Frust

Vodafone will "nervigen Kunden" nicht mehr

Weil ein Kunde seinen Anbieter fort­wäh­rend wegen nicht funk­tio­nie­render Technik genervt hat, mag der Anbieter nicht mehr. Eine Leidens­geschichte für beide Seiten.
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Wenn ein Kunde seinen Anbieter wegen ungelöster Probleme kritisiert, kann der Anbieter am Ende die Lust verlieren. Wenn ein Kunde seinen Anbieter wegen ungelöster Probleme kritisiert, kann der Anbieter am Ende die Lust verlieren.
Image licensed by Ingram Image, Logo: Vodafone, Montage: teltarif.de
Es ist ein wich­tiges Gesetz der Branche: Wer mit dem Kunden­ser­vice seines Anbie­ters zufrieden ist, meldet sich selten im Netz zu Wort. Wer ein Problem hat, ruft die Hotline an oder sendet eine E-Mail - sofern es eine offi­ziell erreich­bare E-Mail-Adresse des Anbie­ters gibt.

Wenn die erreichte Hotline das Kunden-Problem versteht und lösen kann, ist alles prima. Wenn sie das Problem nicht versteht, geschweige denn im Sinne des Kunden lösen kann, was macht der Kunde dann?

Vom Kunden, der "einfach nur funk­tio­nie­rende Dienste" wollte

Wenn ein Kunde seinen Anbieter wegen ungelöster Probleme kritisiert, kann der Anbieter am Ende die Lust verlieren. Wenn ein Kunde seinen Anbieter wegen ungelöster Probleme kritisiert, kann der Anbieter am Ende die Lust verlieren.
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Das ist die Geschichte von "Daniel Düsen­trieb" (Name geän­dert), der sich vor vielen Jahren eine Prepaid-Karte im CallYa-Tarif des Mobil­funk­anbie­ters Voda­fone zulegte. Düsen­trieb hatte bei der Regis­trie­rung zunächst seine Haus­anschrift ange­geben. Später, nach Absprache mit der CallYa-Hotline, wurde diese auf seine Post­fach­adresse abge­ändert, weil ohnehin seine gesamte Brief­post darüber lief. Damals gab es noch keine Pflicht zur Iden­tifi­zie­rung für Prepaid­karten. Daniel Düsen­trieb rich­tete die dazu­gehö­rende Voda­fone-E-Mail Adresse ein und nutzte sie eifrig.

Dritt­anbie­ter­sperre funk­tio­niert nicht

Bald wollte er die "Dritt­anbie­ter­sperre" akti­vieren, um vor unrecht­mäßigen Abbu­chungen durch aus dem Ruder gelau­fene "Dienst­leister" geschützt zu sein. Und er bestand auf einer wirk­samen Anruf-Sperre von 0900 und 118-Rufnum­mern, die bekannt­lich extrem teuer sein können, wenn man sie (verse­hent­lich) anruft.

Das alles könnte man eigent­lich im "Mein Voda­fone"-Online-Tool im Netz einrichten. Doch bei Düsen­trieb funk­tio­nierte das irgendwie nicht. "In den vielen Jahren hat es immer wieder Probleme mit diversen Sperren gegeben", schrieb uns Düsen­trieb. "Ich konnte sie im Kunden-Online-Tool einrichten, die Sperren waren laut dem Tool auch aktiv, aber wenn ich sie danach getestet habe, haben sie nicht funk­tio­niert."

Hotline ist weit weg

Die CallYa Hotline sitzt in Kairo, im Land Ägypten auf dem afri­kani­schen Konti­nent. Die Hotliner dort spre­chen recht gut deutsch, sind freund­lich und in der Regel sehr bemüht, aber kultu­relle Unter­schiede zwischen Afrika und Europa sorgen für manches Miss­ver­ständnis, von denen sich teltarif.de schon mehr­fach über­zeugen konnte. Bei kompli­zier­teren, nicht sofort am Telefon lösbaren Problemen oder Fragen sind die "Hotliner" schnell über­for­dert.

