Telefonverhalten

Polen telefonieren öfter, Chinesen länger nach Hause

Der Telekommunikations-Anbieter Ortel hat seine Kunden analysiert
Von Marie-Anne Winter

Chinesen, die in Deutschland wohnen, führen die längsten Telefongespräche mit der Familie und den Freunden in der Ferne. In Deutschland lebende Polen führen hingegen die meisten Telefongespräche in ihr Heimatland. Zu diesem Ergebnis kommt der Telekommunikationsdienstleiter Ortel Mobile aufgrund einer Untersuchung der Telefongewohnheiten der mehr als 550 000 Kunden der Unternehmensgruppe.

Danach telefonieren Chinesen im Schnitt 9,1 Minuten pro Gespräch mit ihren Freunden oder Verwandten in China. Das ist deutlich mehr als die 4,3 Minuten, die Polen für einen Anruf nach Hause aufwenden. An dritter Stelle rangieren in Deutschland lebende Türken, die durchschnittlich 4,1 Minuten lang pro Anruf ins Heimatland telefonieren. Auf den weiteren Plätzen folgen Russen (3,2 Minuten) und Ukrainer (3 Minuten). Die Rangfolge basiert auf einer Auswertung des Telefonverhaltens der Mobilfunkkunden von Ortel Mobile, einem Telekommunikationsanbieter auf dem europäischen Mobilfunk-Prepaid-Markt, der ein ähnliche Produkt wie Blauworld anbietet. Kunden sind vornehmlich Menschen mit Migrationshintergrund oder Geschäftskunden mit erhöhtem Bedarf an Mobiltelefonie ins Ausland.

Polen, die sich in Deutschland aufhalten, führen laut Ortel Mobile zwar weniger lange Telefongespräche (4,3 Minuten), sie rufen aber durchschnittlich am häufigsten in der Heimat an. Damit haben die Polen, gemessen an der Anzahl der Telefongespräche in das Heimatland, die Spitze der Rangliste der Viel-Telefonierer mit dem Mobiltelefon erobert, die bis zum Jahr 2006 noch von der türkischen Bevölkerungsgruppe angeführt wurde. Der starke Anstieg der Telefonate nach Polen ist eine überraschende Entwicklung laut Wilfred Rottier, Vice President Sales, Marketing & Communications bei Ortel Mobile: "Im Vorjahr war Polen noch nicht einmal unter den ersten drei unserer am häufigsten angerufenen Zielländer vertreten. Innerhalb von nur einem Jahr hat sich die Rangfolge völlig verändert. Wir beobachten aber insgesamt einen ganz besonderen Zuwachs bei Telefonaten in den osteuropäischen Raum."

Auch andere osteuropäische Ziele im Kommen

Nach Ansicht von Ortel-Manager Rottier ist eine der Ursache dafür die stark steigende Zahl der in Deutschland lebenden Polen sowie auch die Zunahme von anderen Arbeitskräften aus Osteuropa, die in der Bundesrepublik eine Beschäftigung finden. "Diese 'new work force' hält sich hier größtenteils vorübergehend auf. Sie haben eine starke Bindung zum Heimatland, pflegen diese auch durch regelmäßige und lange Telefongespräche und schlagen diesbezüglich alle anderen Bevölkerungsgruppen."

Rottier geht davon aus, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren aufgrund der wachsenden Zahl von Arbeitnehmern aus den östlichen EU-Staaten und anderen osteuropäischen Ländern in Westeuropa fortsetzen wird. "Wir registrieren derzeit, dass die Anzahl der Telefonate in die Ukraine, nach Bulgarien, Rumänien und das ehemalige Jugoslawien ziemlich stark steigt", so Rottier. "Ich gehe davon aus, dass diese Länder in den kommenden Jahren in die Top 10 der am häufigsten angerufenen Zielländer aufsteigen werden. Wobei Polen vorläufig als unangefochtener Spitzenreiter dasteht."

Warum allerdings die Chinesen mit Abstand am längsten mit der Heimat telefonieren, darauf kann auch Ortel-Manager Rottier keine eindeutige Antwort geben. "Tatsache ist, dass sie weniger häufig anrufen. Möglicherweise möchten sie dann jedes Telefongespräch ausgiebiger nutzen." Blick man hier auf die Gegebenheiten des asiatischen Telekommunikationsmarktes, so fällt auf, dass zum einen weit mehr Mobilfunk- als Festnetzanschlüsse existieren, längst aber noch nicht jeder Chinese - speziell in dünner besiedelten Flächen - einen Telefonanschluss besitzt. Daher scheint es schlüssig, dass weniger häufig, dafür dann aber länger telefoniert wird.

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