Urteil

Urteil: Mobilfunkanbieter muss vor Kostenfalle warnen

Handy-Kunde muss Schock-Rechnung über 11 500 Euro nicht bezahlen
Von Marie-Anne Winter

Neues Urteil vom OLG Schleswig Neues Urteil vom OLG Schleswig: Gute Nachricht für Handy-Kunden.
Bild: fotolia
Die Möglichkeiten der mobilen Datennutzung werden von immer mehr Handy-Kunden mit wachsender Begeisterung genutzt. Allerdings gibt es auch immer wieder ein böses Erwachen, etwa wenn plötzlich eine Schock-Rechnung über mehrere Tausend Euro ins Haus flattert, weil man in eine unerwartete Kostenfalle getappt ist.

Neues Urteil vom OLG Schleswig Neues Urteil vom OLG Schleswig: Gute Nachricht für Handy-Kunden.
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In Sachen unerwartet hohe Mobilfunk-Rechnung gibt es nun aber eine gute Nachricht für Handynutzer: Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat entschieden, dass ein Handykunde eine Rechnung von rund 11 500 Euro nicht bezahlen muss, weil ihn sein Mobilfunkanbieter nicht darüber informiert hat, dass bei der Einrichtung eines bestimmten Programms auf dem Handy automatisch eine kostenpflichtige mobile Internetverbindung gestartet wird. Habe das Unternehmen nicht auf diese Kostenfalle hingewiesen, verletze es seine Pflichten gegenüber dem Kunden und den Grundsatz von Treu und Glauben, heißt es in einer heute veröffentlichten Entscheidung [Link entfernt] des 16. Zivilsenates des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts. (Az 16 U 140/10)

Zum Sachverhalt: Bei dem klagenden Unternehmen handelt es sich um einen Mobilfunkanbieter. Mit diesem Unternehmen hatte der beklagten Verbraucher einen Vertrag über Mobilfunkleistungen geschlossen, der auch die Nutzung des Internets umfasste. Die Preise für die Internetnutzung richteten sich nach der jeweils verbrauchten Datenmenge und dem Zeitumfang der Nutzung. Der Tarif für die Internetnutzung war aber nur bei geringfügiger Internetnutzung vorteilhaft.

Dann hatte der Kunde von seinem Mobilfunkanbieter anlässlich einer Vertragsverlängerung günstig ein neues Mobiltelefon erworben, zu dem laut Werbung des Mobilfunkanbieters auch eine Navigationssoftware gehörte. Als der Verbraucher die Navigationssoftware auf dem neuen Mobiltelefon installierte, startete automatisch eine Aktualisierung des vorhandenen Kartenmaterials über das Internet, die mehrere Stunden dauerte. Daraufhin stellte der Mobilfunkanbieter seinem Kunden für einen Zeitraum von 20 Tagen 11 498,05 Euro in Rechnung.

Pflichtverletzung beim Anbieter

Das Oberlandesgericht sah in dem Verhalten des Mobilfunkanbieters eine Verletzung vertraglicher Pflichten, so dass diesem nach "Treu und Glauben" nicht das vereinbarte Entgelt für die Internetnutzung zustünde:

"Die Klägerin hat ihre Nebenpflichten aus dem Mobilfunkvertrag verletzt, indem sie den Beklagten ohne nachdrückliche Warnung vor der Kostenfalle ein Mobiltelefon verkaufte, das im Rahmen der Installation der Navigationssoftware eine kostenpflichtige automatisch startende Kartenaktualisierung vorsah. Nebenpflicht im Rahmen eines Mobilfunkvertrages ist die Pflicht beider Vertragspartner für eine möglichst reibungslose und transparente Abwicklung des Vertragsverhältnisses zu sorgen, und die Fürsorgepflicht, möglichst Schäden von der anderen Seite abzuwenden. Der Käufer eines Mobiltelefons mit Navigationssoftware geht davon aus, dass diese auf aktuellem Stand ist. Muss er sich im Laufe der Installation entscheiden, ob er eine Kartenaktualisierung in Gang setzen will, so wird und darf er denken, dass er nur so und ohne weitere Kosten an die ihm nach dem Kaufvertrag zustehende aktuelle Software gelangen kann. Auf Abweichendes müsste der Verkäufer ausdrücklich hinweisen, was hier nicht geschehen ist."
Statt des ursprünglich verlangten Horrorbetrages muss der beklagte Verbraucher jetzt lediglich 35,93 Euro für die Inanspruchnahme weiterer Mobilfunkleistungen zahlen.

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