Die Schere im eigenen Kopf
Gibt es die Filterblase wirklich? Eine neue Studie sagt nein. Die Internetnutzer selektieren Informationen selbst viel stärker als Algorithmen.
Bild: dpa
Online-Netzwerke sollen aufgrund ihrer zugrunde liegenden Algorithmen ihre Nutzer
vorrangig mit Informationen versorgen, die sie in ihrem bestehenden
Weltbild bestätigen und keine neuen Sichtweisen bieten.
Das behauptet unter anderem der Internet-Aktivist Eli Pariser, der dieses Phänomen vor einigen Jahren in seinem Buch The Filter Bubble [Link entfernt] beschrieben hat. Doch gibt es diese Filterblase wirklich und wenn ja - wer ist für dafür verantwortlich? Forscher um Eytan Bakshy von der University of Michigan kamen zu dem Schluss, dass sich Facebook-Nutzer selbst stärker einschränken und Informationen weit mehr selektieren, als die Algorithmen von Facebook dies tun.
Gibt es die Filterblase wirklich? Eine neue Studie sagt nein. Die Internetnutzer selektieren Informationen selbst viel stärker als Algorithmen.
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Die Forscher analysierten sechs Monate lang das Verhalten von mehr
als zehn Millionen Facebook-Nutzern in den USA. Sie untersuchten,
welche von Freunden geposteten Inhalte bei den Nutzern ankamen und
hielten außerdem fest, welche Inhalte von den Nutzern tatsächlich
angeschaut wurden. Das Ergebnis: 15 Prozent der Informationen, die
nicht dem Weltbild der Nutzer entsprachen, wurden von Facebook
aussortiert. 70 Prozent der Inhalte, die eine gegenteilige Meinung
vertraten und trotzdem bei den Nutzern ankamen, wurden jedoch von
ihnen selbst ignoriert.
Gibt es die Filterblase?
Menschen kontroverse Themen vorzuenthalten, sei eine Gefahr für die Demokratie, schrieben die Forscher im Magazin Science. Diese Gefahr sei in Sozialen Netzwerken jedoch weit weniger ausgeprägt als beispielsweise beim Lesen von Blogs. Welche Informationen sie bekämen und anschauten, hätten die Nutzer von Facebook schließlich offenbar in erster Linie selbst in der Hand.
Nun muss man allerdings anmerken, dass die an dieser Studie beteiligten Forscher alle für eine Forschungsabteilung arbeiten, die Facebook sich inzwischen zugelegt hat, um aus den gigantischen Datenbergen, auf denen das Netzwerk sitzt, auch wissenschaftliches Kapital zu schlagen. Was aber nicht bedeuten muss, dass die Forschungseergebnisse nur produziert würden, um Facebook vom Vorwurf der Meinungsmache zu entlasten.
Auch andere unabhängige Autoren zweifeln an einem von Facebook oder Google produzierten Filterblasen-Effekt und kommen immer wieder zu dem Ergebnis, dass Internet-Nutzer in der Flut der Informationen am Ende genau das für relevant halten, was sie für relevant halten wollen.