CoCar

Verkehr 2.0: Die totale Vernetzung

CoCar-Projekt: Autovernetzung von Ericsson
Von Hagen Hellwig

Zwar sind schon heute moderne Autos mit jeder Menge Elektronik bestückt und gleichen nicht nur wegen einem integrierten Bord-PC oder Navi eher rollenden Computern als Transportvehikeln. Aber all die Technik schafft es immer noch nicht, den Fahrer wirklich effektiv durch das Verkehrsgewühl zu lotsen, ihn rechtzeitig vor Staus oder Glatteis zu warnen.

Abhilfe schaffen sollen zukünftig "Cooperative Cars" (CoCar [Link entfernt] ). Die Idee: Die Autos informieren und warnen sich sofort gegenseitig vor drohenden Gefahren über mobile Breitbandnetze. Moderne Sensoren erfassen gefährliche Situationen und leiten die Information automatisch an diejenigen Autofahrer weiter, die sie benötigen. Eine Informationszentrale wie heute der Verkehrsfunk kann dabei eine Rolle spielen, muss aber nicht. "Das System ist vergleichbar mit dem bereits eingeführten E-Call, mit dem im Falle eines Unfalls automatisch ein Notruf mit Standortangabe vom Auto aus gesendet wird", sagt Dr. Guido Gehlen, Projektleiter Cooperative Cars und Senior Research Engineer bei Ericsson R&D. E-Call soll laut EU-Vorgabe bis 2014 in allen Kraftfahrzeugen integriert sein. Funktions-Schema CoCar-Informationsdienst Funktions-Schema CoCar-Informationsdienst
Bild: Ericsson

Auto warnt Auto – völlig automatisch

Ericsson leitet in Deutschland das Forschungsprojekt CoCar, das zur CeBIT 2010 in die Verlängerung geht. Daneben wirken Vodafone als Netzbetreiber, Volkswagen, MAN und Daimler als Autohersteller und die Universitäten von Aachen, Bremen und Erlangen-Nürnberg als Wissenschaftspartner mit. Außer dem Forschungsbudget in Höhe von rund vier Millionen Euro kommen noch rund zwei Millionen Euro als Unterstützung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Aktiv Initiative [Link entfernt] . Eine Untersuchung zeigte, dass CoCar volkswirtschaftliche Kosten von rund 500 Millionen Euro pro Jahr in Deutschland einsparen könnten – zum Beispiel durch die Vermeidung von Unfällen und Staus. Und über 81 Millionen Stunden Zeitverlust durch Staus und Baustellen auf deutschen Autobahnen ließen sich zumindest teilweise kompensieren, wenn der Verkehr sicherer und effizienter gestaltet werden könnte.

Auf dem MAN-Testgelände in München ist CoCar bereits erfolgreich getestet worden. Die Test-Fahrzeuge waren mit spezieller Hard- und Software zum Empfang und Versand der Signale ausgestattet. Warnmeldungen wurden im Display der Fahrzeuge angezeigt und über Navigationsgeräte oder Handys versendet. Ericsson übernahm die Informationsübermittlung, Vodafone stellte das Mobilfunknetz. Die Informationen wurden in Echtzeit weitergegeben, außerdem war eine Verkehrsüberwachungszentrale involviert. In einem Feldversuch im Raum Frankfurt sollen 200 Fahrzeuge die Funktionsfähigkeit des Systems in der Praxis zeigen. Auf der CeBIT 2010 wird das Projekt als Demo am BITKOM-Stand zu sehen sein. Dr. Duido Gehlen, Ericsson Dr. Duido Gehlen, Ericsson
Bild: teltarif.de

Keine neuen Netze nötig

Einer der wesentlichen Vorteile von CoCar ist, dass das System die bestehenden Infrastrukturen nutzt, also keine Investitionen in neue Techniken nötig sind. So bilden die heutigen Mobilfunknetze der 3. Generation (UMTS/HSPA) die derzeitige technische Basis. "Das System soll aber auch über EDGE-, zukünftige LTE-Netze und andere Breitbandangebote funktionieren, die im Rahmen der so genannten digitalen Dividende zur Verfügung stehen", sagt Dr. Gehlen. Im Folgeprojekt wird man sich speziell mit der LTE-Technologie und WLAN-basierter Kommunikation beschäftigen. Zudem wurde berücksichtigt, dass sich die Technik in den Autos schrittweise etabliert und auch Bestandsfahrzeuge nicht ausschließt. Denn selbst wenn das System sofort verfügbar wäre, würden noch einige Jahre vergehen, bis es in einer relevanten Anzahl von Autos eingebaut ist.

Die Kosten der neuen Auto-zu-Auto-Kommunikation sollen für den Anwender nicht groß ins Gewicht fallen. "Bei der technischen Ausstattung wird es sich so entwickeln wie beim Airbag", sagt Dr. Gehlen, "er ist mittlerweile eine aufpreisfreie Standardausstattung, ohne dass es entsprechende gesetzliche Auflagen gab." Was die Datenübertragungskosten angeht, so sollen die sich auf "rund 5 Euro pro Monat" belaufen, wenn das System nicht gänzlich subventioniert und damit kostenlos wird wie zum Beispiel der heutige TMC-Funk. "Für die Netzbetreiber winken hier Einnahmen aus der Machine-to-Machine-Kommunikation", sagt Dr. Gehlen, "weitere Erträge könnten über Zusatzdienste generiert werden."

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