elektronisch

Editorial: Rechnung - woher?

Wer eine Papierrechnung will, wird zunehmend benachteiligt
Von

Manchmal treten Veränderungen schneller ein, als vorhergesagt. Anfang des Jahres schrieb ich in einer Vorhersage für die kommenden 10 Jahre mit dem Titel Hauptproblem Service folgenden Text: "Dem Trend zur Intransparenz folgend werden per Post übersandte Papierrechnungen in den nächsten Jahren zum kostenpflichtigen Luxusgut. Schließlich kann sich der Kunde seine Rechnungen ebenso gut aus dem Internet ziehen."

Nicht einmal ein halbes Jahr nach Formulierung dieser Zeilen ist die Umstellung auf Online-Rechnung selbst bei Bestandskunden im vollen Gange. Den Anfang machte o2, nur einen Monat später folgt T-Mobile, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch Vodafone und E-Plus die Kunden per Rechnungsbeileger oder Hinweistext darüber informieren, dass man künftig keine Rechnungspost mehr vom Netzbetreiber erhalten wird.

Für die Kunden wäre alles gut, wenn künftig nicht nur die monatliche Rechnung, sondern auch die darauf folgende Abbuchung vom Bankkonto wegfallen würde. Doch so weit scheinen die Netzbetreiber dann doch nicht gehen zu wollen. Schließlich ist die Rechnung ja weiterhin verfügbar, nur eben online zum Download aus dem Kundenkonto im Portal des Netzbetreibers.

o2 und T-Mobile ermöglichen den Bestandskunden immerhin, der Umstellung auf Online-Rechnung kostenlos zu widersprechen. Doch der Kunde muss sich hierum kümmern. Fairer wäre es, wenn der Kunde nur dann umgestellt wird, wenn er es auch will. Doch die Erfahrung der Aktionen der Vergangenheit mit freiwilliger Umstellung auf Online-Rechnung sind negativ: Nur wenige Kunden nehmen diese an, selbst dann, wenn es dafür eine kleine Gutschrift auf die nächste Rechnung gibt.

Umweltschutz fraglich

Wenn man bedenkt, wie viel Energie für die Herstellung und den Betrieb von Computern benötigt wird, dann ist fraglich, ob das für die Online-Rechnung oft angeführte Argument "Umweltschutz" wirklich stimmt. Man muss schon sehr viel Papier einsparen, um die Umweltverschmutzung wettzumachen, die entsteht, wenn sich der eine oder andere Kunde wegen der Online-Rechnung einen neuen Computer zulegt oder sein bestehendes System aufrüstet.

So dürfte der Hauptantrieb hinter der Umstellung auf Online-Rechnungen nicht der Umweltschutzgedanke sein, sondern das Einsparen des Portos für den Versand der zahllosen Rechnungen. Hier kommen leicht 10 Millionen Euro zusammen, und das Monat für Monat.

Da das Einsehen der Rechnung im Online-Portal des Netzbetreibers mehrere Klicks und die Eingabe von Benutzernamen und Passwort erfordert, dürften viele Kunden es aus Bequemlichkeit ganz unterlassen. Wenn dann der Kunde auch die Abbuchung im Konto nicht sieht, dann erfährt er auch die Höhe der Rechnung nicht. Folglich kommt er auch nicht auf die Idee, sich im Folgemonat im "Quasselverhalten" etwas einzuschränken, was er vielleicht bei Anblick der Rechnung getan hätte.

Wichtiger als Online-Rechnung: live-Kostenkontrolle!

Statt Online-Rechnung gibt es einen Dienst, den die Kunden viel mehr benötigen: Die Kostenanzeige pro Verbindung. Vor Start eines Anrufes kann diese als optionale Kostenabfrage über das Handy-Menü implementiert werden, z.B. durch Eingabe der Rufnummer, gefolgt vom Drücken der Taste für das Options-Menü und Wahl einer Option "Kostenabfrage" aus diesem Menü.

Nach dem Drücken der grünen Taste können schon während der Rufaufbauphase Informationen über den Minutenpreis übermittelt werden. Nimmt der Angerufene ab, kann dann nicht nur die Verbindungsdauer, sondern auch das bereits aufgelaufene Entgelt angezeigt werden. Und nach dem Auflegen bestätigt das Netz nochmal das Entgelt und das Endgerät speichert dieses neben der Rufnummer in der Liste der letzten Anrufe.

Diese digitale Tarifinformation in digitalen Netzen wäre technisch kein grundsätzliches Problem. Die paar zusätzlichen Bits, die für die Preisinformationen nötig sind, könnten problemlos über die digitalen Signalisierungskanäle übertragen werden. Es müsste nur eine Einigung unter den Anlagenherstellern über deren genaues Format geben, während die Netzbetreiber dann festlegen müssen, wer das Signal generiert: Bei fest bepreisten Verbindungen beispielsweise der Teilnehmernetzbetreiber, bei frei bepreisten Diensten unter Umständen auch der Dienstanbieter.

Nur: Ohne gesetzlichen Zwang inklusive Androhung drastischer Bußgelder oder gar der Abschaltung von Diensten wird sich rein gar nichts in diese Richtung bewegen.

Weitere Editorials