Kritik

Minister: BNetzA muss Vectoring-Entwurf überarbeiten

Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies kritisiert den Vectoring-Konsultationsentwurf der Bundesnetzagentur und fordert einen schnelleren Glasfaserausbau. Pikant: Lies ist gleichzeitig Vorsitzender des BNetzA-Beirats.
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Nachdem Digitalkommissar Günther Oettinger den Vectoring-Konsultationsentwurf der Bundesnetzagentur im Namen der EU regelrecht zerpflückt hatte, mehren sich nun weitere Stimmen, die eine anders geartete Regulierung zum Breitbandausbau fordern. Zunehmend wird nicht nur darüber diskutiert, dass eine einseitige Bevorzugung der Telekom den Wettbewerb behindern könnte, vermehrt ist auch zu hören, dass der Fokus auf die Kupfertechnik Vectoring den Glasfaserausbau bis ins Haus "um Jahre" verzögern könnte.

In der Diskussion hat sich heute Olaf Lies (SPD) zu Wort gemeldet, der niedersächsische Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Doch Lies hat noch ein anderes politisches Amt inne: Er ist Vorsitzender des Beirats der Bundesnetzagentur - und dieses Gremium hatte bereits im Januar noch unter seinem früheren Vorsitzenden deutliche Nachbesserungen am Entwurf gefordert.

Lies: Auch Wettbewerber müssen Ausbauzusagen machen

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Olaf Lies forderte heute einen technologische zukunftsfähigen Breitbandausbau und begrüßt die vertiefte Prüfung der EU-Kommission. Die Zeit müsse jetzt genutzt werden, "um zu einem Vorschlag zu kommen, der einen fairen Wettbewerb ermöglicht und die Voraussetzungen für die Entwicklung zu einer nachhaltigen Breitbandinfrastruktur schafft."

Nicht ganz ohne Seitenhieb auf die Pläne der Bundesregierung sagte Lies: "Wir dürfen den Wettbewerb nicht beschränken, nur um kurzfristig ambitionierte Ausbauziele bis 2018 zu erreichen. Wir müssen jetzt die richtigen Weichen für die Gigabitgesellschaft stellen. Die Datenmengen werden immer größer, damit wachsen auch die Ansprüche. Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 MBit/s werden in naher Zukunft nicht mehr ausreichend sein."

Drei Viertel der Bevölkerung würde in Deutschland in Ballungsgebieten leben, wo der Breitbandmarkt "eine hohe Wettbewerbsintensität aufweist" und "ein marktgetriebener Ausbau von Gigabitnetzen" zu erwarten sei. Auch im ländlichen Raum gebe es "positive Marktaktivitäten" mit einer "systematischen Nutzung von Kosteneinsparmöglichkeiten". In manchen Gebieten würde jedoch kein Netzaufbau stattfinden, weil er sich betriebswirtschaftlich nicht rechnet.

"Hier stellt sich schon die Frage wie in den Ballungsräumen marktgetrieben in den nächsten zehn Jahren ein Glasfaserausbau erfolgen soll, wenn jetzt ausschließlich auf die Vectoring-Technologie gesetzt wird", äußerte sich Lies. "Es bleibt zu hoffen, dass die vertiefte Prüfung der Kommission in einem so genannten serious-doubts-Prüfungsverfahren zu einem Ergebnis führt, das den Bedenken, die auch der Beirat der Bundesnetzagentur formuliert hat, Rechnung trägt. Ein Monopolrecht und damit die Bevorzugung für das Vectoring darf es nicht geben."

Doch Lies erwartet auch mehr Engagement von den Telekom-Wettbewerbern, wenn er sagt: "dass auch großflächige Investitionszugsagen von Wettbewerbern in die Entscheidungsfindung einbezogen werden." Zudem müsse in Bezug auf den als Ersatzzugang vorgesehenen virtuell entbündelten Teilnehmeranschluss (VULA) "schnell Klarheit geschaffen werden". Das von der Telekom angebotene Ersatz-Produkt müsse mit der Qualität einer entbündelten Teilnehmeranschlussleitung "im hohen Maße vergleichbar" sein und für die Mitbewerber bei Inkrafttreten der Entscheidung auch tatsächlich verfügbar sein. Dies hatte schon der Beirat bei der Bundesnetzagentur gefordert.

EWE Tel erneuert Angebot an BNetzA

Nach der Mitteilung von Wirtschaftsminister Lies äußerte sich heute auch der Mitbewerber EWE Tel in dieser Richtung. Vectoring dürfe nur als Übergangstechnologie bis zum Glasfaserausbau betrachtet werden. Ein Angebot für eine "optimale und nachhaltige Versorgung" liege der Bundesnetzagentur vor.

Bundesweit monopolisierte Nahbereiche seien jedoch "Gift für den weiteren Breitbandausbau". EWE-Vorstandsvorsitzender Matthias Brückmann konstatiert: "Für zukunftssichere Netze muss die Bundesnetzagentur jetzt die Weichen richtig stellen und sich richtig entscheiden. Ihr bisheriger Beschluss führt nach einer sehr kurzen Fahrtzeit direkt auf das Abstellgleis der digitalen Gesellschaft." Der Netzbetreiber kritisiert, dass die Bundesnetzagentur die Angebote alternativer Anbieter bisher nicht berücksichtigt hat und diesen "sehr hohe Hürden für einen eigenen Ausbau" auferlegt. Die Behörde vernachlässige dabei auch "das bisherige umfassende Engagement der alternativen Telekommunikationsunternehmen für den Breitbandausbau."

Insgesamt habe EWE bis heute 6000 Kabelverzweiger an das Breitbandnetz angeschlossen. EWE Tel hat der Bundesnetzagentur verbindlich angeboten, mehr als 90 Prozent aller Haushalte in den Nahbereichen des EWE-Vertriebsgebietes mit mindestens 50 MBit/s zu erschließen.

Warum die alternativen Anbieter bislang nicht zum Zug gekommen sind, haben wir in dieser Meldung zusammengefasst.

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