Netzausbau

EWE Tel fordert bei Telekom Trennung von Netz & Geschäft

Harte Bandagen in der Lobby-Arbeit: Während die Telekom einen exklusiven Netz-Ausbau fordert, beantragt EWE Tel eine Abspaltung des Telekom-Netzes aus der Telekom. Auch was den Telekom-VDSL-Vectoring-Ausbau und die BNetzA angeht, gibt es Kritik.
Von Thorsten Neuhetzki

Kritik an Telekom und BNetzA Kritik an Telekom und BNetzA
Foto: dpa
Die Telekom will durch ihren Regu­lierungs­antrag im Vectoring-Nahbereich erreichen, dass die Wettbewerber kein VDSL mehr im Nahbereich um die knapp 8 000 Vermittlung­sstellen in Deutschland anbieten dürfen. Mehr noch: Bestands­kunden sollen auf eine Bitstream-Vorleistung umgestellt werden, damit die Telekom einen alleinigen VDSL-Vectoring-Ausbau in dem Gebiet vornehmen kann. Doch die Wettbewerber schießen zurück: EWE Tel fordert in einer schriftlichen Stellung­nahme an die Bundesnetz­agentur, eine funktionale Trennung bei der Telekom einzuführen. Im Klartext: Das Netz der Telekom soll in eine Netz­gesellschaft überführt werden, bei der die Telekom für ihre Kunden gleichberechtigt mit den Wettbewerbern agieren muss. Auch von anderen Wettbewerbern und gegen die Bundes­netzagentur werden Stimmen laut.

EWE Tel: "Antrag ist Etikettenschwindel"

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Gegenüber unserer Redaktion heißt es von EWE Tel, man habe bei der Bundes­netzagentur eine umfassende Stellungnahme eingereicht und beantragt, den Antrag der Deutschen Telekom zurückzuweisen. "Dieser Antrag ist ein Etiketten­schwindel: Er zahlt nicht auf die Breitbandziele der Bundes­regierung oder der EU-Kommission ein und dient einzig der Remono­polisierung des Tele­kommunikations­marktes und der Verdrängung der Wettbewerber", so der Anbieter. Die alternativen Anbieter einschließlich EWE Tel schultern in Deutschland nach Angaben des Anbieters bereits 50 Prozent des Breitbandausbaus. "Für eine möglichst flächendeckende Versorgung mit schnellen Internet­zugängen braucht Deutschland einen fairen Infrastruktur­wettbewerb. Dieser ist nur gewährleistet, wenn alle Anbieter diskriminierungs­frei auf die 'letzte Meile' - die Leitung zwischen den Hauptverteilern und den Kunden - zugreifen können, die in Zeiten des staatlichen Monopols geschaffen wurde." In der Folge hat EWE Tel in seiner Stellungnahme auch beantragt, "diese Netzinfrastruktur in eine unabhängige Einheit auszugliedern". EWE Tel bestätigte damit gleichzeitig einen Bericht des Handelsblatts in seiner heutigen Ausgabe.

Breko und EWE Tel fordern funktionale Trennung von Netz und Geschäft

In der unserer Redaktion vorliegenden Stellungnahme heißt es dazu: "Wir gehen davon aus, dass ein funktional getrenntes Unternehmen die zu Grunde liegenden Interessenskonflikte nicht hätte und durch einen Rückgriff auf die identische Vorleistungen auch [die Telekom] endlich ein Interesse an nachhaltigen Verbesserungen der heutigen Probleme entwickelt. EWE Tel spielt damit auf diverse Probleme im Alltag an, die Schnittstellen, Entstörungen und Infrastrukturfragen betreffen. Die Probleme ließen sich laut EWE Tel nur durch eine funktionale Trennung des Geschäftsbereiches "Wholesale" von der Telekom erreichen.

Auch andere Wettbewerber kritisieren fortlaufend die Telekom. So stößt der Wett­bewerbs­verband Breko in einer Stellungnahme in das gleiche Horn wie EWE Tel: "Nachdem es in über 17 Jahren Wettbewerb nicht gelungen ist, die [Telekom] dauerhaft zu einer vertragskonformen und diskriminierungsfreien Leistungserbringung zu bewegen und nachdem das vereinbarte Leistungsniveau durch die [Telekom]deutlich und durchgehend verfehlt wird, ist es an der Zeit, die Wirkungslosigkeit der bisher angeordneten Maßnahmen zur Qualitätssicherung zu konstatieren und [...] die Frage einer funktionalen Trennung des Geschäftsbereichs 'Wholesale' von den anderen Geschäftsbereichen der [Telekom] ernsthaft in Erwägung zu ziehen." Die gleiche Stoßrichtung von EWE Tel und Breko ist wenig verwunderlich: Breko-Präsident Norbert Westfal ist gleichzeitig einer der EWE-Tel-Geschäftsführer.

Bisheriger VDSL-100-Ausbau kaum im ländlichen Raum

Wettbewerber wie Eifel-net stört noch etwas anderes: Anfang März meldete die Telekom, sie habe weitere 600 000 Haushalte mit VDSL 100 und somit mit Vectoring. Erst bei genauerem Hinsehen stellte sich aber heraus: Viele der Gebiete sind erst ab Mai versorgt, im März wurde lediglich die Vermarktung aufgenommen. Und: "Weniger als 3 Prozent der 600 000 Haushalte befinden sich im ländlichen Raum", sagt Eifel-net-Chef Michael Bergeritz gegenüber teltarif.de. Nach seinen Analysen wurde in vielen Gebieten zunächst einmal nur VDSL realisiert, Vectoring aber nur punktuell aktiviert geplant, keineswegs aber ganze Städte versorgt. Das ist angesichts des im Nahbereich noch nicht zugelassenen Vectoring-Verfahrens aber auch nicht möglich. Dennoch unterstreicht er damit auch die EWE-Tel-Position.

Auffällig ist aber, dass die Telekom unter anderem in Römerberg auf Vectoring setzt - einem Gebiet, wo es schon Glasfaser bis ins Haus gibt. Erstaunlich auch: Mit Gießen hat uns die Telekom einen Ausbau-Ort genannt, in dem VDSL 100 laut Ausbaukarte derzeit weder verfügbar noch geplant ist. Eine Anfrage der teltarif.de-Redaktion an die Telekom, wie viele Kabelverzweiger tatsächlich schon mit Vectoring ausgerüstet wurden und wie viele von ihnen bislang gar nicht mit VDSL versehen waren, blieb auch nach mehren Tagen trotz Nachfragen ohne Antwort.

Kritik auch an Bundesnetzagentur

Doch die Kritik richtet sich nicht nur gegen die Deutsche Telekom. Auch die Bundesnetzagentur wird von EWE Tel in ihrer Stellungnahme kritisiert. Dem bisherigen Verfahrens­ablauf trage dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht hinreichend Rechnung heißt es da. So ist man verwundert, dass der Antrag der Telekom nicht im Amtsblatt der BNetzA, sondern nur auf der Webseite veröffentlicht wurde. Auch sei die Terminierung der öffentlich-mündlichen Anhörung mit zwölf Werktagen nach Erst­veröffent­lichung und sieben Werktagen nach Veröffentlichung der teilentschwärzten Fassung enorm kurz. Gleiches gilt für die Stellungnahme­frist vor der Anhörung - sie betrug acht Werktage. EWE Tel spricht von einem künstlich erzeugten Zeitdruck, da das Re­gulierungs­verfügungs­verfahren nicht frist­gebunden sei.

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