Providerprivileg: Anbieter haften (noch) nicht für Inhalte
Bundesinnenminister Thomas de Maizière
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Die Forderung von Bundesinnenminister Thomas de
Maizière (CDU), Internet-Dienstleister stärker in die Verantwortung
im Kampf gegen Terror-Propaganda zu nehmen, facht eine jahrelange
Debatte wieder an. Aktuell läuft es so, dass Online-Diente erst tätig
werden, wenn sie auf illegale Inhalte auf ihrer Plattform hingewiesen
oder von Behörden um Hilfe ersucht werden. Eine Verpflichtung,
proaktiv nach Rechtsverstößen zu suchen, würde eine ganz neue
Situation schaffen. Aktuell ist es nur bei Kinderpornografie so, dass
Provider von sich aus solche Inhalte suchen, löschen und die Behörden
informieren.
In Paragraph 7 des Telemediengesetzes heißt es, Diensteanbieter seien "nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen." Die Internet-Branche sieht es nicht als ihre Aufgabe, dem Staat Ermittlungsarbeit abzunehmen. Zugleich ist nach wie vor umstritten, inwieweit Onlinedienste wie Facebook, Twitter oder Google unter die Definition des Telemediengesetzes für Diensteanbieter fallen. Und gerade solche international agierende Plattformen haben es mit unterschiedlichen Regelungen zu erlaubten und verbotenen Inhalten in einzelnen Regionen zu tun. In Deutschland haben sie eine "Task Force" mit der Bundesregierung gebildet, um Hasskommentare zu stoppen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière
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Technisch ist es problemlos möglich, Inhalte nur für einzelne Länder
zu sperren - das wird auch gemacht, zum Beispiel bei Nazi-Symbolen in
Deutschland. Allerdings sind VPN-Tunnel weit verbreitet, mit denen
sich solches Geoblocking aushebeln lässt. Solche Dienste werden auch
in Ländern wie China oder aktuell in der Türkei genutzt, um
staatliche Inhalte-Sperren zu umgehen.
Anlass: Aktuelle Bedrohungen in Deutschland
Im Kampf gegen die Propaganda von Terrororganisationen will Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Internet-Provider nun stärker in die Pflicht nehmen. "Ich finde es nicht zu viel verlangt, dass Hassmails, Anleitungen zum Bombenbauen und Ähnliches schneller aus dem Netz verschwinden", sagte der CDU-Politiker heute in Berlin. "Ich erwarte da mehr Selbstverantwortung von den Providern." Anlass der Debatte ist der Axt-Angriff eines Flüchtlings, der vermutlich durch Internet-Propaganda der Terrormiliz IS angestachelt wurde.
Internet-Dienstleister berufen sich oft auf ihre Neutralität oder die Meinungsfreiheit. De Maizière versicherte: "Auch der Staat will keine Zensur üben." Die Bekämpfung und Vorbeugung von Straftaten müsse aber auch im Internet möglich sein. Der Würzburger Attentäter hatte am Montagabend in einem Regionalzug fünf Menschen verletzt, ehe er von Polizisten erschossen wurde.