Hotline ratlos - Kunde schreibt Mails und Briefe

Weil er bei der Hotline nicht weiter kam, schrieb Düsen­trieb E-Mails und Briefe, bis hoch zum Voda­fone-Vorstand und wurde in seiner Wort­wahl irgend­wann wohl recht „deut­lich“. Bald kümmerte sich ein dezi­dierter Voda­fone-Mitar­beiter speziell um diesen einen Kunden.

Doch offenbar lief auch das nicht so, wie von Düsen­trieb erwartet. Also bombar­dierte er das Unter­nehmen weiter mit Anfragen. Das führte dann so weit, dass der dezi­dierte Mitar­beiter "androhte", "wenn Sie nicht aufhören, nach­zufragen", lösche er alle seine CallYa Karten.

Warum funk­tio­nieren die Sperren nicht?

Damals hatte die Sperre der 118er-Gasse (Auskunfts­dienste) nicht funk­tio­niert. Düsen­trieb fragte: "Warum bieten Sie die Sperren an, wenn sie dann nicht funk­tio­nieren?" Über­haupt habe es mit fast allen Sperren im Laufe der Zeit Probleme gegeben, was wir aus eigener Anschauung bestä­tigen können und in vielen Foren auch nach­lesbar war und ist.

Auf drei Karten erhöht

Düsen­trieb erhöhte dennoch die Zahl seiner CallYa-Karten auf drei und schaffte es, dort insge­samt knapp 700 Euro Guthaben aufzu­laden. Doch eines Tages waren seine drei Karten abge­schaltet. "Einfach so" und laut Düsen­trieb ohne Vorwar­nung per SMS, E-Mail oder Brief.

Hotline ratlos - Kunde sauer

Die Voda­fone-CallYa-Hotline erklärte sich ratlos. Düsen­trieb schrieb wieder seine E-Mails an Voda­fone und schickte Kopien an Verbrau­cher­schutz und auch an teltarif.de. Schließ­lich bekam er von Voda­fone sogar eine Antwort.

Voda­fone will nicht mehr - Kündi­gung kam nicht an?

Zum Jahres­wechsel schrieb ihm beispiels­weise sein persön­licher "Fach­spe­zia­list CallYa" bei Voda­fone:

"Wie bereits erläu­tert, sind Sie unserer wieder­holten Bitte zur Iden­titäts­klä­rung gemäß Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz (TKG) § 111 nicht nach­gekommen. Als Anbieter sind wir verpflichtet, eine voll­stän­dige, ladungs­fähige Anschrift unseres Kunden zu führen. Hier­über haben Sie unsere Mitar­beiter zuvor in mehreren Tele­fonaten und mit unserem Schreiben vom 19.11.2020 infor­miert.

Ihre Rufnum­mern können Sie noch bis zum 20.02.2021 zu einem anderen Anbieter portieren, hierzu beauf­tragen Sie bitte Ihren neuen Anbieter. Für die Auszah­lung der verblei­benden Guthaben über­senden Sie uns bitte ihre Sim-Karten, ihre Bank­ver­bin­dung und eine Kopie Ihrer Ausweis­doku­mente. Hier­über wurden Sie mit unserem Schreiben vom 25.11.2020 infor­miert."

Düsen­trieb beteuert, diese Briefe nie bekommen zu haben.

Altkunde: Nach­träg­liche Iden­tifi­zie­rung notwendig?

Düsen­trieb argu­men­tiert, da seine Karten schon lange vor der Regis­trie­rungs­pflicht ange­meldet worden seien, treffe diese erneute Iden­tifi­zie­rungs-Pflicht auf ihn nicht zu.

So sieht das TKG nur vor, das nur nach dem Inkraft­treten der dama­ligen Neure­gelung am 22. Juni 2004 akti­vierte Prepaid-Karten regis­triert werden müssen.

Auch das Land­gericht Kiel gibt Düsen­trieb mit Urteil vom 19.05.2015, Az.: 8 O 128/13 durchaus Recht: "Mobil­funk­anbieter dürfen die Erstat­tung eines nicht verbrauchten Gutha­bens aus einem been­deten Vertrag auch nicht von der Rück­sen­dung eines Formu­lars, der Original SIM-Karte und/oder der Über­mitt­lung einer Kopie des Perso­nal­aus­weises abhängig machen."

teltarif.de fragt bei Voda­fone nach

Wir fragten bei Voda­fone nach. Norma­ler­weise erhält man dann nach wenigen Tagen eine E-Mail, worin die Fragen beant­wortet sind und danach das Problem gelöst ist. In diesem Fall lief es aber anders: Der teltarif.de-Redak­teur erhielt einen Anruf von einem Voda­fone-Spre­cher, der klar bedeu­tete, dass man nicht mehr gewillt sei, diesem Kunden zu helfen und ihm seine Karte(n) wieder frei­zuschalten, weil er in der Vergan­gen­heit das Unter­nehmen pausenlos "genervt" und für sehr viel Mehr­arbeit gesorgt habe.

Das kann man auch aus einer E-Mail von Voda­fone an Düsen­trieb lesen:

"Weitere Rück­fragen zu diesem Sach­ver­halt führen zu keinem anderen Ergebnis. Wir sehen den Sach­ver­halt als ausge­schrieben an. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir von zukünf­tigen Vertrags­schlüssen absehen."

Was lernen wir daraus?

Anbieter von Dienst­leis­tungen sollten kunden­ori­entiert sein, zumin­dest in der Theorie. Wenn ein Kunde seinem Anbieter mit (aus Kunden­sicht berech­tigten) Anliegen viel Arbeit macht, kann diesem Anbieter irgend­wann der Gedulds­faden reißen. Nur: Dass solche Kunden heute die Möglich­keit haben, ihrem Frust im Netz reich­wei­ten­stark mitzu­teilen, könnten die Verant­wort­lichen bei Voda­fone viel­leicht nicht in letzter Konse­quenz bedacht haben.

Der Kunde kann sich entscheiden

Denn: Mancher poten­zielle Neukunde könnte nach der Lektüre solcher Schil­derungen seine geplante Anbie­ter­aus­wahl noch­mals über­denken. Spätes­tens dann wird es für den Anbieter zum Rechen­spiel: Soll man bestimmten "schwie­rigen" Kunden doch mehr Aufmerk­sam­keit schenken und sie am Ende noch zu Fans und Influ­encern machen oder barsch erklären: "Wir wollen nicht mehr." Oder ob man seine Systeme einfach so entwi­ckelt und auslegt, dass sie im Alltag auch problemlos funk­tio­nieren.

Neukunden eines Anbie­ters sollten sich vor jedem Vertrags­abschluss genau infor­mieren, welche Leis­tung geboten wird und welcher Service damit verbunden ist. Zahl­reiche Kunden­foren geben dafür ein gutes Bild. Wenn die gebo­tene Leis­tung nicht passt, steht es dem Kunden frei, einen anderen Anbieter zu wählen.

Kunde wäre gerne geblieben

Im Falle Düsen­trieb ist es nun so: "Voda­fone bietet vom Prepaid-Produkt her die meisten Features und Möglich­keiten und versorgt mich mit seinem Netz auch recht gut. Von daher möchte ich zu keinem anderen Anbieter wech­seln."

Ob Voda­fone wenigs­tens eine von drei Karten, wie vom Kunden gewünscht, wieder akti­viert oder ob und wie das Rest­gut­haben ausbe­zahlt wird, berichten wir in unserer nach­fol­genden Meldung Voda­fone vs. "Nerv-Kunde" - Prepaid­karten bleiben offline.

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