Telekom: Höttges warnt vor digitalem Eisernem Vorhang
In Köln fand am Dienstag und Mittwoch die Messe Digital-X statt.
Grafik: Deutsche Telekom
In Köln fand gestern und heute die Digital X, "Europas führende Digitalisierungsinitiative" statt. Eine Messe zum Thema Digitalisierung, angeregt, entwickelt und gesponsert von der Deutschen Telekom, Bereich Geschäftskunden, aber auch mit mittelfristigen Auswirkungen auf Angebote für Privatkunden. teltarif.de hat sich vor Ort umgesehen.
Umfangreiches Rahmenprogramm
In Köln fand am Dienstag und Mittwoch die Messe Digital-X statt.
Grafik: Deutsche Telekom
Im Rahmenprogramm gab es Vorträge auf einer großen Bühne, TV-Moderatorin Nazan Eckes moderierte die Veranstaltung, TV-Spaßvogel Guido Cantz durfte das Publikum aufwärmen.
Es gab Vorträge von Ex-US-Gouverneur Arnold Schwarzenegger, der sich als US-Republikaner sehr für Nachhaltigkeit einsetzt und damit kein Freund des ehemaligen Präsidenten ist, sowie von Dr. Wladimir Klitschko, bekannt als Box-Weltmeister. Er ist längst Unternehmensberater und gefragter Gesprächspartner von Politik und Wirtschaft.
Höttges kritisiert schlappen Wahlkampf
Telekom Chef gab einen Überblick über den TK-Weltmarkt.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Am Dienstag Morgen hatte Telekom-Chef Tim Höttges auf der Hauptbühne einen tiefgehenden Überblick über die aktuelle Lage des TK-Weltmarktes gegeben und sparte nicht mit Kritik am aktuellen Bundestagswahlkampf. Der sei "viel zu schlapp", denn es werde viel zu wenig über Inhalte gesprochen. "Wird Europa aus der Krise kommen?"
"Wir fühlen uns enorm wohl und sind uns nicht bewusst, wie schnell sich die Welt ändern kann." Die Welt brauche "jede Minute Aufmerksamkeit", um Wohlstand und Sicherheit zu wahren, "große Mächte helfen nicht", die Menschen vor Ort helfen in Solidarität. Völlig aus heiterem Himmel kam das Hochwasser im Ahrtal und Teilen von Nordrhein-Westfalen, jetzt packen alle mit an. Höttges skizzierte kurz die umfangreichen Hilfsmaßnahmen der Telekom (teltarif.de berichtete).
Digitale Spaltung der Welt
Europa ist digital nicht wettbewerbsfähig.
Grafik: Deutsche Telekom / Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Aber Höttges stellte auch fest: "Wir haben ein Problem, was Digitalisierung angeht. Wir sind von China und USA abhängig." Die Spieler im europäischen Markt sind gegenüber den Weltkonzernen erschreckend klein. In den USA mit 300 Millionen Einwohnern gebe es drei große Mobilfunkanbieter, beispielsweise T-Mobile USA mit 153 Milliarden "Marktkapitalisierung".
In Europa gibt es 27 Länder mit drei bis vier Netzbetreibern pro Land. Dabei sei die Deutsche Telekom der größte Netzbetreiber und mehr wert als Telefónica, Vodafone oder Orange (Frankreich) zusammen.
Warnung vor digitalem Eisernen Vorhang
Der "digitale eiserne Vorhang" spaltet die TK-Welt.
Grafik Telekom / Foto: teltarif.de
Weltpolitisch warnte Höttges vor einem "digitalen Eisernen Vorhang", die Welt seit aufgespalten in einen chinesisch/russischen Teil, die ein abgeschirmtes Internet, das Handybetriebssystem Harmony OS, die Suchmaschine Baidu, das Navigationssystem Beidou oder das Bezahlsystem Ali Pay benutzten und derzeit an einer chinesischen Variante von 6G entwickelten.
Auf der anderen Seite liege die Welt von Google und Apple und ein amerikanisches 6G und ein (relativ) offenes Internet. Diese Spaltung müsse unbedingt überwunden werden. Das könne schon depressiv machen.
Musterland der Digitalisierung: Estland
Höttges war mit seinem Team in Estland, einem der digitalsten Länder der Welt. Dort sind viele Vorgänge des täglichen Lebens und Behördengänge längst digital möglich. Und dabei liege die dortige Durchschnittsdatenrate überraschenderweise bei nur 80 MBit/s.
Wer soll die Netze bezahlen?
Die Digitalisierung sei eine Summe der Einzelteile. Man frage sich, wer die Digitalisierung zahlen soll. Sein Netz wird mit Daten geflutet, beispielsweise von Google. Google erklärte ihm dazu, die Kunden sollten doch für den Netzzugang (mehr) zahlen, um die Netze aufbauen zu können.
Viele Kunden widersprächen und sähen (schnelles) Internet als ein Menschenrecht ("Human right"), was einfach da sein müsse.
Die ganzen Over The Top Player, die beispielsweise Nachrichtendienste (Messenger), Social Media oder Videostreaming und vieles mehr anbieten, wollten aber auch nichts bezahlen. Hier wünscht sich Höttges eine Neuregelung.
Einen kleinen Streifzug über die Messe machen wir in einem weiteren Artikel.