Einschätzung

Rechtslage: Darf die BNetzA den Vectoring-Antrag überhaupt überarbeiten?

Nach dem Zurückziehen des Vectoring-Regu­lierungs­ent­wurfs durch die BNetzA hat die EU diesen aus dem Register gelöscht. Ein Rechts­anwalt sagt: Die BNetzA darf eventuell gar keinen geänderten Entwurf vorlegen, sondern muss das Verfahren ganz neu beginnen.
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Nach Einwendungen durch die Europäische Union hatte die Bundesnetzagentur den Vectoring-Regulierungsentwurf zuerst zurückgezogen und vier Tage später überarbeitet nach Brüssel geschickt, was die nicht befragten Wettbewerber erzürnt hatte.

Inzwischen stellt ein Rechtsexperte die Frage, ob dieses Prozedere juristisch so überhaupt zulässig ist und ob die BNetzA nicht elementare Verfahrenswege missachtet hat. Im aktuellen Newsletter der Kanzlei Juconomy Rechtsanwälte [Link entfernt] äußert Rechtsanwalt Dr. Martin Geppert in seinem Artikel "Was ist eine 'Re-Notifizierung'? Zum Verfahren 'Vectoring im Nahbereich'" schwerwiegende Bedenken zur Rechtmäßigkeit des Verfahrens.

Re-Notifizierung ist rechtlich problematisch

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Geppert hatte bereits in einem früheren Newsletter [Link entfernt] der Kanzlei die Verfahrensregelungen nach Art. 7a Rahmenrichtlinie, § 13 Abs. 4 TKG erläutert, die die zweite Untersuchungsphase (auch "Phase II-Verfahren" genannt) gestalten, die auf einen "Serious Doubts-Letter" der EU-Kommission folgt.

Diese zweite Untersuchungsphase sei nun dadurch abgebrochen worden, dass die BNetzA ihren Notifizierungsentwurf nach Art. 7a Abs. 8 der Rahmenrichtlinie (§ 13 Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 TKG) zurückgezogen habe. Allerdings habe sie unmittelbar nach dem Zurückziehen einen teilweise geänderten Entwurf "re-notifiziert". Und diese Re-Notifizierung ohne neue Durchführung des gesamten Verfahrens nach § 13 in Verbindung mit § 12 TKG wird von Rechtsanwalt Martin Geppert als "rechtlich problematisch" bewertet.

Es sei für die BNetzA "unzweifelhaft zulässig", einen notifizierten Entwurf einer Regulierungsverfügung zurückzuziehen. Das Verfahren werde dadurch allerdings abgebrochen. Der nächste Schritt nach der Intervention der EU wäre gewesen, dass die BEREC, das Gremium der europäischen Regulierungsbehörden, innerhalb des sechswöchigen Prüfungszeitraums, also bis zum 21. Juni, mehrheitlich eine Stellungnahme abgibt. Dazu ist es durch die Zurückziehung des Notifizierungsentwurfs aber nicht mehr gekommen und die zweite Untersuchungsphase wurde daraufhin eingestellt.

Im vier Tage später veröffentlichten Notifizierungsentwurf nennt die Bundesnetzagentur den überarbeiteten Entwurf eine "Re-Notifizierung". Auf Seite 125 des Re-Notfizierungsentwurfs behauptet die Behörde, dass eine unmittelbare neue Notifizierung ohne Durchführung einer nationalen Konsultation sowie ohne erneute Stellungnahmemöglichkeit des Bundeskartellamts zulässig sei. Es handele sich nämlich nicht um wesentliche Änderungen gegenüber dem ersten Notifizierungsentwurf.

"Spielabbruch": Ganzes Verfahren nochmals von vorne

Geppert weist darauf hin, dass der Maßnahmenentwurf nach der Zurückziehung gemäß der Empfehlung 2008/850/EG, Ziffer 19 aus dem EU-Register gelöscht und der Fall damit geschlossen wird. Dies hat die EU-Kommission in diesem Dokument bestätigt. Der Rechtsanwalt bezeichnet dies als "Spielabbruch".

Anders als der ebenfalls von der Rahmenrichtlinie in Art. 7a Abs. 4 Satz 2a vorgesehene Fall der Änderung eines notifizierten Entwurfs wird im Fall der Zurückziehung eines Maßnahmenentwurfs durch die nationale Regulierungsbehörde laut der Einschätzung des Anwalts "dem gesamten Verfahren zum Erlass einer Regulierungsverfügung die Grundlage entzogen". Eine bloße Re-Notifizierung eines geänderten Entwurfs sei im Verfahren nicht vorgesehen.

Im Gegenzug müsse die nationale Regulierungsbehörde nun ein komplett neues Verfahren beginnen und dafür auch "sämtliche gesetzlich vorgesehenen Verfahrensschritte nach § 13 in Verbindung mit § 12 TKG erneut durchlaufen". Die Argumentation der BNetzA, dass eine erneute Konsultation des geänderten Entwurfes nicht notwendig ist, sei nicht zutreffend. Denn im Rechtssinne liege ein "geänderter Entwurf" gar nicht vor. Die Verfahrensregelungen zur Entwurfsänderung während eines Phase-II-Verfahrens kommen laut dem Rechtsexperten im Falle der Zurückziehung eines Maßnahmenentwurfes konsequenterweise nicht analog zur Anwendung.

In seinem Fazit kommt der Anwalt nochmals zu dem Schluss, dass das ganze Vorgehen der BNetzA als "rechtlich problematisch zu beurteilen" ist. Die rechtliche Zulässigkeit dieses Vorgehens könnten zwar nur die zuständigen Gerichte abschließend beurteilen, jedoch ist es für Geppert nur schwer nachvollziehbar, "warum die BNetzA dieses rechtliche Risiko eingeht."

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