Breitbandausbau

„Einfacher, schneller, un­büro­kratischer“: Der Giga-Pakt wirkt

Ende 2018 beschloss das Land Nieder­sachsen, den Ausbau von Gigabit-fähigen Netzen durch eine ganze Reihe an Maßnahmen zu beschleu­nigen. Einein­halb Jahre später ziehen die Verant­wort­li­chen Bilanz.
Von Marc Hankmann

Althusmann Wirtschaftsminister Niedersachsen Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann zieht ein positives Fazit zum Giga-Pakt
Wirtschaftsministerium Niedersachsen
Zu den unter­schied­li­chen Maßnahmen des nieder­säch­si­schen Giga-Pakts zählen zum Beispiel der Abbau büro­kra­ti­scher Hürden. So wurde das Antrags­ver­fahren für die Nutzung von Verkehrs­in­fra­struktur für den Breit­band­ausbau erleich­tert. Bei Baupro­jekten werden häufiger Leer­rohre verlegt, der Kampf­mit­tel­räum­dienst, der vor der Verle­gung von Glas­faser aktiv werden muss, wurde gestärkt und die Zustim­mungs­ver­fahren zur Querung von Bahn­trassen sollen reibungs­loser vonstat­ten­gehen.

Herku­les­auf­gabe steht noch bevor

Althusmann Wirtschaftsminister Niedersachsen Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann zieht ein positives Fazit zum Giga-Pakt
Wirtschaftsministerium Niedersachsen
Die Maßnahmen zeigen Wirkung. 2017 verfügten weniger als ein Prozent aller Gebäude in Nieder­sachsen über einen Gigabit-Anschluss. Bis April 2019 stieg die Zahl auf sieben Prozent an. Vornehm­lich durch den Ausbau der Kabel­netze durch Voda­fone, das bis Jahres­ende 65 Prozent aller Haus­halte im Land mit Gigabit-Anschlüssen versorgen will, gelingt ein großer Sprung. Auf dem Breit­band­gipfel Nieder­sachsen-Bremen Ende Oktober 2019 konnte Peer Beyers­dorff, Geschäfts­führer des Breit­band­zen­trums Nieder­sachsen-Bremen, verkünden, dass inzwi­schen 39 Prozent der Adressen in Nieder­sachsen einen Gigabit-fähigen Anschluss besitzen.

„Wir testen inno­va­tive Ausbau­tech­niken und gehen prag­ma­tisch vor, um Glas­fa­ser­ausbau in Nieder­sachsen einfa­cher, schneller und unbü­ro­kra­ti­scher umzu­setzen“, sagt Nieder­sachsen Wirt­schafts­mi­nister Bernd Althus­mann. Den Nieder­sachsen steht dennoch weiterhin eine Herku­les­auf­gabe bevor, wenn sie das gesamte Land bis 2025 mit Gigabit-Zugängen erschließen wollen. Insbe­son­dere der Südosten Nieder­sach­sens gilt als unter­ver­sorgt. Durch die Corona-Pandemie nehmen Webkon­fe­renzen und Home­of­fice zu. „Auf dem Land muss dies auch ruck­el­frei und in bester Qualität möglich sein“, sagt etwa Marco Trips, Präsi­dent des nieder­säch­si­schen Städte- und Gemein­de­bunds. Er fordert einen weiteren Schub für Gigabit-fähige Glas­fa­ser­an­schlüsse. „Dazu müssen die Beihil­fe­vor­schriften der EU ggf. ange­passt und mehr Kapa­zi­täten im Tiefbau dafür genutzt werden“, sagt Trips.

Deut­sche Glas­faser baut vor der eigenen Haustür

Die Nieder­sachsen sind aber nicht die einzigen, die Tief­bauer brau­chen. Im nord­rhein-west­fä­li­schen Borken, quasi vor der eigenen Haustür, star­tete die Deut­sche Glas­faser unlängst ihr größtes Netz­aus­bau­pro­jekt. Dazu gehören etwa 7500 Haus­halte. Bereits 40 Prozent davon haben sich während der Nach­fra­ge­bün­de­lung bis Februar 2020 für einen kosten­losen Haus­an­schluss entschieden. Im Anschluss­ge­biet Hove­sath haben sogar über 50 Prozent der Anwohner einen Vertrag bei Deut­sche Glas­faser abge­schlossen.

Derzeit laufen die Haus­be­ge­hungen, und die Maschinen des beauf­tragten Gene­ral­un­ter­neh­mens Wayss & Freytag sind schon in den Straßen unter­wegs. „Dass wir hier und heute den Spaten­stich zum Glas­fa­ser­ausbau begehen, ist aber insbe­son­dere der Leis­tung der enga­gierten Bürge­rinnen und Bürger in Borken zu verdanken“, sagte Jens Müller, Geschäfts­führer von Deut­sche Glas­faser, beim symbo­li­schen Spaten­stich. „Die Stadt Borken ist der Sitz unseres Unter­neh­mens, daher ist es schon fast folge­richtig, dass wir uns auch hier für den Glas­fa­ser­ausbau enga­gieren.“

Deutsche Glasfaser Ausbau Borken Thomas Busch, Abteilungsleiter Roll-Out Management von Deutsche Glasfaser, sowie Jens Müller, Geschäftsführer von Deutsche Glasfaser und Borkens Bürgermeisterin Mechtild Schulze Hessing (v. l. n. r.) beim symbolischen Spatenstich für das größte Netzausbauprojekt der Deutschen Glasfaser
Deutsche Glasfaser
Borken liegt im Müns­ter­land, wo auch der Netz­be­treiber GasLINE Glas­fa­ser­trassen verlegt hat. Anfang Juni 2020 folgte der Hoch­sauer­land­kreis. Die Neubau­trassen dienen unter anderem als Anbin­dung für Mobil­funk­sta­tionen von Voda­fone. Mehr als 20 Mobil­funk­stand­orte des Düssel­dorfer TK-Unter­neh­mens sind im Hoch­sauer­land­kreis über ca. 200 Stre­cken­ki­lo­meter des GasLINE-Netzes mit Glas­faser ange­bunden. Dazu gehören zum Beispiel die Stand­orte in Arns­berg, Brilon oder Winter­berg. Voda­fone selbst hat in den vergan­genen Wochen den FTTB-Ausbau in verschie­denen Gewer­be­ge­bieten wie in Hennef (Sieg), Senden, Sankt Augustin, Gaimers­heim oder Stein­hagen ange­kün­digt. Über 1500 Unter­nehmen werden so einen Glas­fa­ser­an­schluss erhalten. Hinzu kommt das Gewer­be­ge­biet Bill­brook in der gleich­na­migen Gemeinde. Hier profi­tieren 746 Gewer­be­trei­bende vom FTTB-Ausbau durch Voda­fone.

Schleswig-Holstein ist weiter

Auch die Deut­sche Telekom kann mit derlei Projekten aufwarten. In Remscheid wird nun der erste von sechs Bauab­schnitten ange­gangen, um ca. 950 Kilo­meter Glas­faser zu verlegen und 195 Glas­fa­ser­netz­ver­teiler aufzu­stellen. An das FTTH-Netz werden rund 6300 Haus­halte, 729 Betriebe, 44 Schulen und 17 weitere Bildungs­ein­rich­tungen ange­schlossen. Darüber hinaus ist die Telekom in einigen Neubau­ge­bieten wie in Ilmenau in den Orts­teilen Gräfinau-Angstedt, Stüt­zer­bach und Wümbach tätig. Hier baut sie jedoch nur mit Super-Vecto­ring aus. Rund 5750 Haus­halte erhalten dadurch Down­load-Geschwin­dig­keiten von maximal 250 MBit/s.

Steinburg Glasfaserversorgung Stadtwerke Neumünster Landrat Torsten Wendt (li.) und Michael Böddeker, Geschäftsführer der Stadtwerke Neumünster, freuen sich über die flächendeckende Glasfaserversorgung im Landkreis Steinburg
Stadtwerke Neumünster
Auch nörd­lich von Nieder­sachsen wurde kräftig ausge­baut. Seit Ende Mai 2020 können 95 Prozent der Einwohner im schleswig-holstei­ni­schen Land­kreis Stein­burg über Glas­faser im Internet surfen. „Stein­burg ist einer der ersten Land­kreise Deutsch­lands, der nahezu flächen­de­ckend mit der Glas­fa­ser­technik versorgt ist“, resü­miert Volker Haack, Vorsteher des Zweck­ver­bands Breit­band­ver­sor­gung Stein­burg (ZVBS), der das Netz zusammen mit den Stadt­werken Neumünster gebaut hat. Die nörd­li­chen Nach­barn der Nieder­sachsen sind etwas weiter: Hier liegt bereits vor 44 Prozent der Adressen eine Glas­fa­ser­lei­tung.

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