020 soll das Glasfasernetz in beiden Orten fertiggestellt werden; wenn nichts dazwischenkommt - weder ein Virus noch eine Graben-Hexe